Euro Titelgeschichte

Offene Immobilienfonds: 80 Milliarden Euro in Gefahr

30.09.09 06:06 Uhr

50 Jahre stabile Renditen – doch zum Jubiläum gibt es keine Geschenke, sondern fallende Preise, sinkende Mieten und Liquiditätsprobleme. Kommt die Branche durch die Krise?

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von Lucas Vogel, Ralf Ferken, Stefan Rullkoetter, Jörg Lang, €uro

Düstere Wolken ziehen auf. Main­hattans Bürotürme versinken in einer trüben Suppe. Ein Bild, passend zur Lage Offener Immobilienfonds (OIF). Denn so richtig weiß momentan niemand, wie es im Jubiläumsjahr um diese Anlageklasse bestellt ist.

Wie hart trifft die Krise den Büro- und Einzelhandelsmarkt? Wie sehr sind die milliardenschweren Fonds von Abwertungen, steigenden Leerständen und Mietkürzungen betroffen? 2009 wird für OIFs zur Nagelprobe. 50 Jahre konstante Erträge über der Teuerungsrate, 50 Jahre höchste Stabilität in der von Skandalen sonst regelmäßig heimgesuchten Immobilienbranche – 50 Jahre Absolute Return. Tatsächlich waren OIFs bisher das einzige Anlageprodukt, das privaten Anlegern einen einfachen Weg zur Investition in Gewerbeimmobilien inklusive breiter Streuung bot – und täglich ge- und verkauft werden konnte.

Und dann kam die Finanzkrise.

Matthias Weinbeck, 32, OIF-Analyst beim Dachfondsmanager Sauren, erinnert sich: „Als sich die Lage an den Kapitalmärkten im Herbst 2008 verschärfte, wurde alles verkauft, was Risiko aufwies und liquide war.“ Dachfondsmanager, Vermögensverwalter und kleinere institutionelle Anleger zogen ihre Gelder ab. Viele Fonds, auch Branchenriesen wie der AXA Immoselect oder der CS Euroreal, mussten schließen, weil sie nicht genügend Liquidität hatten, um alle Anleger bedienen zu können.

Das ist das Grundproblem der Fondskonstruktion: OIFs investieren in Büro- und Gewerbeimmobilien, die sich nicht täglich veräußern lassen. Sie müssen aber gleichzeitig die tägliche Rückgabe von Anteilen sicherstellen. In Zeiten, in denen viele Anleger ihre Anteile zurückgeben, kommt es zu Liquiditätsengpässen. Die Schließung eines Fonds ist dann der letzte Ausweg. Versiegelte Fonds sind ärgerlich für Anleger und Anbieter. Doch das ist nicht mal das größte ­Problem der OIFs im Jubiläumsjahr.

Lesen Sie, wie der Abwertungsschock die Branche traf

Am 23. Juli die­ses Jahres berichtigte der Morgan Stan­ley P2 Value den Wert seines Immobi­lienbestands um 231 Millionen Euro. Der Anteilspreis sank um 13,9 Prozent. ­Damit gelang dem Fonds ein trauriger Rekord. Er lieferte die größte einmalige Abwertung seit Bestehen der OIFs.

Das Timing war verheerend. Schließlich hatten Anfang Juli Schwergewichte der Branche wie der CS Euroreal ihre Pforten wieder geöffnet. Die Lage schien sich gerade zu stabilisieren. Der Fall Morgan Stanley verunsicherte die Anleger nun erneut. So zogen Investoren beim CS Euroreal allein im Juli 800 Millionen Euro ab. Das entspricht rund 70 Prozent des Liquiditätspolsters, das sich der Fonds in den Monaten der Schließung aufgebaut hatte. Offenbar war den Anlegern die Wetterlage noch immer zu undurchsichtig.

