Anlageprofis setzen auf Substanz und Dividenden
Für eine satte Jahresendrally bleibt kaum noch Zeit. Doch das interessiert die Profis ohnehin nicht. Sie investieren langfristig – und sehen weiter gute Chancen für Aktien.
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von Jens Castner, Euro am Sonntag
Woche 2 nach dem Dubai-Schock: Der Name des Emirats fällt nur noch ab und zu in Börsianerkreisen. Die mahnenden Stimmen, die vor dem dicken Ende warnen, das noch kommen soll, verstummen nach und nach.
Konjunkturdaten und Unternehmenszahlen sind plötzlich wieder wichtiger als die neuesten Wasserstandsmeldungen vom Golf. Die Anlageprofis gehen zur Tagesordnung über. Und die besteht derzeit nur aus einem Punkt: Kommt die Jahresendrally noch oder kommt sie nicht? Viel Zeit bleibt ja nicht mehr.
Das Gros der Strategen ist skeptisch. Er wäre schon zufrieden, wenn sich die Kurse bis zum Jahresende auf dem aktuellen Niveau halten würden, erklärt der Düsseldorfer Vermögensverwalter Georg Boing. Zu oft werden seiner Beobachtung zufolge in Marktkommentaren saisonale Muster beschworen, wonach der Dezember statistisch gesehen einer der besten Börsenmonate überhaupt sei. „Das erinnert mich ans Frühjahr, als alle glaubten, dass die richtig schlechte Zeit noch bevorsteht“, so Boing, den der zunehmende Optimismus der Anleger zur Vorsicht mahnt. Sein Rat: „Bestehende Positionen halten, aber nicht mehr zukaufen.“
Damit befindet er sich in bester Gesellschaft. „Die Zahl der Transaktionen hat stark nachgelassen“, beobachtet Uwe Raab vom Ranking-institut Firstfive, das mehr als 300 Vermögensverwalterdepots im Gesamtvolumen von rund einer Milliarde Euro auswertet. Aus den Umschichtungen der jüngeren Vergangenheit lassen sich sehr wohl einige Trends ableiten. Bei Unternehmensanleihen etwa machten die Profis zuletzt kräftig Kasse, bei Aktien wird zunehmend aus zyklischen Branchen in defensive Werte umgeschichtet. Stahl ist laut Raab kaum mehr gefragt, „und auch bei Autos wird’s dünn“. Allenfalls VW wird noch gekauft, wobei die Strategen hier vor allem auf einen Austausch von Vorzugs- gegen Stammaktien im DAX setzen.
Die aktuelle Firstfive-Wochenstatistik bestätigt den Trend zu konjunkturresistenten Titeln mit stabilem Geschäftsmodell. Topkäufe waren in den zurückliegenden Handelstagen Deutsche Telekom, E.on und RWE. Bei Industriewerten wie Linde oder auch bei Goldminenaktien hingegen waren verstärkt Gewinnmitnahmen zu beobachten. Letzteres könnte auch mit Währungseffekten zu tun haben. Die anhaltende Dollarschwäche hat Raab zufolge dazu geführt, „dass sich die Vermögensverwalter seit Wochen und Monaten aus US-Werten zurückziehen und in solide Euro-Stoxx-Titel umschichten“. Eine der wenigen Ausnahmen ist Berkshire Hathaway.
Philipp Vorndran von der Kölner Vermögensverwaltung Flossbach & von Storch (laut Firstfive-Ranking in zwei von vier Kategorien im Zwölfmonatsrückblick auf Platz 1) traut der Holding des Börsengurus Warren Buffett noch einiges zu, ebenso dem japanischen Videospielehersteller Nintendo. Der Großteil seiner Favoriten fällt allerdings ebenfalls in die Kategorie Europäisch und Konservativ: Nestlé, Novartis, Vodafone, Telefónica und die österreichische Post.
