Werbung zieht im Web

Werbebranche: Das sind die Rendite-Bringer!

07.08.15 03:00 Uhr

Werbebranche: Das sind die Rendite-Bringer! | finanzen.net

Große Agenturen steigern ihre Einnahmen deutlich. Immer mehr Werbetreibende nutzen das Internet. Vom digitalen Trend profitiert nicht nur der Web-Gigant Google: Die Favoriten.

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von Peer Leugermann, Euro am Sonntag

Geht es nach Martin Sorrell, dann ist Google nicht nur das wertvollste, sondern auch das mächtigste Unternehmen der Erde. Entscheidend sind für den Chef der weltgrößten Werbeagentur, WPP, aber weder der Börsenwert noch irgendwelche abenteuerlichen Projekte der Kalifornier - seien es nun selbstfahrende Autos oder die Erforschung erneuerbarer Energien. Für Sorrell sind es die Werbeeinnahmen, die die wahre Macht des Suchmaschinen­giganten repräsentieren.

Dank vieler Millionen Klicks auf digitale Anzeigen stiegen die Werbeerlöse von Google im zweiten Quartal um elf Prozent auf 16 Milliarden Dollar. Der US-Konzern legt damit Wachstumsraten vor, von denen Manager anderer Medien nur träumen. So legen etwa die TV-Werbeeinnahmen seit Langem nur noch um drei bis bestenfalls fünf Prozent zu, Radiowerbung stagniert, und das Geschäft mit Printanzeigen schrumpft.

Die Gründe dieser Entwicklung sind simpel. Zwar steigern die Unternehmen ihre Werbeausgaben dank weltweiter Konjunkturerholung wieder leicht, stecken aber immer weniger Geld in klassische Medien. Mit erwarteten Steigerungsraten von jährlich mehr als 15 Prozent bis 2017 ist Onlinewerbung der Wachstumsmotor des weltweiten Werbemarkts.

Lisa Hau kennt das Geschäft. Die Werbeexpertin und Analystin des Finanzhauses Jefferies ist überzeugt, dass Werbekunden die digitale Welt gerade erst entdeckt haben. "Noch schalten die Unternehmen den Großteil ihrer Werbespots und Anzeigen in Medien, die ihre Kunden kaum nutzen", erklärt Hau.

Profiteure des Wandels

Nicht nur Google, Facebook und Co können die neuen Werbe­wünsche der Unternehmen bedienen. Auch global aufgestellte Werbeagenturen wie WPP oder Publicis, Nummer 1 und Nummer 3 der Branche, machen immer bessere Geschäfte mit On­linewerbung. So liegt der Um­satzanteil von digitalen Werbeangeboten bei den führenden Werbeagenturen im Schnitt bei über 40 Prozent.

Und Hau sieht in dem Strukturwandel weitere Wachs­tums­chan­cen für die Agenturen. Das liege nicht nur am wachsenden Markt, sondern auch daran, dass in der digitalen Welt mehr für die Agenturen übrig bleibe - sie könnten sich online eine "größere Scheibe vom Werbe­etat abschneiden".

In der analogen Welt verdienen Agenturen an einem Werbedollar zehn bis 15 Cent. Der Rest wird für die Herstellung von Spots oder Werbemotiven sowie für den Kauf von Sendezeit oder Anzeigenplätzen gebraucht. Schritte, die im Internet weitgehend entfallen: Onlineanzeigen müssen nicht gedruckt werden, und während der Anzeigenplatz bei Print durch die Seitengröße ein begrenztes und somit teures Gut ist, steht er im Internet quasi unendlich und somit deutlich preiswerter zur Verfügung. Internetwerbung kann daher im Schnitt um ein Drittel günstiger produziert und platziert werden als sein analoges Pendant.

Branchenkenner beobachten, dass die werbetreibenden Firmen einen Teil der Ersparnisse reinvestieren, etwa um die eigene Werbekampagne durch sogenanntes Targeting noch effektiver zu machen. Mit zielgerichteter Werbung sorgen die Onlinewerber dafür, dass etwa die Anzeige für den Holzkohlegrill nur dem Grillbegeisterten gezeigt wird, der vorher zum Beispiel "Grillkohle" gegoogelt hat.

Dies funktioniert im Internet bislang viel besser als in anderen Medien, weil das Web Rückmeldungen über das Nutzerverhalten ermöglicht. Hau glaubt, dass Werbeagenturen im Onlinebereich künftig mehr und höherwertige Dienstleistungen an ihre Kunden verkaufen können. Angefangen beim Targeting bis hin zu Smartphone-­Werbung, die genau zu der TV-Sendung passt, die der Benutzer gerade im Fernsehen schaut. Der Verdienst an jedem ausgegebenen Werbedollar soll so auf über 45 Cent steigen.

