Rohstoffmarkt - Was Anleger wissen müssen
Immer mehr Investoren entdecken die Bodenschätze für ihr Portfolio. Wie die Chancen für Öl, Gold, Agrarrohstoffe und Erneuerbare Energien stehen. Der große Ausblick fürs kommende Jahr.
Werte in diesem Artikel
von Carl Batisweiler und Peter Gewalt, Euro am Sonntag
Es war eher ein dumpfes Grollen als ein lauter Knall. Doch die Explosion in der Nähe des sächsischen Dorfes Niederschlag Ende Oktober könnte den Auftakt für ein neues Rohstoffzeitalter in Deutschland bedeuten. Denn mit der Sprengung ging seit Jahrzehnten wieder mal ein neues Bergwerk in Deutschland in Betrieb. 135.000 Tonnen Fluss- und Schwerspat will der Betreiber EFS Geos jährlich im Erzgebirge fördern. Die Mineralien werden vor allem in der Chemieindustrie verwendet, etwa zur Herstellung von Teflon oder Goretex. Dass sich der teure Bergbau hierzulande wieder rentiert, ist den weltweit gestiegenen Rohstoffpreisen zu verdanken.
![](https://images.finanzen.net/images/b_rohstoffe/oil_gold.png)
Partizipieren Sie an Kursschwankungen bei Öl, Gold und anderen Rohstoffen mit Hebel und kleinen Spreads! Mit nur 100 Euro können Sie durch einen Hebel mit der Wirkung von 2.000 Euro Kapital handeln.
Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Der Boom bei den Bodenschätzen verursacht nicht nur auf Länderbasis augenfällige Veränderungen. So stehen seit Kurzem die Rohstoffanleger einer neuen Situation gegenüber: Die sogenannte Backwardation ist zurück. Soll heißen, in einigen Rohstoffmärkten sind die kurz laufenden Futures für Lieferungen inzwischen teurer als lang laufende.
Dieser Preismechanismus ist ein deutlicher Indikator dafür, dass am Markt Knappheiten bestehen, Vorräte zur Neige gehen und, vor allem, die Preise anziehen werden. Ein Ergebnis der gestiegenen Nachfrage besonders aus den rohstoffhungrigen Schwellenländern bei gleichzeitig knappem Angebot.
Zwar haben viele Rohstoffnotierungen schon über das Jahr kräftig zugelegt, doch beim Anleger blieb häufig wenig bis gar nichts übrig. Und das lag nicht nur daran, dass der breite Rohstoffindex S & P GSCI nach zwölf Monaten mit rund 460 Punkten nur knapp über seinem Jahresanfangsstand notierte, da der Energiesektor bisher der allgemeinen Entwicklung hinterherhinkt.
Die mangelnde Performance der Rohstofffonds oder -zertifikate war dem Gegenteil von Backwardation geschuldet, der sogenannten Contango-Situation: Weil Investoren nicht die physische Ware zum Liefertermin übernehmen wollen, müssen sie Anschlusskontrakte kaufen. Im Contango sind die kurz laufenden Futures für Lieferungen günstiger als die lang laufenden. Es entstehen sogenannte Rollverluste. Um diese auszugleichen, mussten institutionelle Anleger wie etwa Pensionsfonds oder Banken aufwendige Absicherungsstrategien fahren und beispielsweise lang laufende Kontrakte kaufen. Und auch Privatanleger legen für rollgesicherte Papiere deutlich höhere Gebühren hin. Dass nun der wichtige Rohstoff Öl das Comeback der Backwardation einläutete, lässt bei der ganzen Anlageklasse einfachere Investmentstrategien – fällige Kontrakte teuer verkaufen, spätere günstig einkaufen – zu. Das dürfte noch mehr Investoren in den Rohstoffmarkt locken.
Ohnehin schichten viele institutionelle Anleger wegen der Kursverluste bei den Anleihen ihr Kapital in kurzfristig rentablere Anlagen wie Rohstoffe um. Auch der rasante Aufstieg der Exchange Traded Funds (ETFs) oder Exchange Traded Commodities (ETCs), die Privatanlegern offenstehen, treibt die Notierungen.
