Halvers Kapitalmarkt-Monitor Robert Halver

Ja, die Fed gibt es auch noch

21.03.25 11:34 Uhr

Ja, die Fed gibt es auch noch | finanzen.net

Trumps aggressive und wankelmütige Zollpolitik erschwert eine Prognose von Inflation und Wachstum.

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Vor diesem unsicheren Hintergrund belässt die Fed ihren Leitzins auf ihrer letzten Sitzung vorerst bei 4,5 Prozent. Die deutliche Drosselung ihres Liquiditätsabzugs verdeutlicht jedoch ihre Konjunktursorgen. Vor diesem Hintergrund erwarten ebenso die Finanzmärkte eine Fortsetzung des Zinssenkungszyklus spätestens ab Herbst.

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Preisrisiken werden bei der Fed nicht so heiß gegessen, wie sie von Trump gekocht werden

Mit einer US-Inflation, die sich hartnäckig über ihrem Zielwert von zwei Prozent hält, kann die Fed de facto seit Sommer 2024 keine Erfolge mehr bei der Inflationsbekämpfung vorweisen. Und das Risiko strukturell höherer Preissteigerungen nimmt zu. Aufgrund Trumps aggressiver Zoll-Politik sind die Inflationserwartungen der amerikanischen Verbraucher laut Umfragen der University of Michigan auf den höchsten Stand seit 1993 gesprungen.

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Tatsächlich zwingt Trumps Zoll-Politik die Mittelständler zu vorbeugenden Preisanhebungen, die sogar eher höher ausfallen, da sie nicht wissen, wie sie am Ende aussehen bzw. inwiefern sie Bestand haben. Das gilt umso mehr für US-Exporteure, für die sich wegen Vergeltungszöllen und Verbraucherboykotten im Ausland der Margendruck noch deutlicher verschärft. Hinzu kommt die von Washington eigenverschuldete US-Dollar-Schwäche, die importierte Inflation begünstigt.

Doch betont Fed-Chef Powell, dass es noch zu früh sei, die Auswirkungen der US-Importzölle auf die Teuerung zu beziffern. Den angehobenen Inflationsprojektionen der Fed (2025: 2,7 statt 2,5 Prozent: 2026: 2,2 statt 2,1 Prozent; 2027: 2,0 Prozent) nimmt er damit Schreck-Potenzial. Die Tür für weitere Zinssenkungen in diesem Jahr ist offen.

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Die Konjunktur hat bei der Fed "Prio Eins"

Grundsätzlich sind bei der Fed die Konjunktur- größer als die Inflationssorgen. Dafür sprechen die deutlichen Senkungen ihrer Wachstumsprojektionen (2025: 1,7 statt 2,1 Prozent: 2026: 1,8 statt 2,0 Prozent; 2027: 1,8 statt 1,9 Prozent).

Kein Wunder, denn von den im Wahlkampf versprochenen Steuersenkungen für Unternehmen sowie Deregulierungen ist bislang nichts zu erkennen. Trumps Prioritäten liegen eindeutig auf wirtschaftsfeindlichem Handelsprotektionismus. Auch die ungebremste Übereifrigkeit von Elon Musk bei Kürzungen im Staatshaushalt wirkt auf das empfindliche Pflänzchen Wirtschaftspsychologie wie der Turborasenmäher auf das Gänseblümchen.

Die insgesamt resultierende heftige Planungsunsicherheit zieht große Enttäuschung bei konjunktursensitiven US-Kleinunternehmen nach sich.

Dies bekommt ebenso die Stimmung am amerikanischen Arbeitsmarkt zu spüren, der ohnehin vom großflächigen Stellenabbau bei Staatsbediensteten betroffen ist. Laut Umfrage von Conference Board schätzen amerikanische Haushalte aktuell die Verfügbarkeit von Jobs - Corona ausgenommen - so schlecht ein wie 2017.