Nach dem Börsen-Comeback zwischen März und Oktober schlägt nach Ansicht Vorndrans jetzt die Stunde der Value-Investoren. Substanz- und dividendenstarke Titel sieht er weiter als sichere und ertragreiche Investments an, da er dem Gesamtmarkt keine allzu großen Sprünge mehr zutraut. „Der DAX dürfte am Jahresende irgendwo zwischen 5500 und 6000 Punkten landen.“ Fürs erste Halbjahr 2010 erwartet er verkraftbare Kursbewegungen von „plus/minus zehn Prozent“.
Doch längst nicht alle Börsenexperten haben die Jahresendrally schon abgeschrieben. Fondsmanager Manfred Piontke von Frankfurt Performance Management (FPM) kann sich durchaus vorstellen, dass die Kurse auf der Zielgeraden noch einmal anziehen.
„Wenn der Markt bis Ende November um 20 Prozent zugelegt hatte, war es in den vergangenen Jahren stets so, dass im Dezember noch mal zehn Prozent obendrauf kamen“, erklärt er. Den Grund sieht er darin, dass Vermögensverwalter und vor allem die Anlagestrategen aus dem institutionellen Bereich schlecht dastehen, wenn sie am Jahresende zugeben müssen, das Kursfeuerwerk verpasst zu haben. „Das kaschieren sie dadurch, dass sie kurz vor dem Stichtag die Aktienquote noch einmal hochfahren.“
An die weit verbreitete Theorie, dass von diesem als Window-Dressing bezeichneten Effekt die Titel am stärksten profitieren, die schon das ganze Jahr über gut gelaufen sind, glaubt er allerdings nicht. „Das wäre zu viel des Guten. Wenn unterm Strich zehn Prozent Plus stehen und im Jahresbericht ausgerechnet die Topperformer zu finden sind, bekommt der Portfoliomanager ein Glaubwürdigkeitsproblem“, so der Börsenexperte. Titel wie Aixtron oder Dialog Semiconductor, „in dren Bewertungen bereits ein gutes Stück Zukunft verfrühstückt ist“, würde er deshalb in der Hoffnung auf Window-Dressing nicht mehr kaufen.
Mehr Potenzial sieht Piontke beispielsweise bei Freenet oder der Deutschen Bank, die zwar seit Jahresanfang ebenfalls kräftig zulegen konnten, aber bewertungstechnisch noch eine Menge Luft nach oben haben. Vor allem die Deutsche Bank ist für Piontke einer der großen Gewinner der Krise. „Vielleicht wird das ja im Jahr 2010 bereits sichtbar.“
Allerdings gibt es auch gute Gründe, warum die Jahresendrally dieses Mal ausfallen könnte. Das teils staatlich verordnete, teils selbst auferlegte Derisking, also die Reduzierung von Risiken in der Bankenlandschaft, könnte die Kauflaune der Institutionellen bremsen. Außerdem hätten die Versicherungen die Bücher im Dezember meist schon geschlossen, warnt Piontke, der trotzdem recht optimistisch in die Zukunft blickt, da Aktien im Allgemeinen nicht teuer sind. Piontke: „Es könnte sich lohnen, auf einen kräftigen Schlussspurt zu setzen. Und falls er ausbleibt, wird er wohl irgendwann im Lauf des ersten Halbjahrs nachgeholt werden.“
Auch für Evy Bellet, Fondsmanagerin beim Bankhaus Mainfirst, ist weniger entscheidend, ob die Jahresendrally kommt oder nicht. „Auf so etwas hin würden wir uns nicht positionieren“, sagt sie, „denn selbst, wenn der Markt im Dezember durch den Window-Dressing-Effekt um ein paar Prozent steigt, heißt das nicht automatisch, dass im Januar Nachfolgeorders kommen.“
Für längerfristig orientierte Anleger sei das auch nicht maßgeblich. Da die Weltwirtschaft am Anfang einer Konjunkturerholung stehe, sieht sie für den Aktienmarkt mittelfristig deutliches Aufwärtspotenzial. Aus diesem Grund fahren die Mainfirst-Fonds Classic Stock Fund und Top European Ideas keine extrem defensive Strategie, „wenngleich wir zuletzt etwas Zyklizität aus den Portfolios genommen haben. Beispielsweise haben wir Airlines und Autowerte abgebaut.“ Titel, denen sie unabhängig von Konjunktur- und Börsenverlauf eine respektable Performance zutraut, sind Aareal Bank, Gerry Weber, Telefónica, Unilever oder auch die spanische Börse Bolsas y Mercados (BME).