Diese Fonds sind mit der physischen Ware hinterlegt, lagern die Rohstoffe also wirklich ein. Welche Blüten das treiben kann, zeigt sich aktuell beim Kupfer. Ein einzelner Händler hat sich zwischen 50 und 80 Prozent der Lagerbestände der Londoner Börse LME gesichert. Eine Position im Wert von mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar. Händler vermuten dahinter JP Morgan, die demnächst einen ETF auf Kupfer starten.
„Die physisch hinterlegten ETF haben das Angebot zusätzlich reduziert“, erklärt Torsten Dennin, Rohstoffexperte bei der Altira Group, die exorbitanten Preissprünge bei einigen Metallen. Bei Silber hat ein neuer ETF für Nachfrage gesorgt, aber auch bei Platinmetallen wie Palladium, von dem nur 200 Tonnen jährlich gefördert werden, beeinflussen die Orders der Fonds die Märkte stark.
Während die Nachfrage steigt, kommen die Förderer in vielen Sektoren mit ihrer Produktion nicht mehr hinterher. Daher sollen allein 2011 für die Suche nach Bodenschätzen und den Ausbau von Minen weltweit 120 Milliarden Dollar investiert werden – so viel wie noch nie. Davon werden vor allem Explorer und Minenaktien profitieren. Einzelinvestments in Aktien bergen wegen der jeweiligen Unternehmenssituation neben den Chancen auch mehr Risiko als Rohstoffe selbst. Ein breit angelegtes Investment sichert besser ab, beispielsweise der JP Morgan Global Natural Resources. Der Fonds (ISIN: LU0208853274) investiert weltweit in Rohstoffunternehmen aller Art. Nur Agraraktien finden sich nicht im Portfolio. Der Fonds ist dank der starken Konzentration auf Small und Mid Caps besonders in Aufschwungphasen sehr erfolgreich. Schon 2010 konnte das Portfolio mit Aktien aus den Bereichen Energie und Industriemetalle einen Gewinn von über 40 Prozent erzielen.
Diese Rohstoffe wie Molybdän, Nickel, Wolfram oder Seltene Erden gibt es auch in Ostdeutschland, wo die Deutsche Rohstoff AG sowie kanadische und amerikanische Explorer Claims abgesteckt haben – potenzielle Nachbarn für die neue Grube im Erzgebirge. Denn allein Flussspat ist in der Europäischen Union so knapp, dass nur noch zehn Prozent aus eigener Förderung gedeckt werden können. Bei rund 265 Euro pro Tonne liegt derzeit die Notierung, der Abbau lohnt sich aber laut EFS Geos schon bei 230 Euro. Wie sich die einzelnen Rohstoff- und Energiesparten im kommenden Jahr entwickeln werden, lesen Sie auf den folgenden Seiten.
Edelmetalle
Gold, Silber, Platin und Palladium sollen auch 2011 glänzen
Nicht nur in Deutschland ist die Angst vor Inflation sehr ausgeprägt. Auch in China nimmt in der Bevölkerung die Furcht vor einer hohen Teuerung zu, wie jüngste Umfragen belegen. Dies verstärkt den Trend im Reich der Mitte, in Gold als Inflationsschutz zu investieren. So sind die Importe des gelben Edelmetalls nach China in den ersten neun Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf über 209 Tonnen gestiegen. Die zunehmenden Begehrlichkeiten in China und anderen asiatischen Staaten sind aber nur ein Grund, weshalb im kommenden Jahr laut Deutscher Bank die Nachfrage noch einmal um 50 Prozent auf 2300 Tonnen zulegen könnte. Dies würde in etwa 90 Prozent der weltweiten Goldminenproduktion entsprechen. Ein weiterer Wachstumstreiber ist der Boom bei den Gold-ETCs, die weltweit knapp 1900 Tonnen Gold binden. Die Schattenseite des Investmentbooms: Nach dem steilen Preisanstieg in den vergangenen Jahren vergeht immer mehr Konsumenten die Lust auf Goldschmuck. Dennoch könnte nach Schätzung der Deutschbanker der Preis für eine Unze Gold (31,1 Gramm) im kommenden Jahr über 1650 US-Dollar erreichen.
