Robert Halver: "Der Aktien-Boom ist kein Strohfeuer"
Börsen-Experte Robert Halver sieht Fortschritte bei der Bewältigung der Eurokrise. Das Opfer, das hierfür erbracht werden müsse, heiße „starke Inflationierung“. Im Interview rät er zu Sachwerten wie Aktien und Edelmetallen.
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von Benjamin Summa
Die Ratingagenturen haben zuletzt Fortschritte bei der Bewältigung der Eurokrise gewürdigt. Auch Mario Draghi hat von einer „positiven Ansteckung“ in der Euro-Zone gesprochen. Er meint damit die sinkenden Renditen südeuropäischer Staatsanleihen, die die Kreditkosten der Länder auf ein erträglicheres Niveau gebracht haben. Wie ist Ihre Lesart: Zeit, Entwarnung zu geben oder ist das viel zu früh?
Robert Halver: Die Euro-Krise ist zwar vorhanden. Aber die EZB hat den Krisenvirus mit ihrem Breitband-Antibiotikum derart eingedämmt, dass er nicht mehr infektiös ist. Die Ratingagenturen haben damit ihr Ziel erreicht, dass die EU ihre Bundesbank-orientierte Stabilitätspolitik aufgibt. Wir machen es wie Japan und die USA, die die Notenbank als ultimatives Rettungsinstrument einsetzen. Auch die strukturellen Probleme der Euroländer, wie die immense Überschuldung und Reformmüdigkeit, werden durch geldpolitische Völlerei sozusagen unsichtbar gemacht. Die Stärke des Euros unterstreicht mehr als deutlich den Erfolg der geldpolitischen Rettung der Eurozone.
Die Inflation wird dann weiter zunehmen…
Ja, es wird ganz klar auf Inflationierung gesetzt, weil man wie in den USA glaubt, dass hierdurch die Staatsverschuldung beherrschbar wird. Der Dumme ist natürlich der Sparer – der verliert täglich an Altersvorsorge aufgrund der negativen Realverzinsung von Staatsanleihen.
Bemerken Sie denn, dass sich das Marktvertrauen angesichts positiver Signale von der Eurofront signifikant verbessert hat?
Anfang 2012 hat sich zuerst starke Ernüchterung breit gemacht, da die meisten Börsianer glaubten, die Eurokrise sei nicht beherrschbar. Teilweise wurde sogar der Euro-Kollaps an den Finanzmärkten eingepreist. Der Drang in Staatspapiere von stabilen Ländern war insofern ein gern verwendetes Argument von Vermögensverwaltern. Doch dann in der zweiten Jahreshälfte wurden die Finanzsysteme von einer nicht mehr unabhängigen Geldpolitik künstlich befruchtet, also mit an sich instabilen Instrumenten stabilisiert. Meiner Meinung nach müssen wir uns mental grundsätzlich damit abfinden, dass eine neue Zeitrechnung begonnen hat und dass die Kapitalmärkte eine "terra incognita" betreten haben: Die alte Stabilitätswelt ist komplett verschwunden, so sehr Politiker in ihren Sonntagsreden auch darauf verweisen mögen. Das zeigt sich aktuell an den Risikoprämien: In den südlichen Euro-Ländern sinken die Risikoprämien von Staatsanleihen zu deutschen, obwohl sie ihre Sparziele verfehlen und ihre Reformaktivitäten mit unserer erfolgreichen Agenda 2010-Politik sehr wenig gemeinsam haben. Aber gegenüber der krisenheilenden Allmacht der Notenbanken müssen die Finanzmarktspekulanten klein beigeben, um keine Verluste zu erleiden. Man spielt nicht erfolgreich Poker gegen EZB & Co. Und Vermögensverwalter werden schon aus Renditegesichtspunkten an dieser „schönen, neuen Anlegerwelt“ nicht vorbeikommen.
In der vergangenen Woche ist so viel Geld in die Aktienmärkte geflossen wie seit fünf Jahren nicht mehr. Wird dieser Trend Ihrer Meinung nach anhalten?
Das ist ein nachhaltiger Trend, kein Strohfeuer. Wir haben erlebt, dass Italien und Spanien um jeden Preis vor einem Kollaps bewahrt werden. Und wenn das Risiko eines Totalausfalls nicht mehr da ist, dann gibt es auch immer weniger Gründe gegen einen Einstieg in diese Aktienmärkte, die ja zumindest in punkto ihrer Substanz- und Dividendenunternehmen interessant sind. Denn jeder dieser Titel ist besser geführt als der jeweilige Staatshaushalt.