Morgan Stanley musste seinen Bewertungsbedarf beim Regulierer BaFin anmelden. Für €uro Anlass nachzufragen, ob sich schon andere Gesellschaften wegen einer Überprüfung des gesamten Bestands gemeldet hätten. Dazu könne man keine Aussage machen. Ob denn jemals ein Fonds von der BaFin aktiv aufgefordert worden sei, eine komplette Neubewertung vorzunehmen? Auch hier bleibt die BaFin stumm. Und der Nebel: bleibt auch.

Fondsgesellschaften, Wertgutachter, Immobilienhändler und Dachfondsmanager betonen stets, dass der Morgan-Stanley-Fonds nicht repräsentativ für die Branche sei. Christian Roch, Manager des erfolgreichsten Immobiliendachfonds RP Global Real Estate in diesem Jahr, meint: „Der Morgan-Stanley-Fonds ist ein Sonderfall, weil er ein höheres Klumpenrisiko eingegangen ist und bei niedrigeren Renditen eingekauft hatte als die meisten anderen Fonds sowie ein aggressives Trading-Portfolio aufgebaut hatte.“

Tatsächlich hat der Ende 2005 aufgelegte Fonds sein Portfolio in einer Zeit zusammengekauft, als die Immobilienpreise ihre Hochphase erlebten. Befeuert von angelsächsischen Finanzinvestoren, die mit hohem Kredithebel agierten, stiegen sowohl Preise als auch Handelsvolumina bei Gewerbeimmobilien in den Jahren 2006 und 2007 in nie da gewesene Höhen. Besonders stark war die Übertreibung in Großbritannien und Spanien. Aber auch in Asien waren viele Märkte überhitzt. Umso größer jetzt: das Abwärtspotenzial. Auch die Preise in Deutschland stiegen, aber nicht so stark wie in den Immobilien-Boomländern.

Mittlerweile deutet sich eine Bodenbildung an. Immobilienspezialisten wie Jones Lang LaSalle und CBRE sehen eine Belebung im zweiten Quartal 2009 sowohl bei Transaktionen als auch bei den Handelsvolumina – allerdings von einem sehr niedrigem Niveau im ersten Quartal aus. Eine spannende Marktphase für Geschlossene Immobilienfonds. Aber wie haben sich die Offenen Fonds im Boom verhalten?

Laut Fabian Klein, Deutschland-Investmentchef des weltweit größten Immobilienhändlers CB Richard Ellis, agierten die OIFs 2006 und 2007 strategisch: „Die meisten haben diese Situation genutzt, um ihr Portfolio von alten oder sehr ­großen Gebäuden zu befreien, und ver­kauften diese“, meint der 42-Jährige im Interview mit €uro.

Lesen Sie, wie sich die Offenen Immobilienfonds im Wert entwickelt haben

Angesichts der Preisrückgänge von rund zehn Prozent an deutschen Standorten wie München bis zu Einbrüchen von in der Spitze 40 Prozent in der Finanzmetropole London hält sich die Wertentwicklung der meisten OIFs nun erstaunlich gut. Bis auf den Morgan-Stanley-Fonds und den EURO ImmoProfil (2009 minus 3,4 Prozent) gab es auf Sicht von zwölf Monaten noch keine negativen Renditen.

Der EURO ImmoProfil darf als Sonderfall gelten. Er wird von Experten als der Fonds mit der schlechtesten Qualität der Objekte eingestuft, hat mit alten Immobilien zu kämpfen und bereits seit Anfang 2008 Performance-Probleme.

