Draghi: EZB diskutierte über Beurteilung der Wachstumsrisiken
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat nach den Worten von Präsident Mario Draghi über eine geänderte Beurteilung der Wachstumsrisiken diskutiert, sich aber mehrheitlich dagegen entschieden.
"Wir hatten eine Diskussion über die Risikobalance im Hinblick auf das Wachstum - nicht im Hinblick auf die Inflation, das ist ein wichtiger Unterschied", sagte Draghi in der Pressekonferenz nach den turnusmäßigen geldpolitischen Beratungen auf eine entsprechende Frage.
Die Mehrheit des Rats sei der Ansicht gewesen, dass die besseren Daten eine geänderte Kommunikation in Bezug auf die Wachstumsrisiken nicht rechtfertigten. Bezüglich der Inflationsrisiken habe es keine Meinungsverschiedenheiten gegeben.
Wachstumsrisiken "bewegen sich in Richtung einer stärkeren Ausgewogenheit"
Damit hält die EZB trotz einer deutlich verbesserten Unternehmensstimmung an seiner Einschätzung fest, dass die Risiken für die im März veröffentlichten Wachstumsprognosen überwiegend abwärts gerichtet sind. "Die Risiken für den Wachstumsausblick des Euroraums bewegen sich in Richtung einer stärkeren Ausgewogenheit, sie sind aber weiterhin überwiegend abwärts gerichtet und haben vor allem mit globalen Faktoren zu tun", sagte EZB-Präsident Mario Draghi in seinen Einleitenden Bemerkungen.
Die Hoffnung mancher Beobachter, dass die EZB wegen eines besseren Wachstumsausblick vorsichtige Signale für eine Normalisierung ihrer Geldpolitik geben würde, haben sich damit nicht erfüllt. Laut den Projektionen vom 9. März rechnet der volkswirtschaftliche Stab der EZB damit, dass die Wirtschaft des Euroraums 2017 um 1,8 Prozent wachsen wird und 2018 um 1,7 Prozent. Im Jahr 2016 war die Wirtschaft um 1,7 Prozent gewachsen.
Draghi: Mehr Zuversicht für künftig stärkeres Wachstum
Wegen des deutlichen Anstiegs der Frühindikatoren rechnen manche Volkswirte mit einem stärkeren Wirtschaftswachstum. Im vierten Quartal 2016 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,4 Prozent gestiegen. EZB-Präsident Draghi blieb in diesem Punkt aber eher vage. "Die Daten, vor allem solche auf Umfragen basierende, stützen unsere Zuversicht, dass sich das Wirtschaftswachstum verstärken und verbreitern wird", sagte er.
Der aggregierte Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden und nicht-verarbeitenden Gewerbes war im ersten Quartal um über 3 Prozent gestiegen und der Index der Wirtschaftsstimmung um gut 1 Prozent. Die bisher veröffentlichten harten Konjunkturdaten halten mit dieser Dynamik allerdings nicht Schritt.
Zuvor hatte der EZB-Rat beschlossen, seine Geldpolitik unverändert zu lassen und auch an der Forward Guidance nichts zu ändern. Demgemäß blieb sowohl das Niveau der Leitzinsen als auch das Volumen und die Dauer der Anleiheankäufe unverändert. Zudem stellte der Rat für den Notfall eine weitere Zinssenkung sowie eine Ausweitung und/oder Aufstockung der Anleihekäufe in Aussicht.
Grundlegender Inflationsdruck weiter als schwach beurteilt
Draghi verwies in seinem Statement auf die Einschätzung des EZB-Rats, dass der grundlegende Inflationsdruck im Euroraum weiterhin niedrig sei und mittelfristig nur langsam zunehmen dürfte. Über kurzfristige Inflationsschwankungen werde der Rat hinwegsehen, solange sie keine Auswirkungen für den mittelfristigen Ausblick hätten.
Es sei weiterhin eine sehr starke geldpolitische Akkommodation notwendig, damit sich ein grundlegender Inflationsdruck aufbauen und die Gesamtinflation mittelfristig stützen könne, und zwar ohne unnötige Verzögerung, sagte Draghi.
FRANKFURT (Dow Jones)
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