Sparplan

Fondssparpläne – das Beste fürs Alter rausholen

29.07.10 06:00 Uhr

Wer den Aufbau seines Ruhestandsportfolios in die eigene Hand nimmt, kann höhere Renditen erwarten, als sie viele Riesterangebote abwerfen. Eine Anleitung zum Fondssparen.

von €uro-Redakteur Lucas Vogel

Viele hassen es, ein paar lieben es, sehr viele tun es. Das Zusammenbauen von Möbeln des schwedischen Einrichtungshauses mit den vier Buchstaben ist in Deutschland so verbreitet, dass das blau-gelbe Unternehmen hierzulande einen Umsatz von über drei Milliarden Euro macht. Vielleicht liegt es daran, dass die Deutschen geradezu besessene Hobbyschrauber, -bohrer und -maler sind – nur in Österreich geben die Menschen pro Kopf mehr für Bretter, Dübel und Wandfarben aus. Statistisch kommt auf 16?000 Deutsche ein Baumarkt.

So eifrig der Handwerkertrieb im und um das eigene Haus ausgelebt wird, so schwach ist er in anderen Bereichen ausgeprägt. Besonders in finanziellen Dingen haben die meisten wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Für die Altersvorsorge etwa finden Riester-Produkte reißenden Absatz. Dabei könnten Anleger, die ihre Altersvorsorge in die eigene Hand nehmen, wesentlich mehr für ihren Ruhestand herausholen. Denn Sparpläne mit Investmentfonds sind deutlich flexibler als die mit Steuer­vorteilen und Zulagen beworbenen, aber von Restriktionen beschränkten Riesterfonds. So müssen Erben – außer dem Ehepartner – alle Zulagen und Steuervorteile zurückzahlen. Auch der Zugriff auf das angesparte Vermögen ist bis zum Renteneintritt nur eingeschränkt möglich und mit Stornogebühren verbunden.

Flexibilität ist Trumpf

„Im Vergleich zu geförderten Vorsorgeprodukten sind Fondssparpläne flexibler, transparenter und kostengünstiger“, meint Tom Friess, 41, Geschäftsführer des VZ VermögensZentrum in München. Der Altersvorsorgeexperte aus der Schweiz kennt die Vorzüge des Sparens mit Investmentfonds. Denn hier können Anleger mit kleinen Beträgen in viele unterschiedliche Wertpapiere gleichzeitig investieren. Hinzukommt die absolute Flexibilität der Sparraten. Wer nach einigen Jahren einen Teil des Vermögens für ein Auto, eine Fernreise oder schwedische Möbel braucht, muss keine Stornokosten befürchten. Größere Einmalzahlungen sind genauso möglich wie kleine Raten von 50 Euro im Monat.

Kostenvorteile haben Fondssparpläne an zwei entscheidenden Stellen. Erstens: Während man bei Riesterfonds nicht um die Ausgabeaufschläge von meist fünf Prozent herum kommt, können Investmentfonds günstig über Direktbanken und Fondsplattformen bespart werden. Zweitens: Riesterfonds bieten zwar die Garantie aller eingezahlten Beträge einschließlich Zulagen zum Ende der Laufzeit. Die Bestandsgarantie ist Auflage des Gesetzgebers und hört sich auch gut an. Aber für den normalen Ruhestands-Sparer macht sie wenig Sinn.

Denn „bei langen Anlagezeiträumen von 20 oder mehr Jahren ist eine Garantie der eingezahlten Beträge unnötig“, lehrt Wilfried Stubenrauch, 42. Der Fondsmanager aus Schortens an der Nordsee, im vergangenen Jahr Sieger des €uro-Wettbewerbs „Finanzberater des Jahres“, weiß, dass über sehr lange Zeiträume selbst mit einem reinen Aktienportfolio kaum Geld zu verlieren ist. Dies zeigt eine Auswertung, die €uro aus Jahresrenditen des DAX erstellt hat. Anleger, die 20 Jahre oder länger in die 30 größten deutschen Aktienunternehmen investierten, haben in der Vergangenheit positive Renditen erzielt. Zudem gilt: Je länger man investiert ist, desto berechenbarer werden die zu erwartenden Renditen und desto wahrscheinlicher betragen sie pro Jahr jene rund neun Prozent, die deutsche Standardwerte im Schnitt bei langen Haltefristen ablieferten.

Garantieverschwendung

Wenn aber die Garantie gar nicht nötig ist, dann ist sie lediglich ein Renditekiller. Denn die Fondsgesellschaften müssen Vorkehrungen treffen, diese Garantie auf jeden Fall erfüllen zu können. Das geht immer zu Lasten der Aktienquote und damit der zu erwartenden Rendite. Aber warum eigentlich sind Aktien so renditeträchtig (und damit ein so erfolgversprechender Bestandteil privater Altersvorsorge)? Hat das vergangene Jahrzehnt nicht gezeigt, dass Anleger mit Aktien auch über lange Zeiträume Geld verlieren können?

Tatsächlich waren die ersten zehn Jahre dieses Jahrhunderts eine der schlechtesten Phasen für Aktienanleger seit Menschengedenken. Das Platzen der Technologieblase mit einem DAX-Absturz von über 70 Prozent und das Platzen der Kreditblase mit einem Verlust beim DAX von über 50 Prozent haben viele Privatanleger von Aktienanlagen abgeschreckt. Einige haben gar der Aktie für immer den Rücken gekehrt.