Miese Perspektiven

Aber wie hart trifft es nun die OIFs, die gemeinhin mit Verzögerung auf Rezessionen reagieren? Ihre Performance besteht aus drei Komponenten: Mieterträge, Auf- bzw. Abwertungen des Immobilienbestands sowie Zinsgewinne aus den Anlagen der Liquidität. Bei allen drei Komponenten dürfte es aktuell Schwierigkeiten geben:
• Die Mieterträge sinken in wirtschaftlichen Abschwungphasen wegen höherer Leerstandsquoten und niedrigerer Neuvermietungs-Erträge.
• Dies wirkt sich auch auf die Bewertung durch die Gutachter aus, die den Verkehrswert der Immobilien hauptsächlich anhand der zu erwartenden Miet­einnahmen kalkulieren.
• Liquidität ist das Bargeld der Fonds. Wie viele Sparer das momentan bei Tagesgeldkonten schmerzlich erfahren müssen, sind die kurzfristigen Zinsen deutlich niedriger als noch vor einigen Monaten.

Folglich sehen die meisten Experten die Renditechancen unterhalb des langjährigen Durchschnitts von 3,5 bis vier Prozent: „Mittelfristig erwarten wir einen Rückgang der Renditen auf bis zu 2,5 Prozent“, meint Max Schott, Fondsmanager des Immobiliendachfonds Smart-Invest Liquid Real Estate. Noch konser­vativere Marktbeobachter gehen von Renditen zwischen null und drei Prozent aus – bei größeren Unterschieden zwischen den einzelnen Fonds.

An welchem Ende des breiter gewordenen Performance-Bands ein Fonds landet, hängt von vielen Faktoren ab. Um Anlegern die Möglichkeit einer Einschätzung ihres persönlichen Investment­risikos zu geben, hat €uro wichtige Kennzahlen direkt bei den Gesellschaften abgefragt und bietet eine exklusive Übersicht für die größten deutschen OIFs (siehe Tabelle). Wie die einzel­nen Kennzahlen zu interpretieren sind, lesen Sie über der Tabelle.

Seit einigen Jahren hat sich die Transparenz der Fonds stetig verbessert. Die von den Gesellschaften veröffentlichten monatlichen Factsheets beinhalten oft wichtige Daten, die früher überhaupt nicht herausgegeben wurden. Dies ist eine Folge der veränderten Investoren­struktur. Vermögensverwalter und Dach­fondsmanager fordern mehr Informa­tio­nen, mehr Transparenz, und die Gesell­schaften reagieren. Das Engagement großer Adressen bei Immobilienfonds hat für Kleinanleger also auch Vorteile.

Lesen Sie, warum die Bewertung von Immoblien schwierig ist

Obwohl die Kennzahlen einen Vergleich der Fonds möglich machen, bleibt eine Unbekannte: die Bewertung der Immobilien. Laut Gernot Archner, Geschäftsführer des Bundesverbands der Immobilien-Investment-Sachverständigen (BIIS), ist die Bewertung von Immobilien in OIFs immer eine Sache von Bandbreiten. „Dabei kann ein Gebäude von zwei Gutachtern durchaus mit einer Spanne von bis zu 20 Prozent bewertet werden“, meint der 43-Jährige.

Woher kommt dieser große Spielraum? Grundlage für die Bewertungspraxis ist das Investmentgesetz. Danach müssen alle Immobilien mindestens einmal innerhalb von zwölf Monaten von einem geeigneten Gutachter bewertet werden. Dieser ermittelt einen sogenannten Verkehrswert, der nach der Ertragswertmethode errechnet wird. Dabei spielen weniger die aktuellen Marktpreise als vielmehr die langfristig erzielbaren Mieterträge eine Rolle. Diese werden auf den Bewertungstag abgezinst.

Je kürzer die Laufzeit eines Mietvertrags, desto abhängiger ist die Objektbewertung von der Einschätzung des Gutachters über die Höhe zukünftiger Anschlussmieten. Je kürzer die Mietlaufzeiten, desto größer der Spielraum. Und: je niedriger die aktuellen Marktzinsen, desto höher der aktuelle (abdiskontierte) Wert der Immobilie.