Wie bewerten Sie den Aktienmarkt grundsätzlich in diesem Jahr: Was bringt Rückenwind, wo sehen Sie Gefahren für die Aktienkurse?
Der Aktienmarkt nutzt weiterhin die Kraft der drei Herzen: Die massive geldpolitische Unterstützung, eine konjunkturelle Stabilisierung und insbesondere die Wahrnehmung der Anleger, dass selbst bei instabilen finanzpolitischen Verhältnissen in Euroland ein Rückzug aus dem Aktienmarkt aus Renditesicht nicht sinnvoll ist. Denn Mutter Natur, also die Notenbanken, haben die Rettung der Finanzmärkte zu ihrer Chefsache erklärt. Insofern müssen vor allem die Vermögensverwalter Türen und Fenster aufmachen, um frische Luft zur Inflationsbekämpfung reinzulassen – also kaufen sie Substanzwerte mit starker Dividende. Diese sind zu einer starken Konkurrenz zu renditeschwachen Staatsanleihen geworden. Besonders interessant sind hier Konsumtitel – da das internationale Markenbewusstsein und die Massenkaufkraft zunimmt – und Energieaktien. Mit Blick auf eine weltkonjunkturelle Festigung kommen auch typische Industriebranchen in Frage, also die Chemie-Industrie, der Maschinenbau sowie die Automobilbranche, die sich ja auch stark im MDAX befinden, der den DAX im Trend weiter outperformt.
Sicherlich sind zwei Gefahren nicht von der Hand zu weisen. Erstens muss Amerika seinen Haushaltsstreit beenden. Eine Eskalation würde das positive Aktienbild beeinträchtigen. Ich erwarte aber, dass die amerikanischen Politiker nicht sehenden Auges die US-Volkswirtschaft an die Wand fahren werden. Ein sinnvoller Kompromiss, mit dem auch Republikaner leben könnten, wäre es, Teile der Neuverschuldung für die Reindustrialisierung Amerikas zu verwenden.
Und es ist zweitens zu hoffen, dass Silvio Berlusconi in möglichst keiner Funktion auf die politische Bühne Italiens zurückkommt. Ihm geht es nicht um Bella Italia oder die Eurozone, ihm geht es lediglich um Bello Silvio. Nie war ein Ruhestand wichtiger als für ihn.
Den weitaus größten Teil ihres liquiden Anlagevermögens haben die Deutschen noch immer in Geldwerte investiert. Hier wird aufgrund der negativen Realverzinsung sukzessive Kapital vernichtet. Sachwerte wie Aktien, Immobilien, Edelmetalle und Rohstoffe sind bei der Mehrzahl noch stark unterrepräsentiert. Sollten Anleger Ihrer Meinung nach in großem Stil umschichten?
Die Deutschen befolgen ziemlich zuverlässig die sogenannte "80/80"-Regel, also: 80 Prozent der Deutschen legen ihr Geld zu 80 Prozent in Zinsvermögen an. Das ist natürlich gefährlich wegen der Inflation, die ihr Vermögen wegen mangelnder Renditen verzehrt. Daher sollte man breit in Sachkapital aufgestellt sein, also in Aktien, Immobilien, Edelmetalle und Rohstoffe anlegen.
Welche Performance trauen Sie 2013 Gold und Silber zu?
Gold und Silber werden in diesem Jahr schwankungsanfälliger sein, denn sie haben einen Vorteil verloren: Die Eurozone wird wohl nicht zusammenbrechen. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass von Seiten der Politik und der Notenbanken dagegen alles getan wird. Dieses Argument ist also weggefallen. Es bleiben dennoch zwei sehr gewichtige Argumente für Edelmetalle: Zuerst die mangelnde Alternativrendite bei Staatspapieren. Bei negativen Realzinsen auf Zinsvermögen verzichtet der Anleger bei Edelmetallen auf keine Alternativrendite. Zudem stellen wir fest, dass die Inflationierung stark vorangetrieben wird, da eine Kehrtwende der hochoffensiven Politik der Notenbanken so gut wie ausgeschlossen ist. Ich rate derzeit zu einem Edelmetall-Anteil von bis zu zehn Prozent des liquiden Anlagevermögens. Auch Minenaktien sind interessant: Die Minenunternehmen sind viel kosteneffizienter geworden, gelten als Übernahmekandidaten und zahlen teilweise sogar leichte Dividenden. Außerdem sind die Edelmetallminen deutlich unterbewertet – hier liegt definitiv Potenzial.
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