Geldanlage-Report Armin Brack

Solar-Aktien: Große Risiken und Riesenchancen!

12.10.11 13:02 Uhr

Solar-Aktien: Große Risiken und Riesenchancen! | finanzen.net

Die Kursverluste bei Solar-Aktien weltweit weiten sich in den letzten Wochen dramatisch aus.

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Durch die Bank werden quasi alle Papiere abverkauft, egal ob Modulhersteller, Equipment-Spezialisten oder Projektierer.

In den letzten drei Handelstagen rebounden aber einige Werte, angeführt von den regelrecht abgeschlachteten China-Solars. Lesen Sie, wo Sie jetzt kaufen können und wovon Sie unbedingt die Finger lassen sollten...

Solar- und Wind-Aktien sind quasi die einzigen, die als Gruppe selbst die Finanzkrisen-Crashtiefs aus dem Frühjahr 2009 um Längen unterschritten haben. Bei den chinesischen Solar-Aktien kam der massive Vertrauensverlust für China-Aktien im Allgemeinen hinzu. Mehr dazu in den letzten Ausgaben.

Die Einbrüche führen zu der grotesken Situation, dass chinesische Solar-Aktien teilweise mit einem KGV auf Basis der Gewinne in den letzten vier Quartalen von unter eins (!) notiert werden (z.B. Jinko Solar). Hintergrund sind die derzeit vorherrschenden massiven Überkapazitäten in der Branche, die mit großer Wahrscheinlichkeit dafür sorgen werden, dass Yingli, Trina, Jinko und Co. alte Rekord-Bruttomargen von 25 Prozent und mehr auf Sicht von mehreren Jahren nicht mehr erreichen werden.

Der Markt preist die fallenden Gewinne bereits jetzt in den Kursen ein. Auf den ersten Blick erscheinen die weltweiten Überkapazitäten auch in der Tat dramatisch: Weltweiten Fertigungskapazitäten von 45 Gigawatt (GW) steht eine Nachfrage gegenüber, die nicht einmal die Hälfte dieses Werts beträgt. Fondsmanager wie Dr. Christoph Rathke vom Asian Solar & Wind Fonds (Fondsvolumen aktuell ca. 35 Millionen Euro) gehen davon aus, dass Fertigungskapazitäten von über 20 GW bei den derzeitigen Wafer-, Zell- und Modulpreisen nicht mehr konkurrenzfähig sind.

Bei weiteren zehn Gigawatt an Kapazitäten sind die Renditen so gering, dass die Unternehmen kaum ihre Kapitalkosten decken können. Betroffen sind Hersteller aus allen Teilen der Welt.

Das Fatale an der Situation: Die Solarbranche ist sehr materialintensiv und erfordert deshalb hohe Investitionen. Mit anderen Worten: Der Betrieb der Anlagen ist teuer. Operative Verluste fressen daher die Liquiditätsreserven der Unternehmen schnell auf. Weil sich in den Bilanzen durch die schnelle Expansion häufig die Verbindlichkeiten auftürmen kann die Lage schnell prekär werden.

Bei den Schwachen geht bereits der Pleitegeier um. Als erste hat es im August/September drei relativ bekannte US-Unternehmen erwischt. Evergreen, SpectraWatt und Solyndra mussten Schutz unter dem amerikanischen Insolvenzrecht suchen (Chapter 11).

In Deutschland gelten mit Conergy, Solon, Q-Cells und Solar Millennium ebenfalls einige ehemalige Solar-Highflyer als insolvenzgefährdet. Selbst die Aktie vom deutschen Branchenprimus Solarworld ist in den letzten 12 Monaten um sage und schreibe 65 Prozent abgestürzt.

Licht am Ende des Tunnels

Wer als Anleger in die erstgenannten Aktien investiert muss mit einem Totalverlust rechnen. Leider lassen sich viele von den optisch niedrigen Kursen in die Aktien locken. Davor kann ich nur warnen: Auch wenn Sie Q-Cells für 60 Cent kaufen können und Conergy für 25 Cent; melden die Firmen Insolvenz an, verlieren Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit trotzdem 100 Prozent ihres Einsatzes. Natürlich besteht eine geringe Chance, dass die Firmen überleben und dann könnten hohe Gewinne winken. Börse ist immer ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten.