So geht das nicht nur bei OIFs. Auch Immobilienaktiengesellschaften bewerten ihr Portfolio regelmäßig nach ähnlichen Maßstäben. Doch die Anbieter der OIFs betonen geradezu mantraartig, dass sie den Spielraum bei der Bewertung nur zur Glättung der Renditen verwenden würden. Kein Immobilieninvestor sei so konservativ wie die OIFs.

Das sehen auch die Gutachter so. Als die Preise 2006 und 2007 in die Höhe schnellten, hätten zwar einige Marktteilnehmer bei Anschlussmieten getrickst und die historisch niedrigen Zinsen für die nächsten Jahrzehnte fortgeschrieben. Aber „die Sachverständigenausschüsse Offener Immobilienfonds waren viel konservativer und bildeten keine Hoffnungswerte ab“, meint Gernot Archner.

Lesen Sie, wie das Horrorszenario aussehen würde - und wie wahrscheinlich es ist

Die Glättung der Bewertungen ist das Markenzeichen der OIFs. Christian Roch, Fondsmanager des RP Global Real Estate weiß: „In schlechten Marktphasen sind die Immobilien über-, in guten Marktphasen unterbewertet.“ Das bedeutet aber auch: In der momentan schwierigen Marktsituation sind die Immobilien zu teuer.

Das wird erst dann zum Problem, wenn Mittelabflüsse so groß werden, dass die Fonds Gebäude verkaufen müssen, um die Anleger zu bedienen. Die Schließung der Fonds war daher auch eine Sicherheitsmaßnahme. Sie verhindert Zwangsverkäufe und gibt den Fonds Zeit, Liquidität über den Verkauf von Fondsanteilen aufzubauen.

Besonders gut ist dies Union Investment (Volks- und Raiffeisenbanken), hausinvest (Commerzbank) und der Deka (Sparkassen) gelungen. Sonja Knorr, 29, leitende Analystin für OIFs beim Ratingunternehmen Scope, weiß, warum: „Anbieter, die über ein großes Filialnetz Liquidität präzise steuern können, sind gegenüber anderen Anbietern im Vorteil.“ Sie können in den Bankfilialen schnell neue Fondsanteile vertreiben und so Fondsschließungen leichter vermeiden als Anbieter ohne Filialnetz.

Sollte aber ein weiterer Abwertungs­skandal die Branche erschüttern, könnte es auch für die Riesenfonds eng werden. Im schlimmsten vorstellbaren Szenario sorgen massive Mittelabflüsse für erneute Schließungen und letztlich Verkäufe von Objekten zur Liquiditätsbeschaffung. In einem schlechten Marktumfeld sind das Abwertungen in der Größenordnung des Morgan Stanley P2 Value. „Die größte Gefahr für die Anlageklasse ist derzeit die ungelöste Liquiditätsproblematik und damit verbundene mögliche Schließungsrisiken“, meint auch Scope-Expertin Knorr.

Die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios wird von den meisten Marktteilnehmern als sehr gering eingestuft. Einerseits sind attraktive Alternativanlagen im defensiven Bereich derzeit rar. Die Tages­anleihe des Bundes bringt aktuell gerade mal 0,19 Prozent. Außerdem ist bei einer Zuspitzung der Krise eine Stützung durch die Mutterbanken wahrscheinlich. Zu groß ist die Gefahr für das Renommee der OIFs, zu wichtig sind sie für die Banken.

Doch beim CS Euroreal zeigte sich, dass es sehr schnell gehen kann, wenn Anleger verunsichert sind. Allein in den ersten vier Wochen nach Wiedereröffnung im Juli zogen Anleger 800 Millionen Euro ab – rund 70 Prozent der Liquiditätsreserven, die sich der Fonds mühsam über Monate aufgebaut hatte. Auch erfahrene Dachfondsmanager wie Max Schott sehen die Gefahr einer Liquiditätskrise noch nicht gebannt: „Dieses Szenario kann man nicht gänzlich ausschließen.“ Sollte es eintreten, würde sich der Nebel der Unsicherheit in einen Nebel des Grauens verwandeln.

