Gold: Investment-Falle oder sichere Geldanlage?
Der Trend zur mehr Sicherheit hält an und treibt den Goldpreis auf Rekordkurs. Anleger sind aber mit Minenaktien besser bedient als mit Barren oder Münzen.
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von Peter Gewalt, €uro am Sonntag
Der Goldpreis auf Talfahrt, viele Minenfirmen vor dem Aus – zehn Jahre ist es her, dass europäische Notenbanken den Goldmarkt in schwere Turbulenzen stürzten. Die Währungshüter, allen voran Briten und Schweizer, verkauften innerhalb weniger Monate Hunderte Tonnen ihrer Goldreserven. An eine goldene Zukunft des gelben Metalls mochte damals keiner glauben.
2009 zeigt sich ein völlig anderes Bild. Die Ankündigung des Internationalen Währungsfonds (IWF), 400 Tonnen seiner Reserven im Wert von knapp 13 Milliarden Dollar zu versilbern, um neue Hilfskredite zu finanzieren, lässt die Anleger kalt. Der Preis markierte mit 1024 Dollar je Unze beinahe ein neues Allzeithoch, die Kurse vieler Minenunternehmen legten allein in den vergangenen Wochen zweistellig zu.
An goldgierigen Interessenten besteht derzeit auch kein Mangel. So soll Medienberichten zufolge diese Woche die chinesische Zentralbank ihr Interesse an einem Teil des IWF-Schatzes angemeldet haben. Und nicht nur die Notenbank in Beijing, auch andere Zentralbanken in aller Welt horten Gold. Laut Branchendienst GFMS werden die Notenbanker in diesem Jahr wohl unterm Strich mehr Gold zukaufen als verkaufen. Dabei dürften sie nach dem neu vereinbarten Goldabkommen jährlich rund 400 Tonnen ihrer Reserven verkaufen. „Das ist in meiner 15-jährigen Laufbahn noch nie vorgekommen“, staunt Georges Lequime, Fondsmanager des Earth Gold Fund UI, des erfolgreichsten Gold- und Edelmetallfonds des Jahres 2009. Nur sieben Mal seit 1971 kauften die Währungshüter mehr zu, als sie auf den Markt brachten. Vor allem die Chinesen nehmen viel Geld in die Hand, um die Abhängigkeit von ihren billionenschweren Dollarinvestments zu verringern. China hat die Reserven seit 2003 auf über tausend Tonnen mehr als verdoppelt. Für Beobachter sei dieser Trend ein klarer Beleg, dass die Notenbanken langfristig weltweit auf weiter steigende Preise wetten, erklärt Nicholas Brooks, Leiter Investmentstrategie bei ETF Securities, einem der größten Anbieter für rohstoffbesicherte Papiere (Exchange Traded Commodities). Auf 1200 Dollar, so Brooks, könnte der Goldpreis in den kommenden sechs Monaten steigen.
Diese optimistische Sicht teilen viele private und – in stark wachsender Zahl – institutionelle Investoren. „Die Zuflüsse in den vergangenen Wochen waren außerordentlich hoch“, erklärt Brooks. Allein bei ETF Securities sind im vergangenen Monat die Goldbestände der Anleger im Wert von knapp acht Milliarden Dollar um 14 Prozent auf einen neuen Höchstwert geklettert. Derzeit sind rund 54 Milliarden Dollar weltweit in Gold-ETFs geparkt. Das ist so viel wie noch nie. „Die Nachfrage steigt, da die Anleger in den Industrienationen Gold als werthaltiges Investment sehen und einen signifikanten Anteil in ihren Portfolios halten wollen“, sagt David Donora, leitender Rohstoffexperte bei der britischen Fondsgesellschaft Threadneedle.
Denn auch wenn die Weltwirtschaft in Fahrt zu kommen scheint, bleibt bei vielen Anlegern die Befürchtung, dass angesichts der billionenschweren Staatshilfen weltweit über kurz oder lang eine Inflation droht. Das Edelmetall scheint im Gegensatz dazu sicher, da es Regierungen weder herstellen noch entwerten können. Zudem herrscht Furcht vor einem Niedergang des US-Dollar. „In Gold wird derzeit vor allem als Absicherung gegen den Dollarverfall investiert“, erklärt Brooks. Der Effekt zeigt sich, wenn man die Preisentwicklung von Gold in Euro betrachtet. Seit Jahresanfang gab es ein Plus von gerade einmal acht Prozent, in Dollar beträgt der Sprung knapp das Doppelte.
