Euro am Sonntag-Spezial

Globaler Machtkampf: Warum Öl teuer bleibt - wer profitiert

06.10.18 09:50 Uhr

Globaler Machtkampf: Warum Öl teuer bleibt - wer profitiert | finanzen.net

Die bevorstehenden US-Sanktionen gegen den Iran treiben den Ölpreis weiter in die Höhe. Zum Jahresende könnten Preise von 100 Dollar möglich sein.

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von Julia Groß, Euro am Sonntag

Diplomatie und Dialog, das war einmal. Was der amerikanische Präsident und seine Mitarbeiter diese Woche im Rahmen der UN-Vollversammlung äußerten, klang eher nach einem martialischen Holly­wood-Film: Chaos, Tod und Zerstörung, so wetterte Donald Trump, bringe der Iran über den Nahen Osten. Trumps Sicherheitsberater John Bolton drohte mit erheblichen Konsequenzen, sollten die Iraner weiterhin "lügen, schummeln und täuschen". "Wenn sie einem US-Bürger schaden, werden sie das bitter bereuen", so Bolton.

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Scharfe Worte sind jedoch nur ein Teil der Strategie, mit der Trump den Iran zu Eingeständnissen in Sachen Atom­abkommen zwingen will. Ab 4. November tritt die zweite Stufe der US-Sanktionen gegen den Staat in Kraft. Dann drohen die USA, jeden vom US-Finanzsystem auszuschließen, der iranisches Öl kauft.

Anders als bei früheren Sanktionen scheinen die Amerikaner dabei keine Ausnahmen dulden zu wollen. Bereits fünf Wochen vor Beginn zeigen die Strafmaßnahmen durchschlagende Wirkung an den Rohstoffmärkten: Die iranischen Ölexporte sind seit April bereits um mehr als ein Drittel eingebrochen, weil die Kunden es sich nicht mit den USA verscherzen wollen. Dadurch fehlen dem globalen Ölmarkt aktuell pro Tag knapp eine Million Barrel aus dem Iran. Als Folge stieg der Preis für die Ölsorte Brent in der ver­gangenen Woche auf 82 Dollar pro Barrel, das entspricht dem höchsten Stand seit vier Jahren.

Weil die Iran-Ausfälle bereits jetzt größer sind als ursprünglich prognostiziert, halten die zwei großen Ölhandelshäuser Trafigura und Mercuria Energy zum Jahresende sogar Ölpreise von 100 Dollar für möglich. Diese Zahl ziehen andere Branchenexperten zwar in Zweifel, doch Notierungen weit unter 80 Dollar pro Barrel erwartet in den kommenden Monaten niemand mehr. Während dies Fragen hinsichtlich der Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum aufwirft - das "Wall Street Journal" schreibt etwa, dass der Preisanstieg die Türkei in die Rezession treiben könnte - dürfen sich Ölkonzerne als klare ­Gewinner sehen.

OPEC hält sich bedeckt

Die Entwicklung steht und fällt mit der Organisation der erdölexportierenden Länder (OPEC) und Russland. Bisher hat die Vereinigung sich gegenüber Donald Trumps Wunsch nach billigem Öl relativ entgegenkommend gezeigt. Nach dem Ausfall Venezuelas aufgrund der dortigen Wirtschaftskrise und dem wechselhaften Output Libyens wächst die Angebotslücke mit den Sanktionen gegen den Iran allerdings erheblich.

In erster Linie Saudi-Arabien, aber auch Russland verfügen über die Kapazität, ihre Produktion zum Ausgleich deutlich hochzufahren. "Aber warum sollten sie das tun?", fragt Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank. Schon bei früheren Sanktionen gegen den Iran hat die OPEC gern zu einem ­höheren Preis verkauft. Nach ­einem Treffen am vergangenen Wochenende erklärte der sau­dische Energieminister Khalid Al-Falih denn auch, man werde die Fördermengen nicht steigern, weil die Nachfrage aktuell gedeckt werde.

Gut möglich, dass Al-Falih jetzt nur Verzögerungstaktik ­betreibt und Trump schließlich doch ein Stück weit entgegenkommt. Schließlich haben die USA in ihrer Rolle als militärische Schutzmacht im Nahen ­Osten auch ein gewichtiges Druckmittel in der Hand. Und im Vorfeld der Zwischenwahlen Anfang November kann Trump keine Preisexplosion an Amerikas Tankstellen gebrauchen.