Um diese Chance zu nutzen, ist WPP seit Jahren auf Shopping­tour und kauft eine Digitalagentur nach der anderen. Sorrells Ziel: Der Chef will seinen Kunden die gesamte Klaviatur der Onlinewerbung aus einer Hand bieten können. Dank dieser Strategie erzielte WPP im vergangenen Jahr bereits 37 Prozent des Umsatzes von 19 Mil­liarden Dollar allein mit Onlinewerbung.

In diesem Jahr stieg Sorrell bereits bei Comscore und Rentrak ein. Für die Anteile von jeweils gut 15 Prozent zahlte der notorische Firmenjäger, der in den vergangenen zwei Jahren über 85 Unternehmen gekauft hat, zusammen knapp 330 Millionen Dollar. Beide Unternehmen sind darauf spezialisiert, Online­nutzerdaten zu sammeln.

Hohe Zuwachsraten

Dass sich die Zukäufe bezahlt machen, zeigt ein Blick auf das erste Quartal des Konzerns. Mit 1,6 Milliarden Dollar lagen die digitalen Werbeumsätze währungsbereinigt um gut elf Prozent höher als im Vorjahr. Angesichts der Zuwachsraten sowie der ungebremsten Kauflust von Sorrell erscheint das Ziel, den Umsatzanteil digitaler Werbung bis 2020 auf bis zu 45 Prozent zu erhöhen, mehr als machbar.

Wettbewerber Publicis geht ähnlich vor. 2015 versuchten sich die Franzosen an einer Fusion mit Omnicon, der Nummer 2 der Branche. Doch die Verschmelzung scheiterte unter anderem an der Führungsfrage. Stattdessen schlugen die Franzosen bei der auf digitales Marketing spezialisierten Agentur Sapient zu. Die Übernahme kostete 3,7 Milliarden Dollar und steigert den Umsatzanteil von Publicis mit Onlinewerbung auf über 50 Prozent. Mehr Digital­geschäft macht - prozentual gesehen - keine Agentur.

Jüngst senkte Publicis jedoch die Umsatzprognose für 2015. Das Wachstum soll demnach wegen schleppender Geschäfte in Großbritannien und Lateinamerika um 2,5 bis drei Prozent wachsen, zuvor waren mindestens drei Prozent angepeilt. Der britische Marktführer hingegen hält unverändert an seinem Ziel von über drei Prozent Umsatzplus fest. Mit den Wachstumsraten von Google kann WPP-Chef Sorrell zwar nicht mithalten, ganz machtlos steht der Werbeprimus dem Webriesen jedoch nicht gegenüber.

Investor-Info

WPP
Werbe-Primus

Die Nummer 1 der Werbeagenturen wächst organisch und durch Zukäufe. Übernahmen steigern die Onlinekompetenz der weltgrößten Werbeagentur. Mit dem Eintritt in neue Märkte wie Kuba ­partizipieren die Briten am Wachstum in den Schwellenländern. Dank freier Barmittel von 840 Millionen Euro kann WPP diesen Kurs problemlos weiterfahren. Die Bewertung kam zuletzt zurück und liegt wieder nahe dem Langzeitdurchschnitt. WPP bietet eine Dividendenrendite um drei Prozent. Attraktiv.

Google
Internet-Krösus

Mit den Zahlen zum zweiten Quartal zerstreute der Internetkonzern die Sorgen, sein Wachstumsmotor - das Geschäft mit Onlineanzeigen - stottere. Der gesamte Umsatz stieg um elf Prozent auf 17,7 Milliarden Dollar, der Gewinn legte um 17 Prozent auf 3,9 Milliarden Dollar zu. Google ist mit seiner Suchmaschine weltweit führend, das mobile Betriebssystem Android setzt sich immer mehr durch. Die Wachstumserwartungen rechtfertigen die hohe Bewertung. Kaufen.

Publicis
Shopping-Fan

Die Franzosen sind Spitzenreiter beim Online­umsatz. Über die Hälfte des Umsatzes von 7,2 Milliarden Euro stammte 2014 aus digitalen Geschäften. Doch die übernommene Firma Sapient ist unprofitabler als Publicis. Die operative Marge liegt mit 13 Prozent im ersten Halbjahr deshalb unter den bislang üblichen gut 16 Prozent. Die Bewertung scheint günstig, doch hohes Risiko, dass Publicis am Sapient-Kauf noch länger zu knabbern hat.

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Bildquellen: Gerd Altmann / pixelio.de, Sony

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