Auswirkungen erklärt: Warum bewegen Zollankündigungen eigentlich die Aktienmärkte?
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Vor rund einer Woche ordnete US-Präsident Donald Trump weitreichende Zölle gegen Mexiko, China und Kanada an. Zwar wurden die Zölle gegen die zwei Nachbarländer wenig später wieder für einen Monat ausgesetzt, jedoch hatten die Aktienmärkte weltweit da bereits mit kräftigen Verlusten auf den Schritt der USA reagiert. Doch warum und wie beeinflussen Zölle überhaupt die Aktienkurse?
• US-Zollankündigungen ließen Aktienmärkte einknicken
• Zölle wirken sich auf Gewinn- und Umsatzchancen von Unternehmen aus
• Wieder steigende Inflation befürchtet
Anfang Februar hat US-Präsident Trump seine Drohung wahrgemacht und Strafzölle zunächst auf Importe aus Kanada, Mexiko und China angeordnet, die ab dem 4. Februar gelten sollten. Während Mexiko und Kanada in der Folge einen einmonatigen Aufschub verhandeln konnten, traten die Zölle gegen China wie geplant in Kraft, die Regierung in Peking reagierte mit Gegenzöllen.
Doch schon allein die Furcht vor den Folgen der neuen US-Handelspolitik sorgte beim deutschen Leitindex DAX zu Beginn der letzten Woche für kräftige Abgaben. Auch die asiatischen Börsen rutschten ab. Anleger zeigten sich durch die Zollankündigungen verunsichert, zogen Kapital aus risikobehafteten Anlagen wie Aktien ab und suchten Zuflucht in sicheren Häfen, wovon vor allem der Goldpreis profitieren und ein neues Allzeithoch markieren konnte. Doch abgesehen von den Folgen der steigenden Verunsicherung unter Anlegern - welche konkreten Auswirkungen ergeben sich durch neue oder höhere US-Zölle für Unternehmen und deren Aktien?
So wirken sich Zölle auf die Unternehmensgewinne aus
Zölle sollen heimische Industrien in erster Linie vor ausländischer Konkurrenz schützen, indem importierte Güter verteuert werden. Denn die Abgaben müssen vom Importeur gezahlt werden - nicht vom Exporteur - und sollen diesen somit dazu bewegen, eher auf heimische Produkte zu setzen. Für die ausländischen Unternehmen, deren Waren von den Zöllen betroffen sind, bedeuten die höheren Preise, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit in dem entsprechenden Land sinkt und somit auch ihre Absatzchancen dort geringer werden. Das wirkt sich negativ auf ihren Umsatz und ihre Profitabilität aus.
Doch auch für Unternehmen mit Sitz in dem Land, das die Zölle erhebt, gibt es negative Auswirkungen. Denn sind sie auf importierte Rohstoffe oder Komponenten angewiesen und können nicht einfach komplett auf heimische Produkte ausweichen, müssen sie die höheren Kosten selbst tragen oder sie an die Kunden weitergeben. Das gilt auch, wenn die Importe zwar durch heimische Güter ersetzt werden können, diese aber teurer sind, als es die Importe vor der Zollerhöhung waren. Egal, wie sich die Unternehmen mit Blick auf die höheren Kosten entscheiden, dürfte sich dies negativ auf ihren Gewinn auswirken, da selbstgetragene Mehrkosten die Gewinnmarge schmälern, während höhere Preise wiederum die Nachfrage reduzieren dürften.
Für inländische Produzenten sind höhere Zölle also ein zweischneidiges Schwert. So würden beispielsweise Stahlwerke und Automobilhersteller mit Fabriken in den USA größtenteils von der geringeren Konkurrenz profitieren, die Vorteile würden jedoch teilweise durch steigende Komponentenkosten zunichte gemacht, wie "Kiplinger" erklärt. Für Unternehmen der Tech-Branche wie etwa die Magnificent 7, die einen großen Einfluss auf den Aktienmarkt haben, würden allerdings laut der Nachrichtenseite hauptsächlich die Ausgaben steigen, da sie mehr für importierte Elektronik und Komponenten, etwa aus China, zahlen müssen, jedoch nicht den gleichen Anstieg der Inlandsumsätze erzielen könnten wie der Einzelhandel.