Aber ganz ehrlich: Bevor ich Q-Cells oder Conergy kaufen würde, würde ich eher Lotto spielen, und ich hab bereits seit ungefähr 20 Jahren wegen der schlechten Gewinnchancen kein Lotto mehr gespielt.

Wenn Sie unbedingt eine deutsche Solar-Aktie kaufen möchten, dann gibt es für mich aktuell nur eine Wahl und die heißt Solarworld. Bereits das erfordert einen hohen Grad an Mut und Optimismus, denn auch das Reich von Solarkönig Frank Asbeck überziehen immer längere Schatten.

Die langfristigen Finanzverbindlichkeiten der Bonner liegen bei über einer Milliarde Euro. Die Nettoliquidität lag zum 30.06. bei minus 770 Millionen Euro. Gleichzeitig wurden im ersten Halbjahr auf Cash-Flow-Basis 175 Millionen Euro verbrannt. Dazu ist der hohe Buchwert (Eigenkapital wird mit über 900 Millionen Euro beziffert) trügerisch. Dieser besteht nämlich zu 500 Millionen Euro aus Vorräten und bei denen drohen durch den dramatischen Preisverfall bei Solarmodulen hohe Sonderabschreibungen.

Gut möglich, dass Solarworld deshalb unter dem Strich bereits in 2011 rote Zahlen schreiben muss. Kommt es nicht bald zu einer Erholung der Modulpreise könnte auch eine Kapitalerhöhung zu niedrigen Kurse erforderlich werden, die die Anteile der jetzigen Aktionäre verwässert. Die Produktionskosten von Solarworld liegen im Vergleich zur chinesischen Konkurrenz rund 30 Prozent höher. Das ist eine Menge Holz!

Dennoch hat die Aktie auf aktuellem Niveau einen gewissen Charme, denn zum einen hat Solarworld die besten Überlebenschancen unter den deutschen börsennotierten Solar AGs und könnte daher gestärkt aus der dramatischen Branchenkonsolidierung hervorgehen. Zum anderen sind die mittelfristigen Aussichten der Branche insgesamt deutlich besser als vielerorts angenommen wird.

Das hat folgende Gründe:

Die positive Seite des Preisverfalls

So sehr die Solarzellen/-modulhersteller unter dem Preisverfall auch leiden, für die Wettbewerbsfähigkeit der Branche sind die immer günstiger werdenden Solarmodule natürlich gute Nachrichten. Bei aktuellen chinesischen Modulpreisen von etwa einem US-Dollar je Kilowatt-Stunde ist Solarstrom voll konkurrenzfähig - ganz ohne Subventionen!

Rathke rechnet vor: Die kompletten Systemkosten für Solaranlagen in Süddeutschland könnten bei Verbauung von chinesischen Solarmodulen schon in 2012 auf 16 bis 18 Cent je Kilowatt-Stunde gedrückt werden. Deutsche Stromversorger verlangen inzwischen aber bis zu 24 Cent je Kilowattstunde. Auf einmal wäre dann der auf dem eigenen Dach gewonnene Strom günstiger.

Und das sogar im eher sonnenarmen Deutschland. Noch eindeutiger würde der Vergleich im sonnenreichen Italien zugunsten des Solarstroms ausfallen. Im Südwesten der USA (unter anderem Wüstenlandschaft) wären durch die optimale Sonneneinstrahlung und große Solarkraftwerke sogar Preise von zehn US-Cent darstellbar. Das wäre immerhin günstiger als der dort von Gaskraftwerken produzierte Spitzenlaststrom.

Der chinesische Solarmarkt als Heilsbringer

Speziell chinesische Anbieter haben noch einen weiteren Trumpf im Ärmel: den eigenen Binnenmarkt. Der chinesische Solarmarkt soll nämlich aktuellen Prognosen zufolge auch in 2012 um über 100 Prozent auf ein Volumen von dann 10 GW wachsen. Bereits in diesem Jahr wird eine Verdopplung der Nachfrage erwartet. Damit wird China bereits im kommenden Jahr Deutschland als größten Absatzmarkt überflügeln.

