Nun könnte die italienische Notenbank ihre Unabhängigkeit verlieren
Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone steckt noch immer tief in der Rezession. Das bringt die aktuelle Regierungskoalition der populistischen Parteien auf eine kuriose Idee, die der Europäischen Zentralbank überhaupt nicht gefallen dürfte.
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Mit einer Goldreserve in Höhe von 2.451,8 Tonnen besitzt Italien nach den USA (8.133,5 Tonnen) und Deutschland (3.369,7 Tonnen) den drittgrößten Goldvorrat der Welt. Laut Banca d’Italia belief sich der Gegenwert des italienischen Goldes im Februar 2019 auf rund 92 Milliarden Euro. Mit 1.100 Tonnen Gold befinden sich gegenwärtig rund 44 Prozent des verfügbaren Edelmetalls in den Tresoren der italienischen Notenbank, weitere 43 Prozent lagern in den USA. Mit jeweils sechs Prozent befindet sich auch eine nicht unerhebliche Menge des Goldes in Großbritannien und in der Schweiz.
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Die kuriose Idee der italienischen Regierung
Dieser Umstand brachte das 65. Kabinett der Italienischen Republik, welches sich aus der populistischen Koalition zwischen der EU-skeptischen Fünf-Sterne Bewegung, unter der Leitung von Luigi Di Maio, und der rechtspopulistischen Lega Nord, unter der Führung von Matteo Salvini, zusammensetzt, auf eine außergewöhnliche Idee.
Die populistische Koalition spielt offen mit dem Gedanken, die italienischen Goldreserven zu verkaufen, um das Haushaltsdefizit des hochverschuldeten Landes auszugleichen. Da in Rom gegenwärtig sogar schon ein Gesetzentwurf im Umlauf ist, welcher ein solches Vorhaben unterstützen könnte, ist nun die Unabhängigkeit der italienischen Notenbank in Gefahr. Denn als eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist sie zum einen nicht nur von der Regierung unabhängig, sie hat zum anderen auch kein Mandat für die Staatsfinanzierung.
"Das Gold gehört den Italienern"
Diese geltenden Rahmenbedingungen, der Banca d’Italia, stellen die italienischen Politiker nun offen in Frage. "Die Banca d’Italia und die Börsenaufsicht Consob gehören abgeschafft", sagt Matteo Salvini, der Parteivorsitzende der Lega Nord, schon im Februar am Rande eines Auftritts.
"In Italien gibt es selbst Gesetzte, die den Verkauf von Brötchen beim Metzger regeln, aber es fehlt eine Gesetzesnorm, die klar sagt, wem die Goldreserven gehören", so der Lega-Politiker Claudio Borghi in einem Interview. Nach der Meinung des Rechtspopulisten ist es jedoch klar, wem die Goldreserven zustehen: "Das Gold gehört den Italienern". Nach der Einschätzung des Politikers muss der Staat nun selbst eingreifen, um der "Anomalie des Goldes, das von der Notenbank gehalten und verwaltet, aber nicht besessen wird, ein Ende zu machen."
Claudio Borghi und die "Anomalie des Goldes"
Der von Claudio Borghi stammende Gesetzentwurf, welcher der angeblichen "Anomalie des Goldes" ein Ende bereiten soll, sieht vor, dass das Besitzrecht des Staates an den Goldreserven eindeutiger geregelt werden muss. In seinem Entwurf heißt es: "Das zweite Komma von Artikel 4 des Gesetztes zur Währung, siehe Dekret des Präsidenten vom 31.3.1988, Nr. 148, wird interpretiert in dem Sinn, dass die Bance d’Italia die Goldreserven verwaltet und hält, als exklusives Depot, und dass das Eigentumsrecht des italienischen Staats […] unbeschadet bestehen bleibt."
Draghi zeigt der Regierung die Grenzen auf
Derartige Entwicklungen rufen natürlich auch den Italiener und Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, auf den Plan. "Die EZB hat Operationen mit den Fremdwährungsreserven bei den nationalen Notenbanken und der Devisenbilanz der Mitgliedsstaaten oberhalb eines bestimmten Schwellenwertes zu genehmigen", so Draghi in einem Brief an zwei italienische EU-Parlamentarier. Des Weiteren wehrte sich auch der Chef der italienischen Notenbank gegen die Anfeindungen aus der Politik und sagte: "Die Banca d’Italia ist ein Institut des öffentlichen Rechts, das die Funktion erfüllt, die von italienischen und europäischen Gesetzen vorgeschrieben sind."
Beschämender Tabubruch
Selbst wenn der diskussionswürdige Gesetzentwurf von Claudio Borghi in geltendes Recht umgewandelt wird, kann sich die Regierung nicht einfach an den Goldreserven des Landes bedienen. Dennoch zeigt der Vorstoß der italienischen Politiker eine gefährliche Entwicklung, da die Unabhängigkeit der italischen Notenbank offen in Frage gestellt wird.
Anfeindungen von Regierungen und Regierungschefs gegenüber den unabhängigen Notenbanken und der vorherrschenden Geldpolitik sind jedoch kein Novum. In der Vergangenheit plädierten führende Politiker schon des Öfteren für einen Kurswechsel der eigenen Notenbank. Die jüngsten Beispiele hierfür sind die Aufforderungen des türkischen Staatspräsidenten und des amerikanischen Präsidenten zur Herabsetzung des jeweiligen Leitzinses.
Pierre Bonnet / finanzen.net
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