Euro am Sonntag-Titelstory

Krisenwährung Gold: So schützen Sie Ihr Vermögen!

30.03.17 03:00 Uhr

Krisenwährung Gold: So schützen Sie Ihr Vermögen! | finanzen.net

Selten gab es so viele Risiken an den Finanzmärkten. Selbst ­Gold-Gegner sollten daher jetzt über das Edelmetall nachdenken. Was Anleger bei der Absicherung mit dem Edelmetall beachten müssen.

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von Julia Gross und Christoph Platt, €uro am Sonntag

Die einen schwärmen von der Werterhaltung: So habe ein Römer vor 2000 Jahren für eine Unze Gold eine Tunika kaufen können, heute sei der Gegenwert in Euro immer noch ausreichend für einen Maßanzug. Die anderen schimpfen über Kursschwankungen, die nicht vorhandene Verzinsung und die omnipräsenten Verschwörungstheorien. Bei kaum einer anderen Geldanlage gehen die Meinungen so weit auseinander wie bei Gold. Edelmetallfans und Edelmetallfeinde halten sich gegenseitig für Dummköpfe, die die offensichtlichsten Fakten nicht verstehen.

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Zeit für eine weniger emotionsgeladene Debatte. Für die Gegner spricht: Viele der häufig für Gold vorgebrachten Argumente halten einer genauen Überprüfung nicht stand. Beispielsweise stimmt es keinesfalls, dass Gold längerfristig immer an Wert gewinnt, wenn man normale Anlagezeiträume zugrunde legt und nicht gleich bis zu den Römern zurückgeht. Der Goldpreis unterliegt starken Schwankungen, teilweise hat er sich über Jahrzehnte hinweg nicht verteuert. Zwischen 1980 und der Jahrtausendwende etwa hätte ein Anleger schon ein sehr gutes Timing benötigt, um mit Gold kein Geld zu verlieren. Eine gute Kapitalanlage sieht anders aus.

Gleichzeitig kostet das Edelmetall in Form von Barren und Münzen den Investor ständig Lagergebühren, wenn es nicht zu Hause in der Schublade liegt. Auch die Kauf- und Verkaufskosten sind im Vergleich zu ETFs, Fonds oder Aktien häufig erheblich höher. Gold bringt keine Zinsen, und weil es in US-Dollar gehandelt wird, kann sich der Wechselkurs zum Euro für deutsche Anleger sowohl positiv als auch negativ auswirken.

Zeit für ein Sicherheitspolster

Trotzdem hat Gold als Portfoliobeimischung seine Berechtigung. Denn der Goldpreis korreliert wenig mit anderen Anlageklassen. Und das Edelmetall hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker als Absicherung in Phasen von Unsicherheit und handfesten Krisen etabliert. Da der Goldpreis inzwischen maßgeblich von Investoren und weniger stark von der physischen Nachfrage durch Schmuckhersteller und Technologiefirmen abhängt, funktioniert das auch ganz gut: Greifen nur genug Anleger in einem kritischen Umfeld zu Gold, steigt der Preis, und es erfüllt den Zweck als Sicherheitspolster.

Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um so eine Absicherung ins Portfolio einzubauen, meinen zahlreiche Experten. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Thema Eurokrise wieder die Schlagzeilen beherrscht", sagt beispielsweise Thorsten Proettel, Edelmetallanalyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Er verweist außerdem auf die aktuelle Sorglosigkeit der Marktteilnehmer. Die deutsche Konjunktur brummt, die Immobilienpreise steigen, die Aktienkurse notieren nahe ihren Allzeithochs. "Gleichzeitig bewegen sich die Volatilitätsindizes wie der V-DAX auf sehr tiefen Niveaus", beobachtet Proettel. Es könnte sich um die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm handeln.

Auch einige bekannte institutionelle Investoren setzen aktuell auf eine Goldbeimischung. Zum Beispiel Frank Fischer, Manager des milliardenschweren Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen. Er hat sich jüngst von Goldminen-Aktien, die gut gelaufen sind, getrennt und stattdessen eine Position von rund acht Prozent in physischem Xetra-Gold aufgebaut. Sie soll das Portfolio zu einem gewissen Grad vor den systemischen und politischen Risiken in Europa schützen. "Gegen diese Risiken wollen wir zumindest im Groben abgesichert sein", so der Fondsmanager. Daneben spielt für ihn aber auch die anziehende Inflation eine Rolle.

Bereits im vergangenen November führten auch Steffen Merker und Christoph Groß, die Fondsmanager des defensiven Mischfonds LBBW Multi Global, eine Edelmetallposition von rund fünf Prozent des Fondsvermögens ein. In der historischen Rückrechnung habe eine Strategie, bei der zu 90 Prozent in den Euro Stoxx 50 und zu zehn Prozent in Gold investiert wurde, zu einer signifikant besseren Performance geführt als ein 100-prozentiges Investment in den europäischen Aktienindex, lautete die Begründung. Und einer der erfolgreichsten deutschen Mischfonds der vergangenen Jahre, der Flossbach von Storch Multiple Opportunities, setzt seit jeher auf eine Absicherung durch Gold. Rund zwölf Prozent beträgt der Edelmetallanteil am Flossbach-Portfolio.

