Erfolgreiches Streaming

Netflix: Kampf um jeden Zuschauer

14.05.13 03:00 Uhr

Fast 25 Prozent Kursanstieg an einem Tag. Mit der in Eigenregie produzierten Serie „House of Cards“ wirbelt der Filmverleih Netflix den US-TV-Markt und die Wall Street durcheinander. Die neuen Marktregeln

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von Nele Husmann, Euro am Sonntag

Ich mag diese Frau. Ich mag sie mehr als Haie das Blut“, sagt Frank Underwood alias Kevin Spacey im neuen amerikanischen TV-Knüller „House of Cards“. Oft durchbricht Spacey die sogenannte vierte Wand und wendet sich mit solch eindringlichen Sätzen ­direkt an die Fernsehzuschauer. Underwood ist Politiker — so ehrgeizig, zynisch und skrupellos, dass es ­wieder Spaß macht.

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So viel Spaß, dass viele Amerikaner gleich alle Folgen sehen wollen — und das können sie: Die gesamten Folgen der Serie standen gleich am ersten Sendetag zum Herunterladen im Internet bereit. Das bricht mit allen Regeln der herkömm­lichen TV-Produktion. Aber Netflix ist auch kein klassischer Fernsehsender. Trotzdem gelang dem TV-Neuling das Kunststück, auf Anhieb eine Hitserie zu produzieren. Zwei Millionen neue Kunden abonnierten Netflix quasi über Nacht.

Der überraschende Erfolg von „House of Cards“ beflügelte die Fantasie der Wall Street. Die Aktie des Filmverleihs legte bei Bekanntgabe der neuen Abo-Zahlen an einem Tag um fast ein Viertel an Wert zu. Doch auch wenn die Aktie so für den Neueinstieg zu teuer ist, hat der Netflix-Erfolg gezeigt, wie sich die Kräfteverhältnisse im US-amerikanischen TV-Geschäft gerade verschieben: Inhalte sind Trumpf, und wer wertvolle selbst herstellen kann, ist auch aus Investorensicht interessant (siehe Investor-Info unten).

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Bislang gilt die Time-Warner-Tochter HBO als der zuverlässigste Produzent von Publikumserfolgen, welche die Kunden an die Bezahlstation binden. Die Herausforderung für Net­flix ist riesig. Immerhin: Das Unternehmen hat schon andere Klippen umschifft. „Unser Ziel ist es, uns schneller zum Pay-TV-Kanal HBO zu wandeln, als HBO zu Netflix werden kann“, so Ted Sarandos, verantwortlich für die Inhalte bei Netflix.

Gegründet wurde das Unternehmen 1997 von Reed Hastings — aus Ärger über 40 Dollar, die ihm ein DVD-Verleih für das zu späte Abgeben eines Films abknöpfte. Er bot ­etwas an, was einer Revolution gleichkam: Jeder konnte sich für rund zehn Dollar eine DVD per Post zusenden lassen und sie so lange behalten, wie er mochte. In den USA kannte bald jeder die roten Umschläge von Netflix. Konkurrenten wie die Videoverleihkette Blockbuster gingen bankrott, selbst Amazon und Walmart konnten mit ihren, nach dem Vorbild von Netflix kopierten, Angeboten nicht mithalten.

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Aber von Anfang war klar: Netflix kann das Geschäftsmodell nur auf Zeit betreiben. Der Übermittlung von Filmen per Internet (Streaming) gehört die Zukunft.
2012 sah es so aus, als könnte Netflix die Umstellung auf Streaming nicht schaffen. Die Aufspaltung in ­einen digitalen und analogen Geschäftsbereich missglückte und eine Preiserhöhung vertrieb die Kunden. Die Aktie fiel wie ein Stein.