Und dennoch kommen Anleger, die langfristig Vermögen aufbauen wollen, um Aktien gar nicht herum. Ihnen bleibt eigentlich nur die Wahl zwischen zwei Anlageklassen, die eine Verzinsung des investierten Kapitals bieten. Anleihen von Staaten und Unternehmen auf der einen Seite, Unternehmensbeteiligungen auf der anderen Seite. Während die Rendite von Anleihen durch Laufzeit und Zinskupon berechenbar ist und nur von der Bonität des Schuldners abhängt, sind Aktienrenditen weitaus unsicherer.

Lesen Sie, warum eine hohe Aktienquote langfristig attraktiv ist

„Die Aktienanlage bedeutet mehr Risiko als eine Anleihe“, betont Wilfried Stubenrauch. „Deswegen muss sie auch eine höhere zu erwartende Rendite bieten. Sonst würde kein Anleger dieses Risiko eingehen.“ Will heißen: Die Überrendite gegenüber Schuldtiteln gibt es nicht umsonst. Sie wird mit wesentlich größeren Schwan­kungen bezahlt, wie die beiden großen Crashs dieses Jahrzehnts gezeigt haben. Aber einerseits steigt mit der Dauer der Anlage die Wahrscheinlichkeit, positiv abzuschneiden, andererseits mildern Sparpläne, wie sie bei der Altersvorsorge genutzt werden, diese Schwankungen. Auch deswegen empfehlen Experten, die Aktienquote einer langfristigen Anlage hoch anzusetzen. Finanzberater Stubenrauch: „Für einen 30-Jährigen würde ich eine Aktienquote von 100 Prozent empfehlen, sollte er es verkraften, dass sich sein Vermögen zeitweise um 50 Prozent verringern könnte.“ So sieht es auch die €uro-Redaktion. Folglich finden sich im Mustervorschlag für 30-Jährige ausschließlich Fonds mit Dividendentiteln. Auch innerhalb der Anlageklasse Aktien ist dies das offensivste Depot. Denn wer noch annähernd 40 Jahre bis zum Renteneintritt vor sich hat, sollte verstärkt auf die Wachstumsregionen der Zukunft setzen.

Die liegen in Asien und Südamerika. Wirtschaftlich aufstrebende Länder wie Brasilien, Indien und China haben beste Voraussetzungen, in den kommenden Jahrzehnten schneller zu wachsen als die etablierten Wirtschaftsmächte Europas oder die USA. Weil aus demografischen Gründen Europas Wachstum strukturell zurückgeht, haben es die Staaten hier immer schwerer, die Altersvorsorge ihrer Bürger zu sichern – sei es über Umlageverfahren (immer weniger Einzahler, immer mehr Empfänger) oder über kapitalgedeckte Verfahren, die meist auf Staatsanleihen basieren. Denn diese müssen wiederum über Steuern von der arbeitenden Generation bezahlt werden.

Doch es bleibt die Frage: aktiv oder passiv? Sollen Anleger aktiven Fondsmanagern vertrauen und hoffen, dass diese langfristig den Vergleichsindex nach Managementgebühren schlagen können? Oder sollen sie den vielen Studien folgen, die zeigen, dass es nur sehr wenige Fondsmanager über lange Zeiträume schaffen, ihre Gebühren zu rechtfertigen, und folgerichtig nur auf günstige, passive Indexfonds (ETFs) setzen?

Die Antwort: sowohl als auch. Zwar belegen viele Untersuchungen, dass die Zahl der Fonds, die besser als ihr Index abschneiden, mit jedem zusätzlichen Betrachtungsjahr abnimmt. Doch sind die möglichen Gewinne solcher Fonds beträchtlich. So konnte beispielsweise der Comgest Magellan in den vergangenen zehn Jahren 195 Prozent zulegen, der Vergleichs­index MSCI Emerging Markets nur um 102 Prozent. Bei einem monatlichen Sparplan von 100 Euro macht das am Ende 22.400 gegenüber 17.700 Euro.

Die €uro-Fondsstatistik (siehe Printausgabe) zeigt: Je enger ein Markt ist, je mehr professionelle Investoren involviert sind und je weniger Wahlmöglichkeiten ein Fondsmanager hat, desto schwieriger ist es für ihn, den Index zu schlagen. Beispiel: Der Euro Stoxx 50 ist ein von vielen institutionellen Anlegern beachteter Index, in dem nur Großkonzerne enthalten sind, die immer wieder von zahllosen Bank­analysten bewertet werden. Ergo ist es kaum möglich, hier einen Mehrwert zu erzielen. Dagegen bieten globale Indizes, Schwellenländer und Nebenwerte ausreichend Spielraum.

Wie die Profis

Deshalb sind die €uro-Musterdepots – wie übrigens viele Portfolios institutioneller Investoren – nach dem Core-Satellite-Prinzip aufgestellt. Standardmärkte mit wenig Mehrwertpotenzial werden über große, liquide und günstige ETFs abgedeckt, Anlageregio­nen und Anlageklassen mit mehr Chancen für aktives Management mit klassischen Investmentfonds.

Bild vergrößern

Die Gewichtung der einzelnen Fonds ist nicht in Stein gemeißelt. Zum einen macht eine hohe Aktienquote natürlich nur für Anleger Sinn, die einen herben Kursrückschlag verkraften können und in Abschwungphasen nicht emotional verkaufen. Wer hier unsicher ist, sollte vorsichtiger investieren. Zum anderen sind aktuelle Top-Fonds nicht zwingend die Gewinner-Produkte des übernächsten Jahrzehnts. Anleger sollten sich also mit den Kapitalmärkten und den ausgesuchten Fonds regelmäßig beschäftigen und gegebenenfalls umschichten. Die Altersvorsorge Marke Eigenbau ist also aufwendiger als das Standardmodell Riester. Aber dafür gibt es eventuell zum Liegestuhl gleich den passenden Privatstrand.