Politische Zitterpartien

Die kommenden Wochen und Monate halten für Anleger allemal genug Unwägbarkeiten bereit, um einen Puffer im Depot zu rechtfertigen. Bereits am kommenden Mittwoch will Großbritanniens Premierministerin Theresa May offiziell das Austrittsprozedere aus der Europäischen Union einleiten. Der unerwartete Ausgang des Brexit-Referen­dums hatte dem Goldpreis im vergangenen Jahr einen wochenlangen Höhenflug beschert.

Da die Briten sich mit den Details ihres Brexit-Plans weitgehend zurückgehalten haben, könnte bei Aufnahme der Verhandlungen durchaus die ein oder andere unliebsame Überraschung auftauchen. Am 23. April und 7. Mai folgen dann die beiden Wahlgänge der französischen Präsidentschaftswahl. Das Votum der Franzosen hat das Potenzial, sich zur Zerreißprobe für die EU zu entwickeln. Nämlich dann, wenn Marine Le Pen vom rechtspopulistischen Front National gewinnt. Danach sieht es zwar nicht aus, doch wer mag sich nach den Ereignissen des vergangenen Jahres - Stichwort Brexit und Trump - noch auf Wahlumfragen verlassen? Le Pen will den Franc zurückholen, wenn sie an die Macht kommt. Nach Ansicht des früheren EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso wäre dies das Ende der Eurozone - mit unabsehbaren Folgen für die Finanzmärkte.

Eurokrise bleibt ungelöst

Der Reigen der kritischen Wahltermine zieht sich bis weit in den Herbst hinein: Auch die Bundestagswahl ist mit einer möglichen Abwahl Angela Merkels und dem schwer einschätzbaren Abschneiden der AfD ein Unsicherheitsfaktor. Die ganzen Wahlen lenken allerdings auch davon ab, dass die Finanzprobleme einiger EU-Mitgliedstaaten jederzeit wieder aufflackern können. "Die Probleme in der Europeripherie sind nicht verschwunden. Nicht in Griechenland, auch nicht in Italien", warnt Philipp Vorndran vom Vermögensverwalter Flossbach von Storch.

Als die Euro-Staatsschuldenkrise 2011 ihren Höhepunkt erreichte, wurde Gold seinem Ruf als Krisenwährung mehr als gerecht: Zwischen Februar und September fiel der MSCI-World-Aktienindex um 17,8 Prozent. Der Goldpreis legte im gleichen Zeitraum über 28 Prozent zu. Ähnlich stark präsentierte sich das Edelmetall während der Finanzkrise zwischen Oktober 2007 und März 2009: Der MSCI World verlor satte 46 Prozent, der Goldpreis stieg um ein Drittel. Auch beim Platzen der Dotcomblase konnten Anleger mit Gold noch Geld verdienen, bei früheren Krisen wie der Finanzkrise von 1987 oder dem Crash in Japan 1989/90 dagegen verlor das gelbe Metall an Wert, wenn auch nicht so stark wie der weltweite Aktienindex.

Die Liste der Unsicherheitsfaktoren ist mit Politik- und Finanzkrisen noch nicht zu Ende. Terroranschläge, wie vergangene Woche in London, sind ein typischer Grund für anziehende Goldpreise. Gold-ETFs verzeichneten am Tag des Attentats und danach deutliche Zuflüsse. Internationale Spannungsfelder wie in der Ukraine sind letztlich nicht gelöst, Nordkorea provoziert mit Raketentests. Und der neue US-Präsident Trump stellt die Märkte zunehmend vor Rätsel: Kommen seine versprochenen Infrastrukturausgaben? Wo bleiben Vorschläge für eine Steuerreform? Will er einen starken oder schwachen US-Dollar?

Je länger Trumps Präsidentschaft andauert, ohne konkrete Ergebnisse zu liefern, desto dünner wird das Eis für die als Vorschusslorbeeren stark gestiegenen Aktienkurse. "Es gibt Spielraum für Enttäuschung", kommentiert Analystin Anastasia Amoroso von JP Morgan. Die Trump-Rally ist vielen Investoren zu heiß geworden, das Risiko von deutlichen Rückschlägen steigt.

Neben all diesen Unwägbarkeiten existiert allerdings auch ein sehr messbarer Faktor, der für eine Beimischung von Gold zum Depot spricht: die Rückkehr der Inflation. "In den USA lag die Inflationsrate für Februar mit einem Anstieg von 2,7 Prozent am oberen Limit der Markterwartung. Somit haben die gestiegenen US-Verbraucherpreise den höchsten Wert seit März 2012", sagt Carsten Mumm, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Bank Donner & Reuschel. Auch in Europa haben die Verbraucherpreise deutlich angezogen und erreichten erstmals seit Januar 2013 wieder die Zwei-Prozent-Marke.

