Euro am Sonntag-Fonds-Tipps

Schwellenländer-Mischfonds: Was für eine würzige Mixtur!

07.04.18 01:00 Uhr

Schwellenländer-Mischfonds: Was für eine würzige Mixtur! | finanzen.net

Mit der noch jungen Fondsgattung setzen Anleger auf das dynamische Wachstum der Emerging Markets - jedoch mit reduziertem Risiko.

von Julia Groth, €uro am Sonntag

Viele Anleger pflegen zu den Schwellenländern eine sehr emotionale Beziehung. Begeisterung wechselt mit Enttäuschung ab, zwischen Euphorie und Panik liegen mitunter nur wenige Tage. Jahrelang zeigten viele Investoren den Emerging Markets die kalte Schulter. Die Aufsteiger litten unter der schwachen Weltkonjunktur und hausgemachten Problemen. Den Rohstoffexporteuren machte zudem der Preisverfall bei Öl, Kupfer und Co zu schaffen. 2017 änderte sich die Lage jedoch: Die Schwellenländer erholten sich, und Anleger erlagen ihrer Anziehungskraft aufs Neue.



Die aufstrebenden Volkswirtschaften profitieren seither vom Wachstum der Weltwirtschaft und der Erholung der Rohstoffpreise. Der Aktienindex MSCI Emerging Markets legte seit Anfang 2017 bis heute in Euro gerechnet sogar um über 15 Prozentpunkte stärker zu als der Industrieländerindex MSCI World. Die wieder entflammte Liebe der Anleger zeigt sich in den Kapitalflüssen: Noch im Jahr 2015 hatten Investoren aus den Emerging Markets Geld abgezogen. Seit 2016 fließt es wieder zurück. Als besonders interessant für Schwellenländer­investoren dürften sich künftig Emerging-Markets-Mischfonds erweisen.

Der Liebling der Fondsanleger
Mischfonds, die sowohl in Aktien als auch in Anleihen investieren, führen seit einigen Jahren die Absatzliste der Fondsbranche an. "Sie sind für Anleger interessant, die sich nicht selbst um die Asset-Allokation kümmern wollen", sagt Barbara Claus, Analystin des Fondsratinghauses Morningstar. Im laufenden Jahr wird diese Selektion der Anlageklassen wohl noch schwieriger.


Die Aktienmärkte werden nach Einschätzung von Marktbeobachtern stärker schwanken, die Zinswende in Europa und in den USA setzt zugleich Anleiheanleger unter Druck. Mischfonds, die in Schwellenländer investieren, bieten in diesem Umfeld einen der wenigen Rendite-Lichtblicke: Weil dort sowohl die Aktien- als auch die Anleihemärkte gut laufen, könnte mehr Geld in Emerging-Markets-Mischfonds fließen.

Schwellenländeraktien gelten bereits seit Längerem als spannende Beimischung für risikofreudige Anleger. Dahinter steckt das Kalkül, dass die aufstrebenden Volkswirtschaften langfristig besonders dynamisch wachsen werden. 2018 dürften die Kurse aber nicht mehr so kräftig steigen wie im vergangenen Jahr, sagen Analysten. Für Aktienanleger wird es deshalb wichtiger, selektiv vorzugehen. Viele Fondsmanager finden jetzt zum Beispiel Südkorea interessant, entsprechende Aktien nehmen in zahlreichen Emerging-Markets- Mischfonds ein großes Gewicht ein.


Südkorea ist zwar ein relativ reifer Markt und fällt bei einigen Indexanbietern bereits in die Kategorie der entwickelten Staaten. Zudem wächst er weniger kräftig als in anderen Schwellenländern. Dafür sind die Aktien dort günstig bewertet. Weil sich immer mehr südkoreanische Konzerne um eine bessere Unternehmensführung bemühen, könnte eine Aufholjagd bevorstehen. Auch Indien zählt zu den Favoriten vieler Vermögensprofis. Die Reformen der indischen Regierung dürften das Wirtschaftswachstum ankurbeln.

Höhere Zinsen, höhere Risiken
Auf der Anleiheseite haben die Emerging Markets ebenfalls einiges zu bieten. Für Staatsanleihen aus Schwellenländern bekommen Anleger höhere Kupons als für Festverzinsliche aus den ­Industriestaaten. Solange die Zinsen in der Eurozone und in den USA nur langsam steigen, raten Anlagestrategen dazu, dem Rentenportfolio Emerging-­Markets-Anleihen beizumischen. Hans-Jörg Naumer, leitender Kapitalmarktstratege bei Allianz Global Investors (AGI), empfiehlt Papiere, die in Euro oder US-Dollar notiert sind. "So meidet man Währungsrisiken", sagt er. Einige Investmentprofis nutzen Wechselkursschwankungen dagegen als Renditequelle und kaufen gezielt Schwellenländeranleihen, die in lokalen Währungen ausgegeben werden.

