Japan: Wie schlimm kommt es noch?
Japan zwischen Hoffen und Bangen: Kommt nach den Naturkatastrophen nun auch ...
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... noch ein nuklearer GAU hinzu? Derzeit sieht es sehr danach aus, als wäre die Situation außer Kontrolle. Eine Kernschmelze in einem oder mehreren Reaktoren ist eine äußerst bedrohliche Situation. Aufgrund der Wetterlage könnte sogar die 13-Millionen-Metropole Tokio radioaktiv verseucht werden. Doch auch wenn dies, was sehr zu hoffen ist, nicht geschieht, der Wiederaufbau wird durch den Austritt der Radioaktivität an den Kernkraftwerken stark behindert.
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Die japanische Volkswirtschaft zeigte vor dem Erdbeben von Sendai positive Wachstumsimpulse, die durch die Katastrophe nun wohl unterbrochen werden. Die Erfahrungen des Kobe-Erdbebens 1995 zeigen allerdings, dass die Konjunktur solche Tiefschläge schnell wegstecken kann. Kobe ist einer der wichtigsten Häfen Japans, in der Stadt gab und gibt es viel Industrie. Trotzdem wurde das Wirtschaftswachstum damals kaum gebremst. Allerdings gibt es einen großen Unterschied zu den Ereignissen von 1995. Heute kann zum aktuellen Zeitpunkt noch niemand sagen, welche Folgen die nuklearen Fallouts haben, zu denen es bislang offenbar schon gekommen ist. Im schlimmsten Fall wären ganze Landstriche nicht mehr bewohnbar wie in Tschernobyl.
... oder dauerhafte Wachstumsbremse?
Nicht nur die Anwohner müssten dann umgesiedelt werden, auch ganze Industrie- und Bürokomplexe müssten in diesem Fall umziehen. Bliebe die Verseuchung auf die Gegend um die Kernkraftwerke beschränkt, dann wäre nach meiner Meinung keine dauerhafte Wachstumsbremse zu erwarten, weil der betroffene Landstrich wirtschaftlich zu den unbedeutendsten, von Landwirtschaft geprägten Regionen Japans zählt. Das hochindustrialisierte Kobe jedoch trug damals 14 Prozent zum BIP bei – ungleich mehr als die Region Sendai. Eine zeitlich begrenzte schwächere Konjunkturphase wäre jedoch sehr wohl möglich. Der gesamte Wiederaufbau, ob an alter Stelle oder woanders, wäre ein gigantisches Konjunkturprogramm. Ganz anders sieht es aber aus, wenn auch der Großraum Tokio verseucht wird. Ob und inwieweit in diesem Fall eine Dekontaminierung möglich ist, ist derzeit überhaupt nicht einzuschätzen.
Gigantische Investitionen nötig
Ob allerdings nach dieser Katastrophe eine Rückkehr zum Status Quo möglich ist, bezweifle ich. Auch in Japan dürfte eine Diskussion über die Atomkraft einsetzen, die zu grundlegenden Umwälzungen im Energiesektor führen könnte. Mit 55 Atomkraftwerken ist Japan einer der größten Nutzer dieser Energieform. Es wären gewaltige Anstrengungen nötig, um die Abhängigkeit vom Atomstrom zu verringern. Das alles kostet natürlich erst einmal Geld, viel Geld. Der Wiederaufbau der Infrastruktur, der privaten und gewerblichen Immobilien, der Umbau der Energiewirtschaft wird Unsummen verschlingen. Wie schon 1995 nach dem Erdbeben von Kobe wird ein beachtlicher Teil der Kosten durch die Versicherungen getragen werden. Damals wurden umgerechnet fast 100 Milliarden Euro zurück nach Japan geholt, um die Schäden decken zu können.
Yen vor Repatriierungswelle
Am Devisenmarkt, wo sich die Ereignisse der letzten Tage bislang noch nicht so stark wie beispielsweise am Aktienmarkt bemerkbar gemacht haben, wird die Repatriierung japanischer Anlagegelder aus dem Ausland Spuren hinterlassen. Es ist mit einer massiven Aufwertung des Yen zu rechnen. 1995 kam es innerhalb weniger Monate zu einer Aufwertung von über 20 Prozent gegenüber dem US-Dollar. Obwohl USD/JPY schon auf einem historisch niedrigen Niveau oberhalb der Marke von 80 JPY notiert, scheint daher mittelfristig ein weiterer Rückgang des Yen unvermeidbar. Vorerst hat die Bank of Japan die Aufwertung des Yens jedoch gestoppt, da sie in einer Notsitzung das Fluten der Märkte mit Liquidität beschlossen hat.
Fazit:
Trotz nach wie vor vieler Unsicherheiten ist eines klar: Der Wiederaufbau in Japan wird viel Geld kosten, das auch aus dem Ausland kommen wird. Das dürfte eine Aufwertung des Yens bedeuten.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.