Börsianer haben Appetit auf Aktien mit Bio-Touch
Trotz Konjunktur- und Konsumschwäche boomen Bioprodukte in Europa und den USA. Welche Unternehmen von diesem Trend zu profitieren.
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von Oliver Ristau, €uro am Sonntag
In Deutschland ist „Bio“ in. Trotz des Lebensmittelskandals um das auf einem Biohof gefundene Darmbakterium EHEC im Frühjahr war die Nachfrage nach ökologisch korrekt hergestellten Lebensmitteln in Deutschland in den ersten sechs Monaten 2011 so hoch wie noch nie. Nach Daten der Marktforscher von Nielsen stieg der Umsatz von Bioprodukten in Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriemärkten von Januar bis Juni im Vergleich zum Vorjahr um knapp zehn Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Das Biosegment wuchs damit deutlich schneller als der konventionelle Wettbewerb, der nur um zwei Prozent zulegte.
Mit einem Gesamtumsatz von knapp sechs Milliarden Euro und einem Anteil von mehr als 30 Prozent ist Deutschland der größte Biomarkt Europas. Im Unterschied zu anderen nachhaltigen Sektoren (etwa der doppelt so umsatzstarken Solarbranche) bietet er Anlegern aber kaum Möglichkeiten, am Wachstum teilzuhaben. Das Geschäft ist vor allem in der Hand mittelständischer Anbieter wie Alnatura, Basic und Rapunzel, bei denen zwar die Kasse klingelt, die aber von privaten Kapitalgebern wenig wissen wollen. „Wir erhalten regelmäßig Anfragen von Investoren, die bei uns einsteigen wollen“, sagt Alnatura-Sprecherin Stefanie Neumann. Bisher wurde das strikt abgelehnt. „Wir verfolgen keine Börsenpläne und geben keine Anleihen aus.“ Das passe nicht zur Firmenphilosophie. Wachstum werde allein aus dem Cashflow generiert. Die Supermarktkette rechnet 2011 wieder mit einem zweistelligen Umsatzplus auf mindestens 440 Millionen Euro.
Philipp Spitz vom Investmenthaus Murphy & Spitz, das sich auf nachhaltige Anlagen spezialisiert hat, findet die Zurückhaltung schade: „Die deutsche Biobranche wäre auch wegen des absehbaren weiteren Wachstums ein interessanter Sektor für nachhaltige Investments. Doch das lassen die Strukturen bisher nicht zu.“ Der bayerische Naturkostanbieter Rapunzel hatte über Jahre als einziger größerer Anbieter Aktien ausgegeben, die außerbörslich gehandelt wurden. Doch seit wenigen Wochen sind alle Papiere nach einem Squeeze-out neuer Eigentümer vom Markt verschwunden.
Über den heimischen Tellerrand zu blicken, ist deshalb unausweichlich. An der Börse in Amsterdam ist seit 1959 die niederländische Wessanen (ISIN: NL0000395317) notiert. Mit einem Jahresumsatz von mehr als 700 Millionen Euro zählt sie zu den größten Bioanbietern in Europa. In deutschen Bioläden ist die Marke Allos bekannt, in Frankreich – Europas zweitgrößtem Markt – Borg. Doch zuletzt schwächelte das Geschäft. Der Umsatz legte im ersten Halbjahr nur um 1,3 Prozent auf 375 Millionen Euro zu, während das operative Ergebnis um zwei Prozent auf 15,5 Millionen Euro sank.
Wessanen macht der Rückgang des Geschäfts im Naturkostfachhandel zu schaffen. In großen Supermärkten, wo das Geschäft boomt, sind die Holländer bisher noch unterrepräsentiert. Die Aktie entwickelte sich daher verhalten und pendelt seit anderthalb Jahren zwischen 2,50 und drei Euro. Vor Ausbruch der Krise notierte sie bei sieben Euro.
Wesentlich mehr Freude haben Investoren, die ihren Appetit auf Bioprodukte in den USA stillen. Unternehmen wie Whole Foods Markets, Hansen Natural und Green Mountain Coffee Roasters übertrafen zuletzt regelmäßig die Erwartungen der Analysten. Der Markt für Bioprodukte entwickelt sich trotz der US-Konsumschwäche überraschend gut. 2010 war der Umsatz dort nach Auskunft der auf den US-Biohandel spezialisierten Organic Trade Association (OTA) um acht Prozent auf 29 Milliarden Dollar gewachsen, während der Absatz konventioneller Lebensmittel stagnierte.