Allerdings dauert es Wochen bis Monate, bis sich eine Ausweitung der Förderung tatsächlich in einem steigenden Ölangebot bemerkbar macht. "In unserer Branche drückt man nicht einfach auf einen Knopf, und dann fließt das Öl", sagt Patrick Pouyanné, Vorstandschef des französischen Energiekonzerns Total. "Es ist komplexer und braucht seine Zeit."

Doch selbst wenn eine Ausweitung zu einem späteren Zeitpunkt kommt - sie könnte nicht ausreichen. Bereits jetzt wird deutlich, dass sich aufgrund der Sanktionsandrohungen viel mehr Länder aus dem Geschäft mit dem Iran zurückziehen als ursprünglich gedacht. Gerade hat Indien, bisher zweitgrößter Käufer iranischen Öls, angekündigt, seine Importe zum November auf null herunterzufahren. Somit bleibt letztlich nur China als Abnehmer übrig.

Wie viel Öl den Iran überhaupt noch verlässt, ist zunehmend schwieriger einzuschätzen, da rund ein Dutzend der iranischen Megatanker in den vergangenen Tagen und Wochen offenbar ihre Transmittersignale abgeschaltet haben, sodass sie nicht mehr verfolgt werden können.

Gleichzeitig ist die Nachfrage hoch und soll laut der Interna­tionalen Energieagentur (IEA) 2019 noch um 1,5 Millionen Barrel pro Tag steigen. "In den Medien wurde in den vergangenen Wochen immer wieder eine Nachfrageschwäche aufgrund des Handelskonflikts thematisiert. Bisher ist diese aber nicht eingetreten", sagt Commerzbank-Analyst Weinberg. "Wir sehen auch nicht, dass die Marktteilnehmer mit einer Abkühlung rechnen. Im Gegenteil, es wird von einer wachsenden Nachfrage ausgegangen."

Zusätzlicher Bedarf

Für einen zusätzlichen Schub dürften neue Regeln der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) sorgen. Sie schreibt ab 2020 eine veränderte Zusammensetzung des in der Schifffahrt verwendeten Kraftstoffs vor, was kurzfristig den Ölbedarf von Raffinerien ­erhöhen könnte.

Auch wenn die Prognose der Ölpreisentwicklung durch Faktoren wie den Handelskonflikt oder die Taktik der OPEC mit Unwägbarkeiten behaftet ist, scheint eine Rückkehr zu deutlich tieferen Niveaus daher unwahrscheinlich. Integrierte Ölkonzerne wie Total oder BP machen dank harter Sparmaßnahmen jedoch inzwischen schon bei Preisen zwischen 50 und 60 Dollar pro Barrel ein gutes Geschäft.

"Wir sehen Renditen auf einem Niveau, wie es zuletzt 2012 bei Preisen über 100 Dollar zu beobachten war", schreiben die Analysten der Berenberg Bank in einer aktuellen Studie. Für 2019 erwarten sie "substanzielle positive Gewinnrevisionen" speziell für die europäischen Konzerne. Die Annahmen basieren auf einem durchschnittlichen Ölpreis von 82,50 Dollar im kommenden Jahr.

Als Top-Pick im Ölsektor sehen die Berenberg-Experten die französische Total. Dank kräftiger Investitionen in den Jahren 2011 bis 2016 sei der Konzern eine wahre Cashflow-Maschine, die ihre Dividenden bis 2020 um zehn Prozent steigern wolle. Die Gewinnschwelle bei den Projekten in Entwicklung sei extrem niedrig, sie liege teilweise bei Ölpreisen von nur 40 Dollar pro Barrel. "Total ist in jedem Umfeld ein Gewinner", ist man bei der Bank überzeugt. In Zeiten globaler Machtkämpfe ist das auf keinen Fall verkehrt.

Investor-Info

Ölpreis
Neues Hoch

Der Preis für die Ölsorte Brent ist auf den höchsten Stand seit vier Jahren geklettert. Branchenexperten sind geteilter Meinung, ob Öl noch teurer wird. Risikobereite Anleger setzen mit einem vierfach gehebelten End­loszertifikat der HSBC auf einen weiteren ­Anstieg (ISIN: DE 000 TR3 LVV 0).

Total
Bestens aufgestellt

Die Franzosen haben die Gewinnschwelle, ab der sich ihre Ölförderung lohnt, deutlich gedrückt und verdienen aktuell prächtig. Anleger erfreut auch die Dividendenrendite von über vier Prozent und ein Aktienrückkaufprogramm im Wert von fünf Milliarden Dollar.





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Bildquellen: Anton Watman / Shutterstock.com, 3Dsculptor / Shutterstock.com

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