Asiens neuer Energiehunger
Nach den BRIC-Staaten Indien und China rücken nun auch wieder die kleineren Länder Asiens in den Fokus der Investoren. Anleger favorisieren die dortige Energie-Infrastruktur.
von Michael Sieg, Gastautor von Euro am Sonntag
Asien stellt mit 4,3 Milliarden Menschen inzwischen über 60 Prozent der Weltbevölkerung. Bereits heute erwirtschaftet Asien 35 Prozent des Weltbruttosozialprodukts, 2035 werden es über 44 Prozent sein. Im Zeitraffertempo wandelt sich der Kontinent wirtschaftlich und politisch zum globalen Kraftzentrum. Doch das hohe Wachstum bei Bevölkerung, Wirtschaftsleistung und Konsum stellt große Teile Asiens vor enorme Herausforderungen bei der Energieversorgung.
Allein in den letzten 15 Jahren hat sich der Energiebedarf nahezu verdoppelt, und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Laut der Asian Development Bank wird der Anteil Asiens am weltweiten Energieverbrauch von heute 34 auf über 50 Prozent im Jahr 2035 wachsen. Und schon heute wird in Asien doppelt so viel Energie verbraucht wie in den USA. Das Kernproblem ist allerdings: 88 Prozent der benötigten Energie muss Asien aufgrund fehlender eigener Ressourcen mit importierten und teuren Energieträgern wie Kohle, Öl und Gas erzeugen. Das Ergebnis: eine unzureichende Energieversorgung, geprägt von hohen Strompreisen und rasant fortschreitender Umweltverschmutzung.
Erneuerbare Energien sind für
Asiens Zukunft alternativlos
Die Lösung bieten hier vor allem die erneuerbaren Energien. Sonne, Wind, Erdwärme, Wasser und Biomasse stehen in vielen Regionen Asiens im Überfluss zur Verfügung und warten darauf, nutzbar gemacht zu werden. Weitere Pluspunkte: Erneuerbare-Energien-Kraftwerke sind in vielen Regionen Asiens verhältnismäßig kostengünstig zu errichten und zu betreiben, vielerorts ohne staatliche Subventionen wettbewerbsfähig und aufgrund kurzer Bauzeiten schnell verfügbar. Sie lassen sich kleiner dimensionieren als herkömmliche, fossil betriebene Kraftwerke und sind damit ideal für die dezentrale Energieerzeugung. Das heißt: Strom wird dort erzeugt, wo er auch verbraucht wird. Im Ergebnis bietet der Ausbau der erneuerbaren Energien den Menschen und der Wirtschaft vor Ort eine gesicherte und bezahlbare Energieversorgung. Er fördert die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern und gilt in vielen aufstrebenden Wirtschaftsnationen Asiens daher als alternativlos.
So auch auf den Philippinen: "Heute schreiben wir Geschichte", verkündete Präsident Benigno Aquino III. anlässlich der Inbetriebnahme des ersten privat (von unseren Investoren) finanzierten philippinischen Solarparks. Er betonte, seine Regierung unternehme weiterhin alles, um der drohenden Energiekrise Herr zu werden. Bis 2018 sollen daher auf den Philippinen zusätzliche 5.100 Megawatt Leistung ans Netz gehen - die Regierung stehe zu ihrer Verpflichtung verlässliche, saubere und günstige Energie bereitzustellen, so Präsident Aquino.
Gerade die Philippinen stehen für eine erfolgreiche Umsetzung einer nachhaltigen Energiepolitik in den Emerging Markets. Sie zählen zu den Schwellenländern mit großem Wachstumspotenzial und werden von McKinsey als "der neue Darling" der Investoren bezeichnet. Diese Einschätzung bestätigen auch die philippinischen Wachstumsraten der vergangenen Jahre, die regelmäßig zwischen sechs und sieben Prozent lagen. Seit Jahrzehnten setzt die Regierung auf erneuerbare Energien, deren Anteil am Gesamtverbrauch nach eigener Angabe heute schon bei 40,7 Prozent liegt. In Deutschland sind es laut Eurostat gerade einmal 12,4 Prozent.