Überraschte Börsianer
Aber das Blatt wendete sich: Net­flix nahm die Preiserhöhungen teilweise zurück und investierte ganze 100 Millionen Dollar in die Pro­duktion der Serie „House of Cards“, welche die Kunden nur übers Internet sehen können. Die Wette ging auf, der Erfolg überzeugte die Wall Street. Das Unternehmen verzeichnete im ersten Quartal 300.000 Neukunden mehr, als die Analysten im Schnitt erwartet hatten. In den vergangenen Monaten verdreifachte sich der Kurs fast.

Die Serie „House of Cards“ hilft Netflix, seine Kunden zum Wechsel vom Briefumschlag zum Internet zu bewegen. Inzwischen laden die insgesamt 29 Millionen Kunden so viele Filme aus dem Internet, dass das Unternehmen heute ein Viertel des gesamten Datenverkehrs der USA für sich beansprucht. Schätzungen zufolge zählt das Unternehmen schon heute rund 500.000 Abonnenten mehr als HBO.

Ist der Netflix-Service, kombiniert mit selbst produzierten Zuschauermagneten, der Tod der klassischen Fernsehsender? Allein in den vergangenen drei Monaten sahen die Kunden vier Milliarden Stunden fern. Das vermeldete Netflix-Chef Hastings auf Facebook. Daraufhin berechnete der Medienanalyst Rich Greenfield, dass Netflix derzeit der meistgesehene Kabelsender sei.

Schon ist das Unternehmen ein Vorbild für andere. Auch Internet­pionier Yahoo setzt jetzt darauf, eigene Originalinhalte wie exklusive Videos vom World Wide Wrestling anzubieten, und baut seine Filmbibliothek mit kompletten Serien von Komödienhits wie „Saturday Night Life“ und anderen beliebten US-Sendungen aus. Erste Experten bezeichnen Yahoo bereits als einen Fernsehsender.

Der Erfolg mit der qualitativ hochwertigen Eigenproduktion macht Netflix wählerisch. Für einige Player am TV-Markt, die Masse statt Klasse anbieten, könnte das böse enden. Viacom beispielsweise verdient durch den Weiterverkauf seiner Serien an Netflix im Jahr rund 130 Millionen Dollar. Netflix ließ bereits durchblicken, dass es diesen Paketvertrag nicht erneuern wird.

„Der Gewinn von Fernsehproduzenten wird sinken“, warnt Michael Nathanson vom Analysehaus Nomura Equity Research. Besonders bitter: Die Deals mit Netflix waren äußerst lukrativ, denn für die Distribution bereits produzierter Inhalte fallen kaum zusätzliche Kosten an. Da ist fast jeder Dollar aus dem Weiterverkauf Gewinn.

Das Netflix-Geschäftsmodell ist für Hollywood trotz der lukrativen Mehreinnahmen ohne viel Ausgaben sowieso ein zweischneidiges Schwert. Netflix-Kunden bekommen je nach Anzahl der Filme für ­einen monatlichen Preis zwischen 4,99 ­und 11,99 US-Dollar den Kinofilm kostenlos ins Haus geliefert. Das untergräbt das wichtige DVD-Verkaufsgeschäft der Filmstudios, die bislang damit oft mehr Geld verdienten als an der ­Kinokasse.

Time Warner, die Mutter des Fernsehsenders HBO, boykottiert Netflix deshalb. Der zusätzliche Umsatz ist dem Konzern das Risiko nicht wert, dass die eigenen Abonnenten wechseln. Dass Hastings zudem seit Jahren propagiert, Content-Anbieter seien der Tod der herkömmlichen Kabelgesellschaften, trägt nicht gerade zur besseren Stimmung zwischen Netflix und Time Warner bei.

Aber es gibt auch Gewinner der neuen Content-Offensive: Die Studios, die neue Serien schreiben und produzieren, freuen sich über den neuen, unorthodoxen Abnehmer mit viel Geld. Um sich die Rechte an „House of Cards“ zu sichern, erklärte Netflix sich bereit, eine ganze Staffel von 26 Folgen zu kaufen, ohne dass zuvor ein Pilotfilm gedreht worden wäre. Das wäre für die meisten herkömmlichen Fernseh- und Kabelkanäle völlig undenkbar ­gewesen.