Nicht zuletzt haben sich die US-Konsumentenerwartungen über alle Alters- und Einkommensgruppen hinweg auf den niedrigsten Stand seit der Corona-Krise 2022 eingetrübt. Und im World Happiness Report 2025 nehmen die USA den schlechtesten Platz ein, seitdem es diese Umfrage (seit 2012) gibt.

Wie lange kann es also der US-Konjunktur gut gehen, wenn Verbraucher derart von Trumps goldenem Zeitalter verunsichert werden? Immerhin steuert der Konsum knapp 70 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei.

Die Fed muss wieder taubenhafter werden

Vor dem Hintergrund ihrer massiven Inflations-Fehleinschätzung nach Auslaufen von Corona ist Glaubwürdigkeit für die Fed ein hohes Gut. Das gilt auch hinsichtlich des Drucks von US-Präsident Trump, der die Fed regelmäßig zu Lockerungen drängt. Mit Blick auf die offensichtlichen Preisrisiken kann die Fed daher nicht unmittelbar mit neuen Zinssenkungen reagieren.

Aus dieser Zwickmühle befreit sie sich jedoch gekonnt, indem sie ab April den Abbau ihres Bestandes an US-Staatsanleihen von bislang 25 auf dann 5 Mrd. US-Dollar monatlich verlangsamt. Da sie also fällig werdende Anleihen nahezu vollständig wiederanlegt und so ihren Liquiditätsentzug faktisch beendet, wird sie wie "in den guten alten Zeiten" zum konjunkturfreundlichen "Zinsdrücker" bei Staatspapieren.

Im Trumpschen Status Quo wird der Druck auf die Fed im weiteren Jahresverlauf jedoch zunehmen, mehr für die US-Wirtschaft zu tun. Sie wird dann ihren Zinssenkungsprozess auch oberhalb von zwei Prozent liegenden Inflationsraten fortsetzen. Tatsächlich geht die Fed gemäß ihrer Zinsprojektionen (dem sog. "Dot Plot") für 2025 und 2026 unverändert von Zinssenkungen um jeweils 50 Basispunkten aus und bestätigt damit in etwa die Erwartungshaltung der Terminmärkte.

Marktlage - Wird das deutsche Fiskalpaket nur das teuerste Strohfeuer aller Zeiten?

Diese frohe geldpolitische Botschaft wirkt der Unsicherheit auch an den globalen Aktienmärkten entgegen. Positiv für die US-Börsenstimmung wirkt auch die Einigung zwischen Republikanern und Demokraten auf einen Übergangshaushalt, die eine drohende Schließung von Teilen der öffentlichen Verwaltung abwendet. So wird nicht noch mehr Sand in das amerikanische Wirtschaftsgetriebe gestreut.

Gegenüber US-Tech-Werten hält die Vorsicht noch an. Doch scheint diese Neubewertung nun zumindest weitestgehend abgeschlossen zu sein. Die Erwartungshaltung ihnen gegenüber ist realistischer geworden.

In Deutschland sorgt das Konjunkturpaket der Marke Doppel-Wumms - Lockerung der Schuldenbremse sowie 500 Mrd. Euro schwere Infrastrukturmaßnahmen über 12 Jahre - für einen sprunghaften Anstieg der ZEW Konjunkturerwartungen. Der besonders im Metall-, Maschinen- und Stahlsektor gestiegene Optimismus spricht für deutsche Nebenwerten aus dem MDAX.

Allerdings bleibt abzuwarten, wie schnell Positiveffekte spürbar werden und sich Wachstumschancen ergeben. Denn Sondervermögen (s. Bundeswehr), eine bloße Lockerung der Schuldenbremse und damit viel Geld führen nicht automatisch zum Erfolg. So hat die deutsche Wirtschaft trotz der in den vergangenen Jahren ausgesetzten Schuldenbremse auch nur stagniert.