![](https://images.finanzen.net/mediacenter/rohstoffe/Silber01_kl.jpg)
Für die Rohstoffexperten der Société Générale gehört unter den Edelmetallen allerdings auch Palladium zu den Gewinnern, die 2011 leicht zulegen könnten. Auf der Nachfrageseite kommt dem Metall, das unter anderem in Katalysatoren eingesetzt wird, das Comeback der Automobilindustrie zugute. Gleichzeitig könnten sich die Palladiumverkäufe aus den Reserven des russischen Produzenten Norilsk Nickel, die in den vergangenen Jahren den Preis drückten, dem Ende zuneigen. Die Notierungen von Platin dürften ebenfalls zulegen, auch wenn ein zusätzliches Angebot aus den Minen aus dem südlichen Afrika die Rally begrenzen dürfte.
Dank des Edelmetallaufschwungs gibt es für Anleger inzwischen verschiedene Investmentmöglichkeiten. Ein exzellenter Fonds, um von den Kursgewinnen der Minenfirmen, die Edelmetalle aus dem Boden holen, zu profitieren, ist der Falcon Gold Equity Fund. Der Fonds mit der EuroNote 1 (ISIN: CH0002783535) hat in den vergangenen zwölf Monaten knapp 49 Prozent gewonnen und gehört auch längerfristig zu den Besten seiner Klasse.
Wer direkt in Edelmetalle investieren will, dem bieten db x-trackers (www.etc.db.com) und ETF Securities (www.etfsecurities.com) eine Auswahl an Gold-, Silber-, Platin- und Palladium-ETCs, die physisch hinterlegt sind. So empfiehlt sich der db Physical Palladium ETC (GB00B5VYVZ75) für Anlagen in Palladium. Wer Gold und Silber in einem Korb haben will, sollte den ETFS Precious Metals (DE000A0KRKK9) in Augenschein nehmen. Zudem gibt es eine Reihe interessanter Zertifikate.
Agrarrohstoffe
Wachsender Bedarf sorgt für höhere Preise
Lang waren sie das ungeliebte Stiefkind im Rohstoffsektor. Doch seit dem Ende des ersten Halbjahres haben die Agrarmärkte für einige Überraschungen gesorgt. Vor allem die Preisrally am Getreidemarkt liefert seit Monaten Schlagzeilen – und Anlegern, die auf das Gold der Äcker gesetzt haben, attraktive Gewinne. Doch nicht alle Soft Commodities entwickelten sich konsequent in eine Richtung. Die Agrarmärkte werden weiterhin starken Schwankungen unterliegen. Denn sie werden immer internationaler und komplexer, mit unterschiedlichen Wechselwirkungen. Die Zeiten des klassischen Schweinezyklus im Bereich der Agrarrohstoffe scheinen durch die starke Marktanbindung der Schwellenländer jedenfalls vorbei zu sein.
![](https://images.finanzen.net/mediacenter/rohstoffe/Kakaobohnen01_kl.jpg)
Die Preise für Getreide wie Weizen oder Mais profitierten ebenso wie Soja 2010 von Dürren, dem Exportstopp Russlands, der Überschwemmung in Pakistan, der Trockenheit in Kanada. Ab Februar ist die tatsächliche Lager- und Vorratssituation geklärt, dann reagieren die Landwirte mit der Aussaat für die Ernte 2011. Die Märkte werden sich auf höheren Niveaus beruhigen oder normalisieren. Wahrscheinlicher Verlierer: Weizen. Besser sieht es beim Mais aus, da in den USA mit anziehender Konjunktur auch mehr Sprit verbraucht und dann mehr Bioethanol aus Mais benötigt wird. Bei Soja dürfte mehr Export nach China die Preise treiben.
Langfristige Verlierer an den Agrarbörsen sind Kontrakte auf Rinder und Schweine. Grund: Hier nehmen die Handelsvolumina generell ab. Die großen Abnehmer kontraktieren direkt mit den Erzeugern. Der Handel trocknet hier langsam aus, das Gewicht in den Indizes sinkt. Für die Agrarmärkte 2011 gilt: viele Schwankungen auf höherem Niveau als 2010. Drei empfehlenswerte Investments: die Fonds Julius Bär Agriculture (ISIN: LU0363638601) und DWS Invest Global Agribusiness (LU0273158872) sowie der ETFS Agriculture (LU0273158872), der auf einen Index mit sieben Agrarrohstoffen setzt.