Lesen Sie, wie das Chance-Risiko-Verhältnis aussieht

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Schlie­ßungswelle gering ist, attraktiv ist das Chance/Risiko-Verhältnis einer Anlage in OIFs momentan nicht. Den gesunkenen Renditeerwartungen knapp über null steht ein Liquiditäts- und schwer einschätzbares Abwertungsrisiko gegenüber. Das gilt zumindest für die kommenden zwölf Monate.

Aber die Auswahl an Alternativen ist nicht groß. Am ehesten entsprechen die Fonds CAAM Dynarbitrage Volatility, Echiquier Patri­moine und Eth­na Global Defensiv diesem Anforderungsprofil.

Die Mischfonds von Echiquier und Ethna investieren hauptsächlich in Anleihen und haben einen sehr defensiven Charakter. Der CAAM-Fonds nutzt die Unterschiede in der Bepreisung von Volatilität bei Wandelanleihen und Optionen aus.

50 Jahre OIF bewahren nicht vor der Frage, warum das Produkt so lange ruhig und sicher lief und dann innerhalb von vier Jahren (2005 musste der grundbesitz invest nach Gerüchten über Abwertungsbedarf schließen) zweimal ins Schlingern gerät.

Die Gründe liegen vor allem in der mangelhaften Anpassungsfähigkeit der Fondskonstruktion: Vor rund zehn Jahren haben Dachfondsmanager, Vermögensverwalter und kleinere institutionelle Anleger die Fonds entdeckt. Im Gegensatz zu den vielen Kleinanlegern vom Bankschalter sind sie in der Regel aktiver, schichten schneller um und bewegen dabei erhebliche Summen. So war der Dachfondsanbieter Sauren im Sommer 2008 mit mehreren Hundert Millionen Euro in OIFs investiert.

Die Anbieter haben zwar dieses „neue“ Geld gern genommen, die nötigen Anpassungen aber verschlafen. Wenn große Investoren so schnell kommen und gehen können, sind Liquiditätsengpässe vorprogrammiert. Pünktlich zum 50-jährigen Jubiläum muss die Branche eine Antwort finden – ob über getrennte Tranchen für institutionelle Investoren, Rückgabefristen oder andere Regularien. Der Kleinanleger muss besser geschützt werden.

Denn er ist es, der im Nebel tappt und nicht mehr weiß, was Offene Immo­bilienfonds heute sind: sichere, verlässliche Anlagen oder riskante Wetten auf die ruhige Hand weniger Großinves­toren?

Lesen Sie, welche Immobilienaktien interessant sind

Immobilien-AGs werden jeden Tag an der Börse neu bewertet. Ist die Nachfrage nach den Aktien hoch, steigt der Preis. Und umgekehrt. Dabei können sich die Kurse deutlich von den Netto-Vermögenswerten der Immobilien ­entfernen. Weil die Anleger zuletzt sehr pessimistisch waren, verzeichneten die Aktien im Vergleich zu Offenen Immobilienfonds in den vergangenen ­anderthalb Jahren erhebliche Werteinbußen.

So notieren gerade die deutschen Vertreter trotz einer Erholung zurzeit immer noch unter dem Wert ihrer bilanzierten Immobilien. „Die Bewertung der Immobilien in Aktiengesellschaften werden genauso ­durchgeführt wie bei Offenen Immobilienfonds“, sagt Ferdinand von Sydow, ­Geschäftsführer von IVG Funds, Wiesbaden. „Es sind teilweise die gleichen Gutachter und Sachverständigen.“ So gesehen sind die Differenzen von bis zu 50 Prozent nur mit dem Argument erklärbar, dass ­Investoren für die Verschuldung der börsennotierten AGs einen hohen Abschlag kalkulieren.