"Die weitere Normalisierung der Inflationserwartungen sollte den Goldpreis nach unten absichern. Gold bleibt ein Inflationsschutz", sagt Alain Bokobza, Chefstratege der Société Générale. Auch die jüngste Leitzinsanhebung in den USA ändert an diesem Status nichts. Normalerweise bedeuten steigende Zinsen schlechte Aussichten für Gold, weil sie Anlagen in festverzinsliche Papiere im Vergleich zum zinslosen Edelmetall attraktiver machen. Doch erstens signalisierte die amerikanische Notenbank deutlich, dass sie für moderate, langsame Zinssteigerungen steht. Zweitens ist das jetzt erreichte Zinsniveau nach Abzug der Inflation noch alles andere als lohnend für Sparer.

Keine Aussicht auf höhere Zinsen

Und in Europa braucht trotz widersprüchlicher Rhetorik niemand so bald mit Zinserhöhungen zu rechnen: Sie würden Länder wie Griechenland in Probleme stürzen, und neue Staatsschuldenkrisen kann die EU in der heißen Wahl- und Brexitphase nicht gebrauchen. Gegenwind für den Goldpreis dürfte daher aus dieser Richtung nicht kommen.

Wie viel Edelmetall darf es also sein im Depot, wie viel ist zur Absicherung sinnvoll? Je nachdem, wen man fragt, empfehlen Experten Privatanlegern einen Anteil von fünf bis 25 Prozent. Die höheren Werte stammen dabei allerdings häufig von Goldhandelshäusern, die ein Eigeninteresse an Käufen durch Kleinanleger haben. Ein so hoher Anteil verursacht vermutlich deutliche Renditenachteile. Zumindest in der Vergangenheit hat Gold, über einen langen Zeitraum betrachtet, wesentlich weniger pro Jahr abgeworfen als Aktien.

Berechnungen zeigen, dass über den Zeitraum 1976 bis 2016 ein zehnprozentiger Goldanteil in einem Aktienportfolio nur 0,2 Prozentpunkte Rendite pro Jahr kostete. Im Gegenzug wurde dadurch aber die Volatilität um 0,5 Prozentpunkte pro Jahr abgemildert. Nehmen Anleger sich die Fondsmanager Fischer und Flossbach zum Vorbild, scheinen zehn Prozent ebenfalls einen guten Kompromiss darzustellen.

Auch wenn mögliche Preissteigerungen allein nicht der Grund für ein Gold­investment sein sollten: Moderate Gewinne sind nach Meinung von Analysten bis Ende des Jahres auch ohne Krisen drin. Die Société Générale rechnet beispielsweise mit einer stabilen Schmucknachfrage aus Indien und China, den beiden wichtigsten Konsumenten von Gold. Gleichzeitig fahren die Minenbetreiber seit 2012 einen strengen Sparkurs, sodass das Angebot kaum ausgeweitet wird. LBBW-Analyst Proettel sieht den Goldpreis Ende 2017 bei 1350 US-Dollar pro Feinunze. Beim Goldhändler Heraeus erwartet man maximal 1300 Dollar.

Investor-Info

Barren und Münzen
Gute Händler finden
Etliche Goldhändler buhlen um die Gunst der Anleger, die Barren oder Münzen kaufen wollen. Um die besten zu ermitteln, untersucht das Deutsche Kundeninstitut für €uro am Sonntag einmal im Jahr den Markt. Gewinner des Edelmetallhändlertests 2016 ist Degussa Goldhandel, doch auch die Plätze 2 und 3 ­verdienten sich die Gesamtnote "sehr gut".

Xetra-Gold
Dem Goldpreis folgen
Xetra-Gold ist ein Wertpapier, das sich exakt so entwickelt wie der Goldpreis. Herausgeber ist ein Konsortium um die Deutsche Börse. Das Papier ist physisch mit Gold hinterlegt und verbrieft einen Lieferanspruch gegen die Emittentin. Nach einem Jahr Haltedauer sind Gewinne aus Xetra-Gold steuerfrei, um­gekehrt können Verluste aber auch nicht mit anderen Gewinnen verrechnet werden.

ComSt. NYSE Arca Gold Bugs
Auf die Förderer setzen
Der Comstage-ETF folgt dem NYSE Arca Gold Bugs, einem Index der New Yorker Börse. Dieser enthält Aktien von Firmen, die weltweit Goldminen betreiben und ihre Produktion nicht langfristig an den Terminmärkten absichern. Die Kurse dieser Titel schwanken typischerweise stark, was zur Abwertung bei der FondsNote führt. Der ETF ist eher für kurzfristige, taktische Investments geeignet.
ISIN: LU0488317701

Bildquellen: Pics-xl / Shutterstock.com, Netfalls - Remy Musser / Shutterstock.com

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