Und der Energiehunger ist gewaltig: Bis 2030 wird sich der Strombedarf nach Schätzungen des philippinischen Energieministeriums verdreifachen. Gleichzeitig sind die Rahmenbedingungen für Investitionen dank gesunder Staatsfinanzen und eines stabilen Bankensektors gut - die großen Ratingagenturen haben die Bonität des Landes 19 Mal in Folge angehoben.
Die boomende Wirtschaft, der drastische Energiemangel, dazu ein stabiles politisches Umfeld, gute Wirtschaftskennzahlen und die guten klimatischen und strukturellen Bedingungen sind Anlass genug für ausländische Investoren, sich im asiatischen Energiesektor an Projekten zu beteiligen. Hinzu kommen die staatliche Förderung der Erneuerbaren und die Offenheit ausländischen Investoren gegenüber. Diese Argumente haben uns schon vor Jahren überzeugt, in den Bau von Solar- und Biomassekraftwerken auf den Philippinen zu investieren.
Das wachstumsstarke Land ist aber nur ein Beispiel für die ambitionierten Energieziele asiatischer Staaten. So schaffen auch zahlreiche andere Länder der Region die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Energien.
Wer jedoch den asiatischen Markt kennt, weiß, dass diese Ziele ohne internationale Geldgeber nicht in ausreichendem Maße umsetzbar sind. Um Asiens Erneuerbare-Energien-Zukunft vollständig zu realisieren, sind laut Schätzungen von Bloomberg New Finance in den kommenden 15 Jahren Investitionen in Höhe von rund 2,5 Billionen US-Dollar erforderlich. Finanzielle Dimensionen, die bestehende Energieversorger, aber auch die Regierungen vor Ort überfordern.
Innovative Finanzierung als
Chance auch für Investoren
Daher bedarf es neuer Formen der Zusammenarbeit und innovativer Finanzierungsmodelle wie der Einbindung von ausländischen Investoren, zum Beispiel in Public Private Partnerships. Dort setzen wir an und investieren in ein breit gestreutes Portfolio von Infrastrukturprojekten im Bereich der nachhaltigen Stromgewinnung aus erneuerbaren Quellen sowie der zugehörigen Stromübertragungssysteme in der Region. In diesem Zusammenhang bauen wir stark auf die intensiven, über viele Jahre gewachsenen Kontakte zu lokalen Projektentwicklern, die uns den Zugang zu lokalen Infrastrukturprojekten sicherstellen. Alle Projektstandorte erleben mittelfristig einen gesellschaftlichen Wandel, unter anderem durch die Erhöhung der Kaufkraft oder die Ansiedlung von Unternehmen.
In Summe schaffen Kapital und Investorenexpertise gemeinsam mit den Menschen vor Ort bleibende Werte in Asien, die nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll sind. Wir sehen uns hier u. a. als direktes Bindeglied zwischen den asiatischen Ländern sowie europäischen Kapitalgebern und treten dafür ein, dass gerade auch hiesige Investoren und Technologiekonzerne ihr Engagement in dieser Region verstärken.
Kurzvita
Michael Sieg,
Gründer und
Chairman der
ThomasLloyd Group
Sieg hat das Unternehmen 2003 gegründet. Seitdem ist die ThomasLloyd Group zu einer
global tätigen Investment- und Beratungsgesellschaft gewachsen, die sich auf den Erneuerbare-Energien-Sektor in Asien spezialisiert hat.
Das Unternehmen mit Hauptsitz in London ist an 14 Standorten in acht Ländern in Nordamerika, Europa und Asien vertreten. In Deutschland verfügt die Gesellschaft über Niederlassungen in Frankfurt am Main, Stuttgart und München. Ihr Leistungsspektrum umfasst Capital Raising, M & A und Corporate Finance,
Projektfinanzierung und -management für Projektentwickler und Anlageberatung, Vermögensverwaltung und Fonds für private und institutionelle Investoren. Die ThomasLloyd Group verwaltet aktuell Vermögen im Wert von über drei Milliarden US-Dollar.
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Bildquellen: Digital Vision/Thinkstock, ThomasLloyd Group