Tatsächlich muss die neue Bundesregierung einem nachhaltigen Aufschwung über umfangreiche Strukturreformen in Wirtschaft und Verwaltung - keine Reförmchen - den Weg ebnen. Diese Botschaft scheint bei der zukünftigen KleiGroKo noch viel zu wenig angekommen zu sein. Eine wenig mutige Ampel 2.0, die die großen Probleme nicht im Griff hat und sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen kann, ist überflüssig wie Bauchschmerzen. Aber offenbar verfolgen manche Politiker ein anderes "wirtschaftliches" Ziel: Ihre Wiederwahl.

Erschwerend kommt die Gefahr eines Handelskriegs mit den USA und der nachfolgenden Verunsicherung hinzu, vor der EZB-Präsidentin Lagarde warnt. Die Folge wäre geringeres Wirtschaftswachstum bei steigender Inflation im Euroraum. So würde ein US-Zoll von 25 Prozent auf Importe aus Europa das Wachstum im Euroraum im ersten Jahr um etwa 0,3 Prozentpunkte und bei entsprechenden Gegenzöllen um ca. 0,5 Prozentpunkte verringern. In einem solchen Umfeld würde auch ein schwächerer Euro-Kurs die Inflation um etwa einen halben Prozentpunkt ansteigen lassen. Im Extremfall droht Stagflation.

Im Augenblick kann die Wirtschaft der Eurozone gemäß des von der Citigroup ermittelten Economic Surprise Index - Abweichung tatsächlicher Konjunkturdaten von -schätzungen - ihr Überraschungsmomentum gegenüber Amerika noch aufrechterhalten. In der Tat wird laut der jüngsten Umfrage der Bank of America unter Fondsmanagern das Narrativ des "amerikanischen Exzeptionalismus" - die Vorstellung, dass die USA im Vergleich zu anderen Ländern eine Vormachtstellung besitzen - zunehmend kritisch betrachtet.

Doch wird das Momentum ohne nachhaltige deutsche und europäische Reformanstrengungen auf allen Ebenen wieder nachgeben und damit ebenso der Kapitalzufluss nach Europa wieder kleiner werden.

Sentiment und Charttechnik DAX - Vorerst auf und ab

Aus Sentimentsicht treten an den US-Börsen Schnäppchenjäger auf den Plan und nutzen die Kursrücksetzer der vergangenen Wochen für Zukäufe. Solange die wirtschaftliche Unsicherheit intakt bleibt, müssen Aktienmärkte jedoch grundsätzlich mit erhöhten Kursschwankungen rechnen.

Ein Aktien-Crash ist aber trotz den ab April anstehenden Zölle auf europäische Autos nicht zu befürchten. Denn wirklich überraschen werden sie nicht. Ohne Anschlussimpulse sind Gewinnmitnahmen aber gerade bei gut gelaufenen deutschen Aktien möglich.

Grundsätzlich sollte zumindest das regelmäßige Aktiensparen fortgesetzt werden. Damit lassen sich die Kursschwankungen gut parieren, indem man günstige Durchschnittskurse erreicht.

Charttechnisch bieten auf dem Weg nach unten die Marken bei 22.813, 22.540, 22.417 und 22.258 Punkten Halt. Kommt es zu einer Gegenbewegung nach oben, liegen Widerstände bei 23.136, 23.300, 23.476 sowie 23.525 Punkten.

Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG.

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Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums begann Robert Halver seinen beruflichen Werdegang zunächst als Wertpapieranalyst bei der Sparkasse Essen. Anschließend arbeitete er als Analyst und Aktienstratege bei der Privatbank Delbrück & Co in Frankfurt.

2001 wechselte Robert Halver zur Schweizer Privatbank Vontobel. Sein Aufgabenschwerpunkt war die Formulierung der Anlagestrategie der Vontobel Gruppe in Deutschland.

Seit 2008 leitet Herr Halver die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG in Frankfurt. In dieser Funktion ist er auch für die Außendarstellung der Baader Bank tätig.
Robert Halver ist durch regelmäßige Medienauftritte, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen und als Kolumnist präsent.

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