Milliarden-Orders bei Waffenherstellern: Wer die Gewinne macht
Konflikte wie der am Persischen Golf sorgen für volle Auftragsbücher bei Waffenherstellern. Die Nachfrage heizt die Rivalitäten zwischen den Konzernen an.
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von Dirk Peter, €uro am Sonntag
Ein Angriff mit Drohnen und Marschflugkörpern auf die größte Ölraffinerie in Saudi- Arabien legte unlängst die halbe Erdölproduktion des Landes lahm. Der Vorfall heizte die ohnehin schon angespannte Lage in der Golfregion weiter an. Die Konfliktparteien Iran und Saudi-Arabien rüsten seit Jahren beständig auf, Anrainerstaaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar investieren ebenfalls Milliarden in Rüstung. Zu Beginn des Jahres übergab Frankreich die ersten von insgesamt 36 Rafale-Kampfjets an die katarischen Luftstreitkräfte.
Iran wiederum bezieht seine Waffentechnik vor allem aus Russland. Der Rüstungskonzern Almaz Antey lieferte dem Regime das Luftabwehrsystem S-300, mit dem Mitte Juli eine US-Aufklärungsdrohne über dem Persischen Golf abgeschossen wurde. Der Konflikt in der Region ist nur eine von vielen Auseinandersetzungen rund um den Erdball - wenn auch für westliche Industriestaaten wegen der Auswirkungen auf den Ölpreis eine der heikelsten.
Wegen zahlreicher Krisenherde klettern die Ausgaben für Sicherheit und Militär rund um den Erdball in die Höhe. 2018 stiegen die Ausgaben für militärische Zwecke nach Angaben des Internationalen Friedensforschungsinstituts in Stockholm SIPRI weltweit auf rund 1,822 Billionen US-Dollar.
Rüstungsmacht USA
Allein die USA gaben letztes Jahr 649 Milliarden Dollar für Rüstungsgüter aus, das entspricht 3,2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts - Tendenz steigend. Die USA haben nicht nur das weltweit größte Rüstungsbudget, Amerikanische Unternehmen sind auch die größten der Branche. Und sie bauen ihre Dominanz weiter aus. Jüngster Deal: Rüstungsriese Raytheon fusioniert mit dem Mischkonzern United Technologies zu einem der größten Rüstungs- und Luftfahrtunternehmen weltweit. Raytheon zählt zu den führenden Herstellern von Lenkwaffen und Radarsystemen. United Technologies hat mit seiner Triebwerkssparte Pratt & Whitney einen der bedeutendsten Hersteller von Flugzeugmotoren im Portfolio.
"Die Kombination von United Technologies und Raytheon wird die Zukunft von Luftfahrt und Verteidigung bestimmen", sagt Greg Hayes, Chef von United Technologies. Er knüpft das Projekt an eine ehrgeizige Zielvorgabe: Das fusionierte Unternehmen soll den aktuellen Branchenprimus Lockheed Martin ablösen und zur neuen Nummer 1 der Waffenkonzerne aufsteigen.
United Technologies hatte zudem den Flugzeugtechnikproduzenten Rockwell Collins für 23 Milliarden Dollar erworben. Durch diesen Zukauf ist es dem Konzern künftig möglich, Flugzeuge selbst mit militärischen Funk- und Navigationssystemen auszurüsten, anstatt diesen Produktionsschritt an Fremdfirmen zu vergeben. Von Otis, dem weltgrößten Hersteller von Aufzügen, will man sich trennen. Auch die umsatzstarke Klimaanlagensparte Carrier soll veräußert werden. Was künftig zählt, ist allein das Rüstungsgeschäft.
Angriff auf Lockheed Martin
Die Fusion soll in Form eines Aktientauschs in der ersten Jahreshälfte 2020 abgewickelt werden. Raytheon-Aktionäre erhalten dabei gut 2,3 Aktien der neuen Raytheon Technologies Corporation je Anteilschein und werden damit rund 43 Prozent des künftigen Unternehmens halten. Die Aktionäre von United Technologies sind dann zu 57 Prozent beteiligt. Analysten schätzen den Umsatz der beiden noch eigenständigen Unternehmen 2019 zusammen auf 74 Milliarden Dollar.