In der Entwicklung der US-Währung liegt derzeit die größte Rückschlagsgefahr. Sollte sich der Greenback wieder erholen, dürften auch die Goldnotierungen unter Druck kommen. Ohnehin sind einige Investoren angesichts des Goldrauschs vorsichtig geworden. „Da andere Rohstoffpreise nicht so stark zugelegt haben, halten wir den Goldpreisanstieg für übertrieben“, sagt Joost van Leenders, Investmentspezialist bei Fortis. „In unserem Absolute-Return-Portfolio sind wir in Gold untergewichtet.“ Weiterer negativer Effekt des Booms: „Der hohe Preis drückt erheblich auf die Schmucknachfrage“, erklärt Fondsmanager Lequime. Weltweit sei der Absatz im ersten Halbjahr um 25 Prozent eingebrochen. Vor allem in Asien, traditionell eine Hochburg des Goldschmucks, wurde weniger geordert. Ausgeglichen wurden die Einbußen durch Orders der Investoren.
In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob sich die Talfahrt der Schmuckindustrie fortsetzt oder die Erholung der Weltwirtschaft die Verkäufe ankurbelt. Wichtige Tests sind das Weihnachtsgeschäft und die im Herbst startende Hochzeitssaison in Indien, in der die Bräute traditionell goldene Ketten, Armreife und Ringe als Mitgift erhalten. Aus diesem Grund zieht der Goldpreis in der Regel im November, Dezember und Januar nochmals an, nachdem er im Oktober etwas schwächer abschneidet.
Die Goldfirmen selbst setzen mittel- bis langfristig auf steigende Notierungen, nachdem sie sich eine Dekade lang extrem defensiv positioniert hatten. Dies zeigt sich an den zuletzt deutlich abgebauten Absicherungsgeschäften, die lange Jahre dazu dienten, einen Absturz des Goldpreises finanziell abzufedern.
Der weltgrößte Goldproduzent Barrick Gold berichtete zuletzt über die breit angelegte Rückführung seiner Hedging-Positionen. Schätzungen zufolge wird das Absicherungsvolumen aller Goldfirmen bis Ende 2009 auf gerade einmal 200 Tonnen sinken, das wäre der niedrigste Stand seit zehn Jahren und ein 95-prozentiger Rückgang seit 1999.
Die Stimmung unter den Goldunternehmen hat sich nach dem Absturz im Frühjahr ohnehin aufgehellt. Die Börsenbewertungen einiger Förderer haben um bis zu 100 Prozent zugelegt. „Die Firmen liegen aber immer noch deutlich unter ihren Bewertungen vom Jahr 2008, obwohl der Goldpreis heute höher notiert“, sagt Fondsmanager Lequime. Willy Brandt, Fondsmanager des mehrfach ausgezeichneten HWB-Mischfonds, sieht daher einen 30-prozentigen Nachholbedarf der Goldaktie. „Ein Investment in die Goldbranche halte ich angesichts der Gewinnchancen derzeit für äußerst attraktiv.“
Neben deutlichen Nachholeffekten gibt es einen weiteren Grund für die Kursfantasie. „Für jedes Prozent Goldpreisanstieg gehen die Aktien der Goldunternehmen um rund drei Prozent nach oben“, weiß Mark Johnson, der erfolgreichste Edelmetallfondsmanager der USA. Einfache Erklärung für dieses Phänomen: Die Kapitalkosten pro geförderter Unze Gold liegen im Branchenschnitt bei rund 750 US-Dollar. Beim derzeitigen Preis von 1000 Dollar bleiben so im Schnitt 250 Dollar Gewinn übrig. Sollte der Goldpreis beispielsweise um 30 Prozent auf 1300 Dollar anziehen, würde sich der Unternehmensgewinn bei gleichen Kosten auf 560 Dollar je Unze verdoppeln. Gleichzeitig sind die durchschnittlichen Kapitalkosten für Käufer von physischem Gold ein Puffer nach unten. Denn unterhalb dieser Marke lohnt sich die Goldförderung in vielen Fällen nicht mehr, Minen müssten geschlossen werden, das Angebot würde sich rasch verknappen, der Preis wieder anziehen.
