Schutz vor Inflation?

Bank of America-Analyst: Goldpreis könnte 2022 ein "bescheidenes Allzeithoch" erreichen

26.04.22 22:38 Uhr

Bank of America-Analyst: Goldpreis könnte 2022 ein "bescheidenes Allzeithoch" erreichen | finanzen.net

Gold gilt bei vielen Anlegern als ultimativer Schutz vor Geldentwertung. Der hohen Nachfrage entsprechend konnte sich der Goldpreis in den vergangenen Wochen besser entwickeln als der breite Aktienmarkt. Bank of America-Analyst Paul Ciana erwartet für das weitere Jahr ein knappes Allzeithoch.

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Während die Aktienmärkte dieses Jahr bislang enttäuschten, verteuerten sich die meisten Rohstoffe binnen Jahresfrist enorm. Besonders solche Rohstoffe, bei denen Russland vor dem Ukraine-Krieg einen hohen Marktanteil innehatte, legten im Zuge der westlichen Sanktionen gegen Russland stark an Wert zu: Öl, Erdgas, Nickel, Kohle oder auch Weizen. Gold kann zwar mit diesen rapiden Preissteigerungen nicht mithalten, doch auch das gelbe Edelmetall scheint im Aufwind begriffen zu sein.

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Goldpreis: Knapp unter Dollar-Allzeithoch

Das Edelmetall profitiert dabei von den geopolitischen Risiken, auf Jahressicht erhöhte sich der Goldpreis um 6,63 Prozent (Stand: 25. April 2022). Ein Euro-Allzeithoch wurde dieses Jahr bereits erreicht, der Rekordpreis für eine Unze (31,1 Gramm) Gold in Dollar datiert dagegen weiterhin noch aus dem August 2020. Damals erreichte der Goldpreis einen Wert von 2.089 US-Dollar. Der Grund: Der schwächelnde Euro sorgt für einen höheren Euro-Goldpreis, da Gold wie alle Rohstoffe international in US-Dollar bepreist wird. In den letzten Wochen verlor der Anstieg denn auch erheblich an Dynamik, der Goldpreis bewegte sich in den vergangenen Tagen in einer engen Range knapp unter der bedeutsamen 2.000-Dollar-Marke. Wie könnte die weitere Entwicklung aussehen?

Analyst Ciana: Goldpreis könnte bald "bescheidenes Allzeithoch" erreicht

Der technische Analyst Paul Ciana von BofA Securities, dem Investment-Arm von Bank of America, rechnet mit einer verhalten positiven Entwicklung. Wie "Yahoo Finance" berichtet, hält Ciana einen Goldpreis von unter 2.000 US-Dollar für eine attraktive "Kaufgelegenheit". Sein technisches Gold-Kursziel für dieses Jahr liegt bei 2.175 US-Dollar, also "bescheiden höher" als das bisherige Rekordhoch von 2.089 US-Dollar. Der Goldpreis werde sich seiner Ansicht nach langsam, aber stetig an ein neues Rekordhoch heranpirschen.

Bullenszenario: Konsolidierungsphase vor möglichem Ausbruch

Der technische Analyst Ciana mahnt hierbei vor überzogenen Erwartungen. Dem Goldpreisausbruch im Jahr 2019 sei eine fünfjährige Konsolidierungsphase vorausgegangen. Auch vor dem Anstieg im Februar 2022 habe der Goldpreis nach dem Rekord im August 2020 monatelang auf einem tieferen Niveau verharrt. So könnte es laut Ciana auch in den kommenden Wochen ablaufen: Auf eine stabile Seitwärtsrange könnte ein Ausbruch nach Norden folgen. Der Analyst steht mit dieser Vermutung beileibe nicht alleine da; so gab auch Goldman Sachs kürzlich ein Kursziel von sogar 2.500 US-Dollar bekannt.

Neben Gold ist Ciana ebenfalls positiv gestimmt für die Wertentwicklung von Silber. Ebenso wie Gold werde wohl auch Silber stärker performen als Kupfer, Anleihen und "vielleicht Öl", vermutet Ciana.

