Euro am Sonntag-Meinung

Flott bezahlen: Edelmetalle contra Kryptowährung

11.09.16 03:00 Uhr

Flott bezahlen: Edelmetalle contra Kryptowährung | finanzen.net

Gold und Silber gelten seit jeher als Zahlungsmittel, in Krisenzeiten als sicherer Hafen. Warum sich dies künftig ändern könnte und weshalb digitale Währungen als Tauschmittel attraktiver werden.

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Rohstoffe

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von Andreas Lipkow, Gastautor von Euro am Sonntag

Edelmetalle, allen voran Gold, gelten in Krisenzeiten seit Jahrhunderten als sicherer Hafen - sowohl an den Finanzmärkten als auch in der Realwirtschaft. Gerade der Rohstoff Gold birgt die Hoffnung, dass er zur Basis einer goldgedeckten Währung wird. Angesichts der jüngsten Krisen am Finanzmarkt, die mithin das Eingreifen der Notenbanken erforderlich machten, stellt sich die Frage, ob Edelmetalle auch künftig in der Lage sein werden, die Funktion eines sicheren Hafens zu übernehmen.

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Ein Blick auf die klassischen Vertreter des Sektors zeigt: Die Nachfrage nach Gold wird maßgeblich von der Schmuck­industrie, speziell aus den beiden großen asiatischen Ländern China und Indien, gesteuert. Bei Silber sieht es anders aus: Der kleine Bruder des Goldes gilt nicht nur als sicheres Investment für Krisenzeiten, er erfreut sich auch seit Jahrzehnten großer Nachfrage aus der Industrie. Ob Hightech-, Automobil- oder Healthcare-Sektor - in vielen Industriezweigen kommt Silber zum Einsatz. Wer zur Krisenanlage auf Edelmetalle setzt, sollte den Fokus darum verstärkt auf ­Silber richten.

Bitcoins oder Goldmünze -
flott bezahlen im Krisenfall

In den vergangenen Jahren hat sich nun auch die Tendenz zu Kryptowährungen, zu digitalen Zahlungsmitteln, verstärkt. Dieser Trend zur Digitalisierung von Währungen und Zahlungseinheiten ist in vollem Gange und beschleunigt sich stetig. Nahrung bekommt er durch die immer wieder aufflammende Thematisierung der Abschaffung des Bargelds. Schon jetzt gibt es etliche Geldsurrogate, die direkt bei den Produzenten oder Drittanbietern bezogen werden können. Der Zahlungsverkehr veränderte sich in den vergangenen Jahren bereits erheblich und zog mit dem Konsumverhalten zum Onlinehandel mit.

Es ist legitim, davon auszugehen, dass dieser Trend im kommenden Krisenfall an den Finanzmärkten aufgegriffen und umgesetzt wird. So ist vorstellbar, dass die nächste Finanzkrise mittels einer über das Wochenende eingeführten neuen Währung oder eines Neustarts bestehender Systeme beantwortet wird. Dabei spielen dann eher digitale Zahlungseinheiten eine führende Rolle, nicht mehr das kaum fungible physische Gold. Es könnte sich dabei herausstellen, dass Prepaidkarten namhafter Technologieunternehmen möglicherweise einen größeren Wert haben als eine Münze Gold, deren genauen Wert keine Partei ermitteln kann. Zudem spielt bei dieser Form stets der Ausgleich von Angebot und Nachfrage in Kombination mit der Fungibilität eine Rolle. Nicht umsonst machen immer wieder Erzählungen von Geschäften die Runde, bei denen ein Barren Gold gegen ein Einfamilienhaus getauscht wurde.

Dies liegt natürlich nicht im Interesse beider Parteien und macht eine Krisenbewältigung nicht einfacher. Bereits bei den letzten großen Krisen waren es Zigaretten, Alkohol und Kaffee - Mittel des täglichen Gebrauchs -, die als Tauschwährung von der Bevölkerung akzeptiert wurden. Mit Gold ist man zu der Zeit nicht wirklich weit gekommen. Zudem ist fraglich, ob die Finanz­­­in­s­titute im Krisenfall noch in der Lage sein beziehungsweise die rechtlichen Voraussetzungen bestehen werden, Kundenvermögen auszuzahlen und den Zugang zu Schließfächern zu gewähren. Entsprechend müssten die Goldwerte rechtzeitig an sicheren Orten außerhalb des heimischen Finanzsystems ­gehortet werden. Es bringt dann wenig, wenn das Gold in Ein-Kilogramm-Barren vorliegt, zumal dann ebenfalls ein Teilungsdilemma besteht. Genau dieses Problem besteht bei allen Investments im Sachwertebereich.

