Interview

Mr. DAX: Raus aus Anleihen und Währungen, rein in Aktien und Rohstoffe

07.12.10 13:30 Uhr

Finanzen.net hat Dirk Müller, auch als Mr. DAX bekannt, interviewt: Müller erwartet im neuen Jahr starken Gegenwind aus den USA. Für eine Hausse spreche die Flucht der Anleger aus Währungen und Anleihen.

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Aktien

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31,11 EUR 0,30 EUR 0,97%

177,52 EUR 1,30 EUR 0,74%

Rohstoffe

2.710,50 USD 40,79 USD 1,53%

Devisen

1,0418 USD -0,0059 USD -0,56%

Indizes

1.663,7 PKT 16,8 PKT 1,02%

19.322,6 PKT 176,4 PKT 0,92%

182,3 PKT 2,5 PKT 1,41%

44.185,9 PKT 315,6 PKT 0,72%

497,3 PKT 3,9 PKT 0,78%

4.789,1 PKT 33,3 PKT 0,70%

1.011,7 PKT 13,3 PKT 1,33%

8.262,1 PKT 112,8 PKT 1,38%

10.150,8 PKT 95,2 PKT 0,95%

26.180,2 PKT 311,9 PKT 1,21%

20.749,3 PKT 8,5 PKT 0,04%

18.984,1 PKT 11,7 PKT 0,06%

7.466,2 PKT -56,8 PKT -0,75%

16.867,5 PKT -62,0 PKT -0,37%

7.526,0 PKT 69,1 PKT 0,93%

2.865,2 PKT 0,8 PKT 0,03%

5.961,7 PKT 13,0 PKT 0,22%

25.390,7 PKT 354,2 PKT 1,41%

13.301,7 PKT 54,9 PKT 0,41%

11.716,5 PKT 124,9 PKT 1,08%

4.316,5 PKT 50,8 PKT 1,19%

3.370,0 PKT 41,0 PKT 1,23%

von Benjamin Summa

Herr Müller, vor knapp einem Jahr haben Sie im finanzen.net-Interview vor dem Einstieg in Aktien gewarnt – denn sie hielten eine deutliche Korrektur und eine nachhaltige Hausse für gleich wahrscheinlich. Wie bewerten Sie die Lage im Dezember 2010?

Im vergangenen Jahr musste man tatsächlich jederzeit mit zwei Szenarien rechnen: Es bestand wegen der Finanzkrise immer die Gefahr großer Rückschläge – auf der anderen Seite sahen wir eine hervorragende Bilanzsaison, zudem wurde enorm viel Liquidität in die Märkte gepumpt, so dass es auch zu dieser Hausse kommen konnte, die wir in den vergangenen Monaten gesehen haben. Meiner Meinung nach sind wir momentan aber in derselben unsicheren Phase wie zum Jahresende 2009: Es spricht vieles für Aktien, weil die Anleger aus Währungen und Anleihen flüchten und ihr Glück in realen Werten suchen. Auf der anderen Seite besteht aber auch die Gefahr, dass einige Staaten aufgrund der immensen Sparpakete unserer Nachbarn in die Rezession zurückfallen.

Die positiven Wirtschaftsdaten sind mittlerweile bereits stark in die Kurse eingepreist, das Angstbarometer der deutschen Börse, der VDax, ist zuletzt auf ein Mehrwochenhoch gestiegen. Welche Risiken machen Sie für den deutschen Aktienmarkt im neuen Jahr konkret aus?

Der DAX zeigt derzeit eine extreme Outperformance gegenüber allen anderen Leitindizes weltweit. Das hat zwei Gründe: Zum einen läuft die deutsche Industrie wesentlich besser als die anderer Nationen, auf der anderen Seite sind wir vor zwei Jahren aufgrund unserer Exportabhängigkeit aber auch sehr viel stärker eingebrochen als die meisten Nachbarn, wir haben also einen entsprechenden Basiseffekt. Momentan profitieren wir im Aufschwung wieder von unserer Exportstärke und natürlich auch von den mehr als 33 Billionen Euro, die weltweit als finanzielle Maßnahmen zur Verfügung gestellt worden sind, um die Wirtschafts-Krise zu überwinden.

Zum Anderen sehen wir große Umschichtungen aus den anderen Eurostaaten nach Deutschland, weil viele Investoren einem möglichen Auseinanderbrechen des Euro begegnen wollen und ihre Euroinvestitionen dann lieber in Deutschland als in Griechenland sehen.

Jetzt kommt das aber: Die Konjunkturpakete laufen in den kommenden Monaten aus, zudem schnüren alle unsere wichtigen Handelspartner in Spanien, Italien, Großbritannien und Frankreich derzeit Sparpakete in Milliardenhöhe. Diese werden uns in den kommenden 24 Monaten sicherlich ähnlich stark treffen, wie wir im vergangenen Jahr von der expansiven Geldpolitik profitiert haben. Am Aktienmarkt wird dies nicht spurlos vorbeigehen.

Von China hängt das Glück der Welt ab
Im weltweiten Maßstab könnten die Gefahren für die Aktienmärkte erwachsen aus neuen Problemen für die Banken und natürlich auch aus möglichen Staatspleiten in Europa. Eine sehr reale Gefahr hat meiner Meinung nach mit amerikanischen Investments in China zu tun: Die Amerikaner blasen dort momentan unglaublich geschickt eine riesige Blase auf, indem sie viele hundert US-Rettungsmilliarden nicht der eigenen Bevölkerung zur Verfügung stellen, sondern den Großbanken, die diese Liquidität per Currency Carry Trade (CCT) nach China transferieren. Das ist zum einen eine schwierige Situation für die Chinesen, weil dort in der Folge die Inflation durch die Decke geht und sich viele im Land die Lebensmittel schon jetzt nicht mehr leisten können. Noch problematischer wird es, wenn die US-Amerikaner dieses Kapital wegen eines möglichen Abschreibungsdrucks im eigenen Land wieder repatriieren (Rückholung aus dem Ausland) müssen. Dies ist bereits vor zwei Jahren passiert. Die Konsequenz war, dass der chinesische Aktienmarkt bis zum Tag vor Lehman um über 40 Prozent und der amerikanische um 18 Prozent eingebrochen sind. Wir professionellen Marktbeobachter sehen es tatsächlich derzeit so, dass von China das Glück der Welt abhängt.