Das Wachstum in China sollte den schrumpfenden europäischen Markt mehr als ausgleichen. Auch in den USA laufen massive Förderprogramme, die die Nachfrage ankurbeln werden. Indien, Japan und kleinere asiatische Länder werden folgen.

Mit anderen Worten: Mitten in der Krise wird der Grundstein für einen neuen Solarboom gelegt. Zu den großen Gewinnern könnten dann die chinesischen Marktführer wie Trina Solar und Yingli werden.

Das Schöne für Neueinsteiger: Die chinesischen Solar-Aktien sind durch eine Verkettung von Ereignissen extrem abgestraft worden und haben teilweise noch stärker verloren als Solarworld und Co. Trina Solar beispielsweise ist von sechs Monaten von 32 US-Dollar im Hoch auf 5,28 US-Dollar im Tief abgestürzt. Yingli von 14 auf 2,75 US-Dollar.

Neben der brancheninternen Querelen und der Angst vor einem weltweit rückläufigen Wirtschaftswachstum oder gar einer neuen Rezession brachten der massive Vertrauensverlust der Anleger gegenüber China-Aktien und massive Shortattacken von Hedge Fonds die Kurse noch stärker unter Druck als ohnehin schon. Innerhalb der vier Wochen bis Anfang Oktober führte das zu einer regelrechten Kapitulation, in deren Rahmen sich Yingli und Co. nochmals halbiert haben.

Sie wissen: Ich bin kein Freund von Verschwörungstheorien bezüglich "bösen Leerverkäufern", die ein Unternehmen in Schwierigkeiten bringen können. Im Gegenteil glaube ich, dass "Shorties" eine wichtige Regulationsfunktion haben und dabei helfen, den Markt effizienter zu machen, in dem Betrügereien und Bilanzmanipulationen frühzeitig ausfindig gemacht werden.

Im Falle der chinesischen Solar-Aktien ist es aber zu ungesunden Exzessen gekommen. Teilweise sind hier die Short-Ratios so stark gestiegen, dass vor kurzem bei einigen Werten fast 50 Prozent der frei handelbaren Aktien (Freefloat) geshortet waren. Damit waren die Leerverkäufer wohl tatsächlich für einen Großteil der beschriebenen "temporären Kapitulation" bei den China-Solars verantwortlich.

Auch Analysten handelten wieder einmal prozyklisch und stuften die Aktien ab, nachdem diese ohnehin schon massiv gefallen waren. Den Vogel schoss dabei die Citigroup ab, die das Kursziel für Yingli von 8,50 auf einen US-Dollar(!) reduzierte.

In den letzten Handelstagen kam es dann offenbar zu massiven Shorteindeckungen. Der Kurs von Trina legte innerhalb von zwei Handelstagen in der Spitze über 60 Prozent zu. Anleger sollten sich die Trina und Yingli auf die Watchlist nehmen und im Falle kleinerer Kursschwächen spekulative Anfangspositionen aufbauen.

MEIN FAZIT:

- Die Konsolidierung in der Solarbranche kommt durch die kollabierenden Modulpreise noch schneller und heftiger als selbst von Pessimisten erwartet.

- Genau in dieser Krise liegen aber auch große Chancen, weil Solarstrom durch die sinkenden Modulpreise immer konkurrenzfähiger und damit unabhängig(er) von Subventionen wird.

- Zudem zeichnet sich ein neuer Nachfrageboom, ausgehend von China und den USA ab, der bereits in diesem Jahr wieder für ein stärkeres weltweites Wachstum der Branche gegenüber 2010 sorgen wird.

- Bei einer neuerlichen Kursschwäche ergeben sich damit interessante Einstiegschancen bei chinesischen Marktführern wie Trina und Yingli, sowie mit Einschränkungen auch bei Solarworld.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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