In den vergangenen Jahren sind die Förderkosten deutlich gestiegen. „Es wird immer schwieriger, gute Goldvorkommen zu finden und auszubeuten.“ In Förderländern wie Südafrika, lang die Nummer 1 weltweit, muss inzwischen in 4000 Meter Tiefe nach neuen Vorkommen gebuddelt werden. Der Goldgehalt des Gesteins wird dabei immer niedriger. Neue Vorkommen sind zudem in Ländern beheimatet, die politisch instabil sind und mit Infrastrukturproblemen zu kämpfen haben. Umso begehrter sind die Unternehmen mit attraktiven Ressourcen. So rollt in der Branche die Übernahmewelle nach einer Atempause im vergangenen Jahr wieder an. Der kanadische Goldproduzent Eldorado Gold will mit der Akquisition des australischen Konkurrenten Sino Gold zum führenden Goldproduzenten in China aufsteigen. Die beiden Goldförderer AngloGold Ashanti und Randgold Resources haben sich in der zentralafrikanischen Demokratischen Republik Kongo die Schürfrechte für ein Goldvorkommen gesichert, das zum derzeitigen Preis des Edelmetalls über 20 Milliarden Dollar wert ist.
Dabei kommen Unternehmen mit Wachstumsfantasie und niedriger Kostenstruktur an der Börse besonders gut weg. So legte Randgold 2009 um 92 Prozent und Eldorado um 80 Prozent zu. Firmen mit weniger Übernahme-Fortune und teureren Abbaubedingungen sind in der Gunst der Anleger zurückgefallen. Die Aktie von Goldminengigant Barrick Gold etwa liegt seit Jahresanfang leicht im Minus.
Doch nicht nur die Goldschürfer sind ins Visier der Investoren geraten. Auch Firmen, die andere Edelmetalle fördern, haussieren nach den starken Verlusten im vergangenen Jahr. Denn ob Silber, Palladium oder Platin – die Notierungen sind seit Jahresanfang zwischen 30 und 50 Prozent in die Höhe geschossen, befinden sich aber anders als Gold noch weit unter dem Preislevel von 2008. Zu dem Comeback hat vor allem die Hoffnung auf eine weltwirtschaftliche Erholung beigetragen. Platinmetalle werden in der Produktion von Katalysatoren verwendet, während Silber häufig als Legierung zum Einsatz kommt.
Als Inflations- und Währungsschutz ist der kleine Bruder des Goldes bei den Anlegern nicht ganz so populär, wie ETF-Securities-Experte Brooks anhand der Orders festellen kann. Diese liegen deutlich unter denen für das gelbe Edelmetall. Silber werden aber weitere Kurssprünge zugetraut, da das Metall gemessen an historischen Daten im Vergleich zu Gold noch zu billig ist.
Palladium und Platin spielen als Sicherheitsinvestment dagegen kaum eine Rolle. Aber: Die Währungshüter haben die beiden Edelmetalle nicht in ihren Tresoren, Turbulenzen durch Notenbankverkäufe sind also ausgeschlossen.
Investor-Info:
BGF World Gold Fund
Breites Mineninvestment
Fondsmanager Evy Hambro investiert zu mindestens 70 Prozent in Aktien von Goldminenbetreibern. Darüber hinaus kann der Fonds auch in Unternehmen investieren, die andere Edelmetalle, Mineralien oder Grundmetalle fördern oder handeln. Ein Direktinvestment in physisches Gold ist jedoch ausgeschlossen. Seit Auflage im Januar 2009 konnte der BGF um 37 Prozent an Wert gewinnen. Mit neun Prozent ist die Aktie von Newcrest Mining derzeit das größte Einzelinvestment des Fonds.
Earth Gold Fund UI
Flexibler Anlagemix
Der Earth Gold Fund UI setzt sich zu mindestens zwei Dritteln aus Wertpapieren und Investmentanteilen des Goldsektors zusammen. Neben Direktinvestments in Minengesellschaften kann aber auch in Fonds, ETFs und ETCs investiert werden. Bei der Auswahl der Minengesellschaften wird auf eine breite Streuung geachtet. Zu rund 45 Prozent wird in große und etablierte Minenbetreiber investiert. Der Rest verteilt sich auf aussichtsreiche Small und Mid Caps sowie Explorationsunternehmen.
Randgold Resources
Goldminenaktie
Der Goldproduzent Randgold glänzte bereits in der Vergangenheit mit hervorragenden Wachstumsraten. Davon profitierte auch die Aktie und legte auf Jahressicht um 51 Prozent zu. In den kommenden zwei Jahren wollen die Südafrikaner ihre Goldproduktion nochmals um 70 Prozent steigern. Durch den kürzlichen Zukauf des kanadischen Minenbetreibers Moto ist man dem ehrgeizigen Ziel bereits ein gutes Stück nähergerückt.(mh)