Auch bei Anleihen ist sorgfältige Auswahl ein Muss. Die hohen Zinsen für Emerging-Markets-Bonds gibt es schließ­lich nur, weil die Risiken dort höher sind als in Industriestaaten. Beispiel Argentinien: Das Land ist ein notorischer Pleitegänger, seit der Unabhängigkeit im Jahr 1816 war es bereits achtmal zahlungsunfähig. Nach 15 Jahren der Isolation und nach einer Einigung mit großen Gläubigern der Pleite von 2001 ist Argentinien erst seit 2016 zurück am ­internationalen Kapitalmarkt.

Wer Schwellenländerpapiere kaufen will und sich die Titelauswahl nicht selbst zutraut, ist mit einem Emerging- Markets-Mischfonds gut bedient. Mischfonds, die sich ausschließlich auf Schwellenländer konzentrieren, sind eine junge Produktgattung. Wie alle Schwellenländerinvestments sollten sie nur als Beimischung zum Einsatz kommen, rät Morningstar-Analystin Claus. "Sie sind viel schwankungsanfälliger als herkömmliche Mischfonds." Deshalb sollten Anleger auch mehrere Jahre investiert bleiben. So können sie zwischenzeitliche Verluste aussitzen.

Große Renditeunterschiede
Wertentwicklungsdaten aus der Vergangenheit liefern einen Hinweis da­rauf, dass Fondsmanager unterschiedlich mit den Herausforderungen in den Schwellenländern zurechtkommen. 2017 legten Emerging-Markets-Mischfonds im Schnitt um rund neun Prozent an Wert zu, zeigen Zahlen von Morningstar. Die Bandbreite der Fonds war dabei aber enorm, sie lag zwischen 15 Prozent Gewinn und 0,5 Prozent Verlust. Die Auswahl des richtigen Produkts ist also zentral.

€uro am Sonntag stellt deshalb in der Investor-Info unten drei aus Sicht der Redaktion empfehlenswerte Produkte vor. Weil viele Fonds bisher nur über eine kurze Historie verfügen, haben wir uns dabei auf Portfolios beschränkt, die mindestens fünf Jahre vergleichsweise erfolgreich am Markt sind.

Generell spricht vieles für die junge Anlageklasse. Eine häufige Kritik an ­Mischfonds lautet, dass Anleger mit einem selbst zusammengestellten Portfolio, das je zur Hälfte aus Aktien und Anleihen besteht, in vielen Marktphasen mindestens so gut abgeschnitten hätten wie professionelle Fondsmanager. Bei Schwellenländerfonds greift diese Argumentation allerdings nicht. Denn Titelauswahl und Investmentprozess sind dort komplizierter als im Fall von Industriestaaten. Deshalb haben Fondsprofis hier besonders gute Chancen, den Markt zu schlagen.

So konnten aktive Fondsmanager den Aktienindex MSCI India in den vergangenen Jahren im Schnitt deutlich übertreffen, zeigt eine Auswertung der Ratingagentur Scope. Bei Rentenpapieren haben aktive Manager erst recht die Nase vorn: Für Einzeltitelinvestments sind die Stückelungen vieler Bonds für Privatanleger zu groß, und wer passiv per Indexfonds investiert, holt sich ­ausgerechnet jene Länder mit der höchsten Verschuldung ins Depot. Bei Schwellenländerinvestments bringen aktiv gemanagte Fonds den Anlegern also auch praktisch gesehen einen ­echten Mehrwert.

Investor-Info

AB EM Multi-Asset Portfolio
Der Platzhirsch
Fondsmanager Morgan Harting strebt aktien­ähnliche Erträge an. Mit Anleihen will er die Schwankungen begrenzen. Grundsätzlich hat er bei der Titelauswahl freie Hand, dennoch setzt sich das Portfolio ähnlich zusammen wie der Aktienindex MSCI Emerging Markets, mit Titeln aus China, Südkorea und Taiwan an der Spitze. Aktien machen derzeit rund 77 Prozent im Fonds aus, Anleihen knapp 18 Prozent, Cash hält Harting kaum. Der Fonds hat mit umgerechnet 2,2 Milliarden Euro ein recht hohes Volumen.
ISIN: LU0633140644

BL-Emerging Markets
Das Urgestein
Aufgelegt im Jahr 2007, verfügt der Schwellenländermischfonds der Banque de Luxembourg als einziger über eine Zehn-Jahres-Historie. Und die kann sich mit über 80 Prozent Plus sehen lassen. Die Fondsmanager beteiligen sich recht langfristig an den Unternehmen im Portfolio. Aktien machen derzeit mit 71 Prozent den Löwenanteil aus, Anleihen ­haben im Fonds rund elf Prozent Gewicht, der Rest steckt in Cash. Bei der Länder- und Währungsverteilung streut der Fonds breit.
ISIN: LU0309191905

Templeton EM Balanced
Der Anleihespezialist
Der Fonds ist mit einer Aktienquote von derzeit 51 Prozent vergleichsweise defensiv aufgestellt. Staatsanleihen haben einen Anteil von mehr als 33 Prozent. Doch trotz der hohen Anleihequote hat sich der Fonds sowohl kurz- als auch langfristig überdurchschnittlich gut entwickelt. Das dürfte auch daran liegen, dass mit Starmanager Michael Hasenstab ­einer der versiertesten Anleihespezialisten zum Managementteam gehört.
ISIN: LU0608807516

Bildquellen: Akhil Chandran/unsplash, 123RF