Öl und Energie
Erdöl langsam top, Gas ein Flop
Die schlechteste Entwicklung bei den Rohstoffen legte 2010 der Energiesektor hin. Beim dominierenden Sektor Öl fand erst einmal ein Abbau der weltweit durch den Konjunktureinbruch entstandenen Lagerbestände statt. Zuletzt haben die Preise angezogen, weil die kalte Witterung einsetzte. Die regionalen Ölpreise differieren immer noch relativ stark, sind als Ganzes aber leicht im Plus. Wegen des Rohstoffhungers der Schwellenländer und der Konjunkturbelebung in den USA – die Backwardation ist ein Beleg dafür – zeigt die Tendenz bei den Ölpreisen 2011 nach oben.
Anders beim Partnerrohstoff Erdgas. Die Entwicklung ist weit von den Ölnotierungen entfernt, in den USA liegt sie dieses Jahr bei minus 30 Prozent. Das wird wohl auch so bleiben. Denn Öl ist ein globales Gut, bei Erdgas ist der lokale Preis wichtiger, da es nicht so leicht transportiert werden kann. Überkapazitäten setzen einen Deckel.
Erneuerbare Energien
Probleme mit der Politik
Die Branche der erneuerbaren Energien hat einen Nachteil: Sie ist abhängig von den Entscheidungen der Politik, wie stark welcher Bereich gefördert werden soll. Besonders deutlich hat das dieses Jahr die Solarindustrie zu spüren bekommen. Die Bundesregierung in Berlin kürzte außerplanmäßig die Förderung, um einen zu starken Zubau in Deutschland zu verhindern. Mit begrenztem Erfolg. 2010 wurden in Deutschland so viele Fotovoltaikanlagen installiert wie noch nie. Vor allem die Hersteller leiden unter einem enormen Margendruck, da infolge des jahrelangen Megabooms weltweit enorme Überkapazitäten bestehen und die Preise immer stärker verfallen. Für 2011 und die Folgejahre sieht es ebenfalls kritisch aus. Die Einspeisevergütung wird weiter sinken, zudem wird in Berlin offen über einen „Deckel“ nachgedacht, der die jährlich installierte Leistung nach oben begrenzen soll. „Dann würde der Markt kollabieren“, warnt Phoenix-Solar-Vorstand Andreas Hänel. So oder so: Die Branche steht vor einem großen Selektionsprozess. Viele Anbieter werden verschwinden. Gleichzeitig gilt aber auch: Der Markt wird weltweit weiter wachsen.
![](https://images.finanzen.net/mediacenter/energie/wind/Wind02_kl.jpg)
Industriemetalle
Die unbekannten Dritten
Kupfer und Co entwickeln sich traditionell mit der weltweiten Konjunktur: Steigt die Industrieproduktion, gehen auch die Notierungen an den Rohstoffbörsen nach oben. Doch die aktuellen hohen Preise für einige Metalle spiegeln nicht die tatsächliche Nachfrage wider. „Die Märkte sind außerhalb der Balance, noch mehr Nachfrage bringt den Markt in Bedrängnis“, erklärt Rohstoffexperte Torsten Dennin von der Altira Group. Denn die Einflüsse von ETCs, die die Rohstoffe physisch lagern, sind stark gestiegen. Es ist nicht klar, wie sich der Run der Investoren auswirkt. Bei Aluminium wird die mangelnde Nachfrage der Industrie durch ETCs ausgeglichen. Bei Kupfer gehen die Experten von aktuellen Übertreibungen durch die Platzierung neuer Produkte aus. Insgesamt werden die Terminkurven flacher, die Backwardation signalisiert weitere Preisanstiege.
Weitere Erdgaspreis - Natural Gas News
Bildquellen: istockphoto, H.Lehmann/Zotter, Dreamstime