Neue Technologien
Zu groß ist für sie das Risiko. Schließlich gibt es für den Erfolg neuer Fernsehserien kein Geheimrezept. Unter unzähligen neuen Shows schaffen es im Jahr nur wenige zum Quotenhit, der Zuschauer über Jahre hinweg an den Bildschirm bannt.
Dieses Risiko kann Netflix ein­gehen, weil das Unternehmen als ­Internetdienstleister einen großen Vorteil hat. Anders als reguläre Fernsehstationen besitzt es detaillierte Kenntnisse über die Seh­gewohnheiten und Vorlieben seiner Abonnenten, die sich Filme ganz gezielt ­bestellen oder herunterladen. Geschickt ausgewertet und genutzt können diese Zuschauerdaten auf der Suche nach dem nächsten Hit helfen.

Trotzdem gibt es keine Garantien. Netflix’ zweiter Versuch in Sachen ­Eigenproduktion, die Horrorserie „Hemlock Grove“, stößt auf verhaltene Kritik. Die dritte Eigenserie, „Arrested Development“, ist die Neuauflage einer Sitcom des Fernsehkanals Fox. Fans sehnen den Sendestart am Wochenende des Memorial Day herbei. Netflix rechnet damit, dass die Serie Neuabonennten in Scharen anzieht. Die zählen dann schon für das zweite Quartal, das bei Netflix historisch besonders schwach ausfällt.

Zugleich bemüht sich Netflix- Boss Hastings, die Erwartungen an den Produktionserfolg zurückzuschrauben. Er scheut sich, die Zuschauerzahlen für „House of Cards“ bekannt zu geben — vielleicht aus Sorge, dass der Erfolg künftiger Originalserien von Netflix daran gemessen werden könnte. „,House of Cards‘ hat unsere Zuversicht bestärkt, dass wir Shows aussuchen können, die Netflix-Kunden gefallen“, sagt er und hält den Ball flach: „Das erste Harry-Potter-Buch war auch noch kein Phänomen.“

Investor-Info

Netflix
Einfach zu teuer

Enttäuschen die Zahlen der Neuabonnenten für das zweite Quartal in zwei Monaten, ist mit einer starken Korrektur zu rechnen. Selbst wenn Netflix-Chef Hastings die Abonnentenzahl wie angekündigt verdreifachen kann, ist das Papier zu teuer. Die Netflix-Aktie ist ein hochspekulativer Wachstumswert — zum aktuellen Kurs von 165 Euro mehr Risiko als Chance.

Yahoo
Günstigere Alternative

Der Internetkonzern setzt auf eigene und fremde ­Inhalte, um Nutzer auf seine Homepage zu ziehen, und wird bereits in einem Atemzug mit Netflix und dem Erfolgssender HBO genannt. Der Aufwärtstrend ist noch nicht vorbei. Die Aktie ist mit ­einem KGV von 16 auf Basis der geschätzten Gewinne für 2013 ein gutes Investment. 

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14.02.2025Netflix OutperformBernstein Research
12.02.2025Netflix OutperformBernstein Research
24.01.2025Netflix OutperformBernstein Research
23.01.2025Netflix HoldDeutsche Bank AG
23.01.2025Netflix BuyUBS AG
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14.02.2025Netflix OutperformBernstein Research
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24.01.2025Netflix OutperformBernstein Research
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22.01.2025Netflix OverweightJP Morgan Chase & Co.
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23.01.2025Netflix HoldDeutsche Bank AG
22.01.2025Netflix NeutralGoldman Sachs Group Inc.
22.01.2025Netflix Market-PerformBernstein Research
18.10.2024Netflix Market-PerformBernstein Research
19.07.2024Netflix Market-PerformBernstein Research
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19.04.2023Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.
20.01.2023Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.
18.11.2022Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.
11.10.2022Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.
20.07.2022Netflix SellGoldman Sachs Group Inc.

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