Das Thema Dubai scheint demnach tatsächlich schneller abgehakt zu sein, als vor Wochenfrist zu erwarten war. Zwar drohen vor allem britischen Banken Kreditausfälle, falls der Staatsfonds Dubai World tatsächlich zahlungsunfähig werden sollte. Einen weltweiten Flächenbrand, wie ihn die Immobilienkrise in den USA ausgelöst hatte, befürchten Vermögensverwalter und Fondsmanager jedoch nicht. Selbst wenn die Rally zum Jahresschluss ausbleiben sollte, dürfte auf längere Sicht mit Aktien wieder gutes Geld zu verdienen sein. Wie nach jedem Crash.
Investoren-Informationen:
Deutsche Bank
Krise gut weggesteckt
Zwar warnt Vorstandschef Josef Ackermann unablässig, dass die Finanzkrise noch nicht ausgestanden sei. Auch die eigenen Renditeziele hat er kürzlich infrage gestellt. Dennoch gilt die Bank als einer der großen Gewinner der Krise. Sie hat sich frühzeitig auf die neue Situation eingestellt, eine direkte Staatshilfe benötigt sie nicht. Aussichtsreiche Aktie, aber auch erhöhtes Risiko.
Freenet
Schulden runter, Dividende rauf
Mit dem Verkauf der Webhosting-Tochter Strato an die Deutsche Telekom kann Freenet die Schuldenlast weiter reduzieren. Bereits im April hatte das Unternehmen das defizitäre DSL-Geschäft an United Internet abgegeben. Vorstandschef Christoph Vilanek geht davon aus, dass der Schuldenstand zum Jahreswechsel unter 800 Millionen Euro gedrückt wird und Freenet in Zukunft attraktive Dividenden an die Aktionäre ausschütten kann.
Nestlé
Schokolade oder Schönheit?
Gegessen wird immer – auch in der Krise. Trotzdem musste Nestlé, bedingt durch Wechselkurseffekte, in den ersten drei Quartalen einen Gewinnrückgang um 11,5 Prozent auf 5,07 Milliarden Schweizer Franken hinnehmen. Positiv dagegen: Die Kriegskasse ist gut gefüllt. Marktbeobachter erwarten nun ein Gegenangebot für den von Kraft Foods umworbenen Schokoladenhersteller Cadbury oder ein intensiveres Engagement im Kosmetikgeschäft.
Novartis
Zellkulturen statt Hühnereier
Novartis hat – vor allem in der Krebstherapie – eine gut gefüllte Pipeline. Kurzfristig könnte der Schweizer Pharmariese auch von der Schweinegrippe profitieren. Anfang November wurde der Impfstoff Celtura in Deutschland zugelassen. Im Unterschied zu den meisten H1N1-Impfstoffen wird Celtura aus Zellkulturen und nicht aus Hühnereiern hergestellt, die im Fall einer Pandemie kaum in ausreichender Menge zu beschaffen sein dürften.
Telefónica
Stark in Südamerika
Telefónica gilt zurzeit als die aussichtsreichste der großen europäischen Telefongesellschaften. Die Spanier sind stark in Lateinamerika vertreten, wo vor allem der brasilianische Markt noch viel Potenzial verspricht. Die Dividende fällt im Vergleich zur Deutschen Telekom zwar etwas niedriger aus, dafür wird sie aber auch im operativen Geschäft verdient, während die Ausschüttung beim Branchenkollegen aus Bonn in den vergangenen beiden Jahren stets höher war als der Gewinn je Aktie.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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