Diese Auswirkungen der Zölle erwarten Experten für den US-Aktienmarkt
Analysten von Goldman Sachs schätzen, dass die jüngst angekündigten US-Zölle den fairen Wert des breiten US-Index S&P 500 um etwa 5 Prozent reduzieren könnten. Sie argumentieren laut "Investopedia", dass Zölle entweder die US-Gewinnmargen durch höhere Input-Kosten schmälern oder zu Umsatzeinbußen führen werden, wenn höhere Kosten an Konsumenten weitergegeben werden. "Wir schätzen, dass jede Erhöhung des US-Zollsatzes um 5 Prozentpunkte den Gewinn pro Aktie im S&P 500 um etwa 1-2 Prozent reduzieren würde. Wenn die an diesem Wochenende angekündigten Zölle aufrechterhalten werden, würden unsere Gewinnprognosen für den S&P 500 daher um etwa 2-3 Prozent sinken", so die Experten.
Analysten der Bank of America erwarten laut der Internetseite sogar, dass ein Handelskrieg zwischen den USA und ihren größten Handelspartnern zu einem acht-prozentigen Rückgang der Gesamtgewinne des S&P 500 führen könnte.
Zudem würden Zölle laut Goldman Sachs den US-Dollar weiter aufwerten lassen, was dazu führen würde, dass US-Exporte teurer werden, wie "Investopedia" weiter berichtet. Letztlich würde dies der US-Wirtschaft selbst schaden, da ein stärkerer US-Dollar internationale Verkäufe teurer machen und somit beeinträchtigen würde. Diese seien laut den Goldman Sachs-Experten allerdings für 28 Prozent des Umsatzes der Unternehmen im S&P 500 verantwortlich. Zudem könnten exportorientierte Unternehmen unter Gegenmaßnahmen der Handelspartner leiden, was ihre internationalen Absatzchancen weiter beeinträchtigen würde. Es wäre somit nicht nur ein deutlicher Rückgang der Gewinnmargen sondern auch des Umsatzes zu erwarten, was auch die Aktienkurse der betroffenen Unternehmen negativ beeinflussen sollte.
Auch der ehemalige JPMorgan-Chefstratege Marko Kolanovic warnte vor Risiken für den Aktienmarkt durch die neuen US-Zölle und deren Auswirkungen. "Der Handelskrieg versetzt uns in ein Umfeld wie 2018 (höhere Volatilität, niedrigere Bewertungen). Wer darauf hinweist, dass Trump sich um den Aktienmarkt kümmert, sollte bedenken, dass er selbst damals erst reagierte, als die Kurse um etwa 5 Prozent gefallen waren. Die Toleranz gegenüber Kursrückgängen könnte jetzt höher sein, und die Märkte befinden sich auf Höchstständen", schrieb er in einem Beitrag auf dem Kurznachrichtendienst X.
Trade war puts us in 2018 environment (higher volatility, lower valuations). Those who point that Trump cares about stock market, should remember that even then he did not react until ~5% decline. Tolerance for declines could be higher now, and markets are at highs.
- Marko Kolanovic (@markoinny) February 2, 2025
Zölle könnten Zinssenkungskurs der Fed gefährden
Auf makroökonomischer Ebene können Zollerhöhungen außerdem das Wirtschaftswachstum bremsen und die Inflation anheizen. Denn laut "Deutschlandfunk" werden Mehrkosten in der Warenkette von Produkten in der Regel auf die Konsumenten abgewälzt, was zu steigenden Verbraucherpreisen führt. Wird der Konsum teurer, facht das auch die Inflation an, wie auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel gegenüber "dpa-AFX" betonte. Sollte die Inflation längerfristig hoch bleiben, wäre die US-Notenbank Federal Reserve allerdings dazu gezwungen, die Leitzinsen länger auf dem aktuellen Niveau zu halten oder sogar wieder zu erhöhen. Höhere Zinsen liefern jedoch Gegenwind für die Aktienkurse. Zölle haben somit nicht nur weitreichende Auswirkungen auf einzelne Unternehmen und somit auch deren Aktienkurse, sondern auch auf den gesamten Aktienmarkt.
Redaktion finanzen.net
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