Oldtimer im Tausch gegen eine
Zigarette oder einen Laib Brot

Bei Kunstwerken, Oldtimern, Diamanten und anderen alternativen Anlage­instrumenten spielt zudem oft der ideelle Wert eine entscheidende Rolle. Wer sich mit einer Flotte Oldtimer in Sicherheit wägt, sollte überlegen, ob er in Krisenzeiten tatsächlich einen davon gegen einen Laib Brot tauschen möchte. All diese Überlegungen sind an den Finanzmärkten bekannt und in die Notierungen eingepreist.

Richtet sich der Blick zur Krisenvorsorge nun auf Kryptowährungen, spiegelt die hier im Kurs erkennbare eindeutig steigende Tendenz das wachsende Interesse an dieser Form der Krisen­sicherung. Vom letzten schweren Rücksetzer - ausgelöst durch die Mt.-Gox-Krise, in deren Folge es kurzzeitig zu einem Vertrauensverlust bei den Kryptowährungsanhängern kam - haben Bitcoin & Co sich längst erholt. Die Blockchain-Technologie wird künftig helfen, Vermögenswerte sicherer und unabhängig vom fragilen Finanzsystem zu handeln. Es besteht kein Zweifel daran, dass Krisensituationen im Finanzsystem mehr denn je technisch beantwortet und gelöst werden.

Die Welt dreht sich weiter und bisher ist keine Krise exakt so verlaufen wie die vorangegangene. Selbst wenn die Abläufe sich ähneln, potenzieren sich die Auswirkungen in der immer komplexer werdenden Welt jedes Mal. Künftig werden die Antworten der Politik und der Hüter der Geldmärkte noch rigoroser und schneller kommen.

Wachsende Akzeptanz für
digitale Tauschmittel

Wer unbeeindruckt davon zur Krisenvorsorge auf Edelmetall setzen möchte, ist mit Silber sicher besser beraten als mit Gold. Problematisch bleibt dabei allerdings, dass der gleiche Geldwert nur mit erheblich größeren Mengen realisierbar ist. Das liegt daran, dass eine Unze Silber aktuell bei etwa 19 US-Dollar gehandelt wird, eine Unze Gold bei 1300 Dollar. Wenn dann der Privatanleger mit seinem Goldbarren beim Händler steht und noch über den Wert seines Barrens diskutiert, hat der Händler den Kunden mit einer elektronischen, fungibleren Währung längst bedient. Die einzigen Marktteilnehmer, die bisher von der Nachfrage nach physischem Gold profitiert haben, sind die vielen Goldhändler.

War es vor 20 Jahren für viele Menschen noch wichtig, eine gute Beziehung zur Hausbank zu haben, sehen junge Leute diese heute oft nur noch als austauschbaren Dienstleister an. Werte und Bonität werden anders gedeutet und haben viel mit technologischem Verständnis und dem dazugehörigen Angebot zu tun. Entsprechend anders wird die Reaktion auf Finanzkrisen und die daraus folgende Akzeptanz auf Tauschmittel ausfallen.

Kurzvita

Andreas Lipkow
Vorstand und Aktienhändler bei Kliegel & Hafner
Seit 1998 arbeitet ­Lipkow als Aktienhändler, seit 2013 ist er im Vorstand der Kliegel & Hafner AG. Dort bildet der Bereich Hochfrequenzhandel den Schwerpunkt seiner ­Arbeit. Zuvor war er Börsenmakler an der Frankfurter Börse. ­Kliegel & Hafner (Berlin) ist ein Trading-Unternehmen und konzipiert Handelsalgorithmen, durch die das eigene Kapital an den Börsen gehandelt wird.

Bildquellen: Africa Studio / Shutterstock.com, Kliegel & Hafner

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