Und welche Gründe könnten Ihrer Meinung nach für steigende Kurse sprechen?

Ich habe es bereits angesprochen: Für die Aktie spricht tatsächlich die Flucht aus dem Geld und den Anleihen, rein in reale Werte wie Aktien, Rohstoffe und Edelmetalle – und natürlich auch die hohen Dividenden, die für das kommende Frühjahr vorgesehen sind. Bei RWE und der Deutschen Telekom können sich die Anleger über sechs bis sieben Prozent Dividendenrendite freuen. Diesen Titeln traut man derzeit mehr als Staatsanleihen. Alle Langzeitstudien zeigen, dass es langfristig sinnvoll ist, in dividendenstarke Titel zu investieren. Es gibt weitere gute Unternehmen wie Coca Cola, Siemens, Telekom, RWE und Eon. Diese Unternehmen haben einen hervorragenden Cashflow und sie verdienen auch in schwierigen Zeiten Geld am Markt.

Allerdings sollte man sich auch immer vor realistischen Kurseinbrüchen wirksam schützen, beispielsweise durch Verkaufsoptionsscheine mit einer einjährigen Laufzeit. Das kostet zwar ein paar Prozent der Rendite, dafür hat man aber sein Depot gegen Feuer versichert.

Erwarten Sie aus den USA im neuen Jahr eher Gegen- oder Rückenwind für den deutschen Aktienmarkt?

Die Nachrichten aus den USA sind meiner Meinung katastrophal. Die Arbeitsmarktzahlen sind schlichtweg ein Horror. Wenn man sich die erweiterte Arbeitslosen-Statistik anschaut, dann kommt man auf eine Arbeitslosen-Quote von knapp 20 Prozent. Auch die US-Immobilienmärkte sind weiterhin im freien Fall – und das schon auf extrem niedrigem Niveau. Solange die US-Bürger nicht saniert sind - und das kann nur passieren, indem man ihnen einen Großteil ihrer Immobilienschulden erlässt -, sind sie nicht in der Lage Kredite aufzunehmen und zu konsumieren. Viele US-Großbanken haben die Zwangsversteigerungen bereits eingestellt, weil sie aufgrund der vielen undurchsichtigen Verbriefungen gar nicht mehr genau sagen können, wer noch Ansprüche gegen die privaten Hypothekenbesitzer hat. Die Konsequenz wird sein, dass den US-Bürgern über Fanny und Freddy ein Teil der Hypotheken erlassen wird.

Also starker Gegenwind aus den USA.

Die deutschen Nebenwerte hängen in der aktuellen Aufschwungphase den DAX deutlich ab. Kleine Firmen sind Spezialisten - boomt die Wirtschaft, sind ihre Produkte gefragt – entsprechend gut performen dann die Aktien dieser Firmen. Welche Prognosen wagen Sie in Bezug auf Small-Caps?

Das stimmt. Nebenwerte sind besonders starken Schwankungen unterworfen. In der Aufschwungphase sind sie schnell – auch aufgrund ihrer niedrigeren Markkapitalisierung – auf dem Weg nach oben mit dabei. Man darf aber nie vergessen, dass sie natürlich auch wesentlich stärker die Korrekturen mitmachen. Hier sollte man sich auf langfristig stabile Unternehmen konzentrieren. Wichtig ist es, beim Engagement in Nebenwerten auf das richtige Verhältnis zu den Basisinvestments zu achten. Small-Caps können immer nur eine kleine Beimischung sein, um etwas mehr Dynamik ins Depot zu bringen.

Sie haben es erwähnt: Die Rentenanleger haben momentan nicht viel Grund zur Freude. Trotz der Irland-Hilfe aus dem Stabilisierungsfonds von EU und IWF fallen die Anleihekurse derzeit – nicht nur in den Krisenländern Irland, Portugal und Spanien, sondern auch in Deutschland. Welches Szenario erwarten Sie an der Rentenfront?

Finger weg vom Rentenmarkt! Die Preise für solche Staatsanleihen, die noch eine halbwegs manierliche Bonität haben, sind momentan viel zu hoch. Wir sehen gerade, dass auch die Risikoaufschläge für deutsche Bonds anziehen. Und wenn Renten unter Druck kommen, will auch niemand etwas von Unternehmensanleihen wissen.

Die wirtschaftliche Erholung wurde weltweit mit unglaublichen Summen erkauft. Bewerten Sie diese Politik im Nachhinein als uneingeschränkt richtig?

Wir hatten es mit unglaublichen Summen zu tun. Das hat viele Staaten an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit geführt, manche – siehe Griechenland – sogar darüber hinaus. Die Schulden wurden nur umgeschichtet, sie müssen auch weiterhin bedient werden. Am Ende müssen die Bürger über Steuern und höhere Kreditkosten die Zeche zahlen. Und die Konsequenz aus den Konjunkturpaketen sind in vielen Ländern dramatische Sparpakete – mit deutlichen Auswirkungen auf die gesellschaftliche Stabilität.

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