Unternehmen überzeugen nicht und jetzt steigen auch noch die Zinsen
Werbemitteilung unseres Partners
finanzen.net GmbH ist für die Inhalte dieses Artikels nicht verantwortlich
Wenn die US-Bilanzsaison positiv ausfällt, pushen die Unternehmensergebnisse die Aktien meist nach oben. Doch in diesem zu Ende gehenden Sommerquartal ist alles anders und jetzt steigen auch noch die Zinsen.
Die US-Berichtssaison ist gelaufen, die Firmen haben ihre Bilanzen vorgelegt. Wie so häufig in der Vergangenheit fällt das vorläufige Fazit positiv aus. Im Vorfeld wurden die Erwartungen deutlich reduziert, entsprechend leicht konnten die Firmen die Prognosen übertreffen. Aber die Aktienkurse haben kaum reagiert, auch weil die Zinsen und Renditen wieder deutlich gestiegen sind.
"Knapp 80 Prozent übertrafen mit ihren Gewinnkennzahlen die Vorgaben, dies ist zugleich der höchste Wert seit dem dritten Quartal 2021", erklärt Dennis Austinat, Deutschland-Chef der internationalen Multi-Asset-Plattform Trive. Dennoch bleibe unter dem Strich zumindest im Jahresvergleich ein Gewinnrückgang von gut fünf Prozent, ergänzt Austinat. Die Negativserie hält nun seit drei Quartalen an und es ist fraglich, ob mit der nächsten Berichtssaison die Wende in den grünen Bereich gelingen wird.
Hoffen auf das vierte Quartal
Für das nächste Quartal liegen die Prognosen aktuell bei einem mageren Gewinnplus von 0,2 Prozent sowie einem Umsatzwachstum von 1,3 Prozent. Vor allem im vierten Quartal sollen die Unternehmen liefern, erklärt Salah-Eddine Bouhmidi, Head of Markets beim Online Broker IG Europe: "Eingepreist wird derzeit ein sattes Gewinnplus von 7,6 Prozent. Sollte der Wert wie schon in den zurückliegenden Wochen weiter fallen, dürfte auch der erhoffte Gewinnzuwachs von 0,8 Prozent für das Gesamtjahr 2023 in Gefahr geraten."
Aus Sicht der Bewertung wird die Luft zugleich immer dünner und Platz für Abwärtsrevisionen nach Enttäuschungen ist nicht vorhanden. Mit einem erwarteten KGV von rund 19 ist der S&P 500 deutlich teurer als im langjährigen Durchschnitt von 17,4. Ähnlich wie bei der Performance seit Jahresbeginn verschärft eine differenzierte Betrachtung sogar die Ungleichgewichte. So hat das teuerste Fünftel der S&P 500-Mitglieder einen Bewertungsaufschlag von 170 Prozent gegenüber dem günstigsten. Eine noch höhere Bewertungsprämie wurde in den zurückliegenden 40 Jahren nur in 15 Prozent der Fälle aufgerufen. Vergleichsweise günstig sind aktuell Aktien von Telekom-, Banken- sowie Öl- und Gasunternehmen.
Kaum Gewinner - Zinsen steigen
"Interessant ist allerdings auch, dass Aktien von Unternehmen mit positiven Gewinnüberraschungen kaum profitierten", erklärt Norbert Betz, Leiter der Handelsüberwachung der Börse München/gettex. "Im Zeitraum zwei Tage vor und nach der Veröffentlichung sank der Kurs im Durchschnitt um 0,5 Prozent. Dies ist bisher die höchste negative Kursreaktion auf positive Gewinnüberraschungen seit dem zweiten Quartal 2011". Im Ergebnis sind also viele Vorschusslorbeeren bereits eingepreist.
Hinzu kommt, dass die Zinsen wieder gestiegen sind, weil die Inflation zwar leicht, aber nicht entscheidend gesunken ist. Die Preissteigerungen liegen in den USA und Europa noch deutlich über den gesteckten Inflationszielen der US-Notenbank Fed und der EZB. In den USA war der Renditeanstieg besonders kräftig. Die zehnjährige US-Staatsanleihe rentiert bei knapp 4,30 Prozent, das höchste Niveau seit Juni 2008. Die Aktienmärkte reagieren auf die Berichtssaison und die steigenden Zinsen mit einer ersten Korrektur - und die Zeit bis zum vierten möglicherweise besseren Quartal 2023 ist noch lang.
150 Jahre Börsenerfahrung kombiniert technische Analyse, Trading, Börsenpsychologie und konkrete Investments. Benjamin Feingold ist Mit-Gründer von Feingold Research. Unseren Börsendienst finden Sie unter feingoldresearch.de!
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.