Zentralbanken - Treiber und Getriebene
Lange trieben Zentralbanken die Märkte immer weiter, immer höher. Die Wirkung ihrer Medizin lässt jedoch nach, und die Politik können sie nicht ersetzen.
Hohe Verschuldung und Volatilität sind ein gefährlicher Mix.
Macht und Ohnmacht der Zentralbanken kann man derzeit auf drei Kontinenten beobachten. Fangen wir im bewährten Krisenland Griechenland an. Trotz der beinah im Wochentakt verstreichenden "endgültigen Deadlines" schaffte nur eine Maßnahme das gewünschte Dringlichkeitsgefühl: Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Emergency Liquidity Assistance (ELA) für Griechenland nicht zu erhöhen. Im Falle einer kompletten Streichung der ELA-Linien, etwa bei Nichtbedienung der EZB-Schulden, hätte wohl auch kein Bankurlaub mehr das griechische Bankensystem retten können. Gleichwohl muss man von Ohnmacht sprechen, da sich die EZB zwangsläufig zum Erfüllungsgehilfen der Politik machen musste, als sie ihre Entscheidungen nicht mehr autonom und weitgehend regelbasiert treffen konnte.
Im Vergleich zu den wenigen hundert Milliarden Euro, die in Griechenland im Feuer stehen, musste Chinas Zentralbank mit einem viel größeren Monster, dem sieben Billionen Dollar schweren heimischen Aktienmarkt, kämpfen - im Juni waren es noch über zehn Billionen Dollar. Immerhin muss sich die chinesische Zentralbank nicht den Anschein politischer Unabhängigkeit geben. Doch da sie alleine nicht Herr der Lage wurde, lieferte sie nur eine der vielen Waffen, mit denen Peking auf die massiven Kursausschläge der Börse reagierte. Ob gar eine Systemgefährdung vorlag, ist fraglich - das Finanzvermögen der Chinesen enthält nur rund fünf Prozent Aktien und die Inlandsbörsen liegen seit Jahresanfang immer noch zweistellig im Plus. Anders der für Ausländer entscheidende Hongkonger Hang Seng China Enterprises Index (HSCEI). Er liegt etwa auf Jahresanfangsniveau und könnte unserer Meinung nach aufgrund der Bewertung und der wieder erstarkenden Wirtschaft im zweiten Halbjahr noch Chancen bieten.
Auch die Federal Reserve (Fed) muss sich schon länger mehr den Kapitalmärkten als der Inflation widmen. Selbst wenige Wochen vor dem vermeintlich wahrscheinlichsten Zinserhöhungstermin (September) will oder kann sie sich angesichts der zweideutigen Wirtschaftslage nicht festlegen. Welchen Spielraum hat sie überhaupt? Sie kämpft wie viele große Zentralbanken mit den Nachwirkungen der Krisenbekämpfung: Wie kehrt man zur "Normalität" zurück, in einem Umfeld mauen Wachstums und einer Verschuldung, die das Vorkrisenniveau noch übertrifft? Denn egal was man von der Politik des leichten Geldes hält, eine negative Nebenwirkung hat sie auf jeden Fall: hoch gehebelte Wirtschaftssubjekte und Kapitalmärkte sind anfälliger für Schwankungen und verstärken diese noch. Vielleicht rührt daher der Drang der Zentralbanken, konjunkturelle Abschwünge schon im Keim mit neuer Liquidität zu ersticken. Langfristig leidet jedoch die Robustheit einer Wirtschaft ohne die bereinigende Wirkung der Konjunkturzyklen.
Asoka Wöhrmann
Chief Investment Officer und Mitglied des Deutsche AWM Executive Committee
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*Quelle: BVI, Stand 31. Mai 2013, inkl. DB-Produkte
**Stand: 30. Juni 2013