Keine Panik bei Gold
Blickt man auf die Entwicklung des Goldpreises, so werden zweierlei interessante Trends ersichtlich.
Zum einen hat die Volatilität von Gold im Vergleich zu früheren Jahren deutlich zugenommen. Der Grund dafür liegt in der gestiegenen Bedeutung des Metalls für Finanzinvestoren. Ihr marktnahes Angebots- und Nachfrageverhalten lässt den Preis stärker schwanken. Der zweite Punkt, der auffällt, ist die zuletzt sehr hohe Korrelation von Gold mit riskanten Anlageklassen wie Aktien. Fielen die Aktienkurse, sank auch Gold – und umgekehrt. Aufgrund des ungewöhnlichen Gleichlaufs sehen manche Marktbeobachter bereits den Status von Gold als „sicheren Hafen“ schwinden. Der jüngste Rücksetzer, der die Feinunze Ende letzten Jahres unter 1.600 US-Dollar drückte, passt da ins Bild. Und so stellt sich die spannende Frage: Ist die seit der Jahrtausendwende andauernden Goldhausse nun vorbei oder handelt es sich nur um eine vorübergehende Schwächephase?
Dass Gold gänzlich aus der Mode kommt, erscheint auf absehbare Zeit relativ unwahrscheinlich. Der Grund dafür liegt in den negativen Realzinsen für sichere Anlagen wie Bundesanleihen oder US-Bonds. Hier angelegtes Geld verliert an Kaufkraft. Und an dieser misslichen Situation dürfte sich so schnell auch nichts ändern. So gehen Volkswirte davon aus, dass die US-Notenbank Fed ihre extrem lockere Geldpolitik nicht nur – wie sie bereits selbst angekündigt hat – bis ins Jahr 2013, sondern darüber hinaus fortsetzen wird. Das heißt: Am kurzen Ende der Zinskurve bleiben die Leitzinsen bei quasi Null und am langen Ende werden die Renditen mit dem Ankauf von Staatsanleihen gedrückt. Und auch die EZB dürfte Geld noch eine ganze Weile billig halten. Erst im Dezember gewährte sie den Banken der Eurozone Kredite im Volumen von knapp einer halben Billion Euro für bis zu drei Jahre zum Topzinssatz von einem Prozent.
Seitens der Zinsen kommen also starke Argumente für Gold. Zu euphorisch sollte man allerdings auch nicht sein. Denn die expansive Geldpolitik der Notenbanken ist kein Selbstzweck, sondern soll die Lage an den Finanzmärkten stabilisieren. Entspannt sich die Krise, wäre auch Gold weniger attraktiv. Doch wie weit könnte es mit dem Preis nach unten gehen? Dazu ein Blick auf die Produktionskosten. Die liegen laut einer führenden Minengesellschaft bei rund 1.100 US-Dollar je Unze. Spätestens hier könnte ein natürlicher Boden gefunden sein, denn desto mehr sich Gold dieser Marke annähert, umso stärker werden die Minengesellschaften – bei ansonsten unveränderten Bedingungen – ihre Produktion zurückfahren. Das Angebot verknappt sich.
Die gestiegene Relevanz von Gold für Finanzinvestoren hat also dazu geführt, dass der Preis stärker schwankt. Daran sollten sich Gold-Anleger gewöhnen. Was sie aber nicht tun sollten: sich von jeder Verkaufspanik anstecken zu lassen, genauso wenig, wie sie jedem Kaufrausch folgen sollten. Stattdessen gilt es Gold als das zu sehen, was es ist, einen wichtigen, aber nicht den einzigen Baustein im Portfolio.
Dirk Heß, Finanzexperte der Citi, schreibt regelmäßig zu aktuellen Markt- und Derivate-Themen. Als Leiter öffentlicher Vertrieb Deutschland & Österreich Equity & Private Investor Solutions besitzt er langjährige Expertise in allen Fragen rund um Börse und Investments. In seinem regelmäßigen Kommentar gibt Dirk Heß fundiertes Fachwissen weiter.
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