Mit einem Anteil von vier Prozent ist die Naturlebensmittelbranche in den USA noch bedeutender als in Deutschland (drei bis vier Prozent). „Die Strukturen in den USA sind ganz anders. Den kleinen Bioladen um die Ecke gibt es dort nicht“, sagt Analyst Spitz. Stattdessen wird der Markt von großen Anbietern dominiert, deren Angebot weniger streng als hierzulande zusammengestellt ist. Neben Produkten mit Biosiegeln finden sich auch andere Produkte, die als „organisch“ durchgehen, wenn sie keine chemischen Zusatzstoffe enthalten.
So gilt etwa Hansen Natural (ISIN: US4113101053) aus dem kalifornischen Corona als einer der größten Hersteller von „naturnahen“ Getränken. Die Rohstoffe sind zwar nicht biozertifiziert, dafür verzichtet Hansen auf Konservierungs- und Farbstoffe sowie künstliche Aromen. Das Spektrum reicht von reinen Fruchtsäften bis zu Energiegetränken. Vor allem dank des starken Absatzes seiner populären Monster-Energiedrinks konnte Hansen im ersten Halbjahr den Umsatz um mehr als 30 Prozent auf 820 Millionen Dollar und den Nettogewinn um mehr als 40 Prozent auf 139 Millionen Dollar steigern. Anleger waren begeistert, die Aktie kletterte seit Jahresanfang von 55 auf 80 Dollar.
Auch bei Whole Foods Markets brummt das Geschäft. Die weltgrößte Biomarktkette aus Austin in Texas hat in den neun Monaten ihres Geschäftsjahres 2010/2011 (bis 30. September) den Umsatz um zwölf Prozent auf 7,8 Milliarden Dollar und das Ergebnis je Aktie um 38 Prozent auf 1,51 Dollar ausgeweitet. Vize-Firmenchef Walter Robb führt den Erfolg auf wachsendes Qualitäts- und Gesundheitsbewusstsein der Kunden zurück. „Das hat unser Preisimage verbessert.“ Dieser Trend soll sich fortsetzen. Die Firma sieht Potenzial für 1000 (aktuell 300) Whole-Foods-Supermärkte in den USA.
„Die Zahl bewusster Konsumenten, die einen Lebensstil auf Basis von Gesundheit und Nachhaltigkeit pflegen, nimmt seit Jahren zu“, sagt Marion Swoboda, Leiterin des Nachhaltigkeitsresearchs beim Schweizer Fondsanbieter Swisscanto. Dieser Trend sei längst in der Breite angekommen. Zwar sei „Bio“ immer noch eine Frage des Geldes, aber Lebensmittelskandale und das Bestreben, Ressourcen zu schützen, stütze die Entwicklung des Markts.
„Der typische wohlhabende Kunde scheint immer mehr in Richtung hochwertiger Produkte zu denken – trotz der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten“, sagt William Knight von der US-Analystenplattform Stockall. Er bezieht sich auf die Erfolgsgeschichte des US-Kaffeeunternehmens Green Mountain Coffee Roasters aus Vermont, die die anderer bioorientierter Lebensmittelanbieter in den Schatten stellt.
Kein US-Kaffeeunternehmen ist dieses Jahr stärker gewachsen als der Röster, der 30 Prozent seines Einkaufs nach den Prinzipien des fairen Handels abwickelt und den Produzenten mehr als den Weltmarktpreis bezahlt. 20 Prozent des Green-Mountain-Kaffees ist biozertifiziert. Der Erfolg liegt aber weniger an „Bio“, sondern vor allem am Run auf eine Maschine für Kaffeeportionen. „Das ist nach unseren Kriterien kaum nachhaltig, wenn 80 Prozent des Umsatzes mit Einwegpackungen aus Plastik und Aluminium generiert werden“, kritisiert Analyst Spitz.
An der Börse zählten indes nur die Zahlen. So stieg der Umsatz im dritten Quartal (April bis Juni) um 127 Prozent auf 717 Millionen Dollar und der Gewinn je Aktie um über 200 Prozent auf 37 US-Cent. Mit der Erhöhung der Ergebnisprognose für 2012 auf bis zu 2,65 Dollar Gewinn je Aktie schoss der Titel auf ein Allzeithoch von 110 Dollar. Kaffeespezialitäten sind bei Investoren offenbar ebenso beliebt wie bei US-Konsumenten. Ein von Bloomberg berechneter Kaffeeaktienindex mit fünf US-Spezialisten legte seit Jahresanfang bis Ende Juli um fast 95 Prozent zu, während der S & P 500 nur gut drei Prozent gewinnen konnte. Die Börsengänge der Kaffee- und Teespezialisten Dunkin und Teavana im Juli waren ebenfalls ein großer Erfolg.
Mit neuen Börsendebütanten aus der Bio-Ecke rechnet Swisscanto-Analystin Svoboda dagegen eher nicht. „Der Bereich wird innerhalb existierender großer Lebensmittelkonzerne weiter ausgebaut.“ Als Beispiel nennt sie Unilever. Bis 2015 will das Unternehmen sämtliches verarbeitetes Gemüse aus nachhaltiger Produktion beziehen. Auch Kraft Foods kündigte an, beim Rohkaffee für Europa nur noch auf nachhaltige Quellen setzen zu wollen. „Bio“ ist eben in – auch bei den Großen.
Investor-Info
Biobranche
Milliardenmarkt USA
Gesunder und ökologischer Lebensstil hat nach wie vor Konjunktur. Weltweit nimmt der Umsatz mit Biolebensmitteln, -textilien und anderen Produkten zu. Größter Markt ist die USA. Dort erzielte die Branche im vergangenen Jahr einen Umsatz von 28,7 Milliarden Dollar. 26,7 Milliarden Dollar entfielen dabei auf Lebensmittel.
Gegenüber dem Vorjahr wuchs das Geschäft um knapp acht Prozent. Von 2002 bis 2008 wurden jährliche Wachstumsraten zwischen 15 und 21 Prozent erzielt.
Whole Foods Markets
Der Biomarktführer boomt
Das Nasdaq-100-Unternehmen hat in den vergangenen fünf Jahren den Umsatz im Schnitt um jährlich 14 Prozent und den Gewinn um 35 Prozent steigern können. Auch in den kommenden beiden Jahren soll die Ergebnismarge weiter wachsen. Mit Vorlage des letzten Quartalsberichts wurde der Ausblick angehoben: Der Gewinn je Aktie soll 2012 auf 2,26 (2011: 1,92) US-Dollar steigen. Mit einem KGV von 27 ist der Titel bereits angemessen bewertet. Für Nachhaltigkeitsfonds dürfte die Firma, die mit einer Eigenkapitalquote von 50 Prozent solide finanziert ist, als größter Branchenvertreter dennoch ein Muss bleiben.
Christian Hansen Holding
Natürliche Farben
Das dänische Unternehmen liefert Zusätze für die Lebensmittelindustrie wie probiotische Joghurtkulturen und natürliche Farbstoffe. Die Nachfrage insbesondere nach natürlichen Farben wächst stark und sorgte in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2010/2011 (bis 30. August) für ein Umsatzplus von 19 Prozent auf 474 Millionen Euro und einen Zuwachs beim operativen Ergebnis (Ebit) von 18 Prozent auf 113 Millionen Euro. In den kommenden Jahren soll der Umsatz jährlich um acht bis zehn Prozent wachsen und eine stabile Marge von 25 Prozent liefern. Das Unternehmen zählt zu den 20 größten börsennotierten dänischen Firmen. In Deutschland ist die Aktie nur in Frankfurt notiert. Aufträge limitieren!
Organic-Food-Indexzertifikat
Gesunde Mischung
Das Zertifikat folgt dem Biofood-Index, der im laufenden Jahr um mehr als 40 Prozent zulegen konnte. Vertreten sind acht Werte, von denen Green Mountain, Hansen Natural und Whole Foods mit 70 Prozent gewichtet sind. Damit bildet das Endloszertifikat vor allem die Entwicklung in den USA ab. Für Anleger, die auf einen weiteren Bioboom in Nordamerika setzen und das Währungsrisiko (Dollar) nicht scheuen.
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