Bärenszenario: Gold bildet Doppel-Hoch und fällt anschließend

Doch trotz seines generellen Optimismus zeichnet der technische Analyst auch ein weniger günstiges Szenario. Tatsächlich könnte Gold auch ein Doppel-Top-Muster ausbilden mit zwei Hochs im August 2020 und März 2022. Ein solches Chartbild, wegen des Aussehens auch als "M-Formation" bezeichnet, spricht nach gängigen Ansichten der Charttechnik für einen starken Abwärtsdruck, da eine Widerstandslinie zweimal nicht überschritten werden konnte. Diese Gefahr stünde aber nur dann im Raum, wenn Gold in den kommenden Monaten unter die Marke von 1.840 US-Dollar rutsche, betont Ciana.

Gold als geeigneter Inflationsschutz? Eine historische Perspektive

Es ist in Marktkreisen freilich eine viel diskutierte Frage, ob Gold tatsächlich als geeigneter Inflationsschutz angesehen werden kann. Es gibt einige Börsianer, die äußerst skeptisch über Gold als Anlageinstrument urteilen. Der bekannteste unter diesen Gold-Ablehnern dürfte Warren Buffett sein. Die Börsenlegende aus Omaha bezeichnete Gold mehrfach als "unproduktiv" und bevorzugt deshalb Investitionen in Mehrwert schaffende Unternehmen. Auch der Finanzautor Christian Thiel lehnt ein Gold-Investment angesichts der schwachen historischen Performance ab: Zwischen 1914 und 2016 habe die Realrendite nur 1,16 Prozent pro Jahr betragen, schreibt Thiel in seinem Buch "Schatz, ich habe den Index geschlagen!".

Andere Investoren schätzen Gold dagegen sowohl aufgrund der vergleichsweise geringen Korrelation mit anderen Vermögenswerten als auch aufgrund der geringen Beeinflussung durch endogene Marktverwerfungen wie Bankenkrisen. Zudem wird oft die Funktion von Gold als "sicherer Hafen" gegen geopolitische Risiken betont. Gold könne niemals vollständig an Wert verlieren, so die Argumentation.

Jared Blikre zeichnet im täglichen Newsletter von "Yahoo Finance" ein differenzierteres Bild, wofür er den Dollar-Goldpreis mit dem Consumer Price Index (CPI) in den USA in Relation setzt. Der CPI gilt als der wichtigste Inflationsindikator und wird von Blikre somit als Messwert der Geldentwertung eingesetzt. Blikres Analyse dürfte eher enttäuschend für überzeugte Gold-Anleger sein. Tatsächlich liegt das inflationsbereinigte Rekordhoch von Gold schon mehr als vierzig Jahre zurück: In den 1970er Jahren stieg der Goldpreis rasant an; im Januar 1980 erreichte der kaufkraftadaptierte Wert von Gold den historisch höchsten Wert (Blikres Messwert beträgt hierbei 8,37). Erst 2011 stieß der Goldpreis wieder in solche Gefilde vor, konnte aber kein neues inflationsbereinigtes Rekordhoch aufstellen. Derzeit bewegt sich dieser Kaufkraftmesswert bei etwa 6,7 - also auf einem geringeren Niveau als noch 1980. Mit anderen Worten: Ein Anleger, der zum Hochpunkt 1980 in Gold investiert hätte, verfügt mit diesem Investment nun über weniger Kaufkraft als noch vor 42 Jahren - eine ernüchternde Perspektive.

Doch Blikre stellt auch eine positive Lesart seiner Statistik vor: Der kaufkraftbereinigte Goldpreis scheiterte 2011 am Widerstand von 1980, ebenfalls war dies im Sommer 2020 sowie auch in diesem Frühjahr der Fall. Falls Gold diese jahrzehntealte Widerstandslinie überschreiten könnte, könnte dies eine jahrelange Steigerung mit sich bringen, so Blikre. Überdies betonen viele Vermögensverwalter häufig auch die psychologische Komponente des Gold-Investments, das für viele Anleger eine beruhigende Wirkung habe.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Sebastian Duda / Shutterstock.com, Julian Mezger

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