Derzeit ist Lockheed Martin mit Hauptsitz in Bethesda im US-Bundesstaat Maryland mit über 50 Milliarden Umsatz der größte Rüstungslieferant weltweit. Auftraggeber Nummer 1 ist mit rund 80 Prozent des Volumens das Pentagon. Die jüngsten Orders umfassen etwa milliardenschwere Aufträge für den Bau der Kampfflugzeuge F-22 und F-35 für die US-Streitkräfte.
Die Kampfjets sind auch bei den Alliierten der Amerikaner sehr begehrt, Lockheed lieferte bereits an Großbritannien und Israel. Passende Lenkwaffen sowie komplexe elektronische Ausrüstung auch für die Jets gehören ebenfalls zum Sortiment.
Deutschland zögerlich
Während die USA steigende Budgets für ihre Verteidigung bereitstellen, forderte US-Präsident Donald Trump den NATO-Partner Deutschland wiederholt auf, seinen Bündnisverpflichtungen nachzukommen. Die Bereitschaft dazu ist in Berlin weniger groß. Statt mindestens zwei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP) eines Mitgliedsstaats für Verteidigungszwecke jährlich auszugeben, beschränkt sich Deutschland aktuell auf 1,36 Prozent des bundesdeutschen BIP.
Dennoch profitieren auch deutsche Unternehmen vom anhaltendem Branchenboom. Beispiel Rheinmetall: Die Düsseldorfer, die auch als Autozulieferer unterwegs sind, steigerten die Umsätze ihrer Defence-Sparte im zweiten Quartal um knapp neun Prozent zum Vorjahr, das operative Ergebnis wurde mehr als verdoppelt.
Rheinmetall gilt als einer der weltweit führenden Entwickler von Nahbereichs-Flugabwehrsystemen. Sie kommen bei der Drohnenabwehr und beim Objektschutz zum Einsatz. Zu den Käufern zählen viele asiatische Auftraggeber, darunter auch das Königlich Thailändische Heer. Zur Modernisierung der Patriot-Flugabwehr Deutschlands kooperiert Rheinmetall mit dem US-Riesen Raytheon.
Die Bundeswehr setzt darüber hinaus auf das Know-how der Düsseldorfer. Im Juli hatte Rheinmetall vom Bundesamt für Ausrüstung Aufträge rund um den Schützenpanzer Puma in einem Gesamtwert von etwa einer halben Milliarde Euro erhalten.
Nicht zuletzt wegen der weltweit steigenden Verteidigungsbudgets erhöhte Rheinmetall jüngst die Prognose für den Rüstungsbereich im laufenden Geschäftsjahr 2019.
Investor-Info
Raytheon
Hightech-Entwickler
Das Unternehmen gilt als einer der weltweit führenden Entwickler für Lenkwaffen sowie elektronische Sensor- und Führungssysteme. Im Jahr 2018 setzte Raytheon mit seinen Rüstungsprodukten rund 27 Milliarden Dollar um. Die Fusion mit United Technologies könnte die Amerikaner zum neuen Marktführer aufsteigen lassen. Analysten rechnen mit einem Gewinnwachstum im laufenden Jahr von rund 15 Prozent. Vor allem der Deal mit United Tech bringt Fantasie.
Lockheed Martin
Die Nummer 1
Die globale Nummer 1 ist bestens im Geschäft: Die US-Regierung genehmigte soeben einen milliardenschweren Verkauf von Kampfjets an Polen. Überdies wurde bekannt, dass die NASA den Amerikanern einen Auftrag zum Bau von drei Raumkapseln über 4,6 Milliarden Dollar erteilte. Der Konzern ist dank seiner hervorragenden Beziehungen zum Pentagon gut abgesichert. Solide Dividendenrendite. Für konservative Anleger.
Rheinmetall
Bundeswehr-Ausrüster
Das operative Ergebnis stieg im ersten Halbjahr dank der Rüstungssparte, die knapp die Hälfte des Umsatzes liefert, um 5,8 Prozent auf 163 Millionen Euro an. Defence verdoppelte den operativen Gewinn auf über 69 Millionen Euro. Die Margenprognose für 2019 wurde von 8,5 auf neun Prozent erhöht. Das Konzernmargenziel von acht Prozent wurde bestätigt. Ein Hackerangriff legte soeben Teile der Autoteileproduktion in Nord- und Südamerika lahm. Unklar ist noch, wie hoch die Belastungen sind. Langfristig attraktiv.
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Bildquellen: Tyler McKay / Shutterstock.com, Lockheed Martin
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