Im Fokus von Anlegern sollten deshalb insbesondere vorsichtig gemanagte Firmen stehen, die ihre Fremdkapitalseite gut im Griff haben. Ein Beispiel ist die Alstria Office REIT, die langfristig vermietete Büroimmobilien hält. Der Buchwert liegt bei 12,30 Euro pro Aktie, der Kurs um 34 Prozent darunter. Die Immobilienverkäufe der Gesellschaft in den vergangenen Monaten belegen, dass die Buchwerte zumindest erreicht werden konnten.

Ähnlich solide ist die kleine Immobilienfirma VIB Vermögen aufgestellt. Das Verhältnis von Börsenwert zu Buchwert beträgt nur 0,63. Die niedrigsten Kennziffern bieten IVG und DIC Asset. Bei beiden ist aber die Verschuldung auch deutlich höher. Deshalb eignen sich die Aktien nur für spekulative Investoren.

Lesen Sie, welche Immobiliendachfonds attraktiv sind

Vor fünf Jahren wurde der DJE Real Estate aufgelegt – der erste Dachfonds für Immobilien. Mehr als 20 weitere Produkte folgten. Grund für €uro, ab sofort die Kategorie „Dachfonds Offene Immobilienfonds & REITs“ einzuführen (in der Druckausgabe im Beiheft best-buy, Seite 20). Das Konzept: Offene Immobilienfonds dominieren im Dachfonds-Portfolio und liefern stabile Wertzuwächse. Beigemischte Immobilienaktien und REITs sorgen für den Extrakick an Rendite. Allerdings unterscheiden sich die Dachfonds untereinander. So mischt der W&W-Fonds statt Aktien lieber Anleihen bei. Ähnlich der Allianz-Fonds, der nur bis zu fünf Prozent Aktien hält.

Die höchste Aktienquote hat der CS PortfolioReal. Nur Offene Immobilienfonds besitzt der RP Global Real Estate. Manager Christian Roch, 35, nutzte hier bislang gute Kaufchancen und ­er­zielte so hohe Zuwächse. Wie seine Kollegen setzt Roch auf Produkte für Groß­kunden. Gegenüber Tranchen für Otto-Normal-Anleger halten diese weniger Kasse, sind günstiger und versprechen höhere Renditen. DJE-Mann ­Ulrich Kaffarnik, 52, rechnet hier in den nächsten Jahren sogar mit zweistel­ligen Renditen. Roch pflichtet bei, er will vor allem neue Fonds kaufen. Risiko bei Dachfonds: Werden Offene Immobilienfonds aus ihrem Portfolio geschlossen, müssen sie den Dachfonds eventuell auch schließen.

Lesen Sie, was bei Geschlossenen Immobilienfonds zu beachten ist

Das Neugeschäft bei Geschlossenen Fonds schwächelt: Im ersten Halbjahr 2009 sammelten Initiatoren bei Anlegern nur noch 2,15 Milliarden Euro frisches Kapital ein – im Vergleich zum Vorjahr (5,4 Milliarden Euro) ein Minus von rund 60 Prozent.

Einzig die Anbieter Geschlossener Immobilienfonds kamen mit einem blauen Auge davon: „Zwar wurde nur noch für 1,05 Milliarden Euro gezeichnet, der Marktanteil dieses Segments stieg aber in den ersten sechs Monaten des Jahres auf 49,13 Prozent“, sagt Wolfgang Kubatzki von Feri EuroRating Services. „Auch die Fondsanzahl erhöhte sich gegen den Trend von 35 auf 43“, bestätigt Steffen Möller von der Rating-Agentur Scope.

Während Anleger USA- und Europa–Immobilienfonds weiter skeptisch begegnen und Asien-Zeichnungsangebote, an denen sich Investoren nur über Zielfonds und Zertifikate-Strukturen beteiligen können, derzeit als nahezu unverkäuflich gelten, sind Deutschlandfonds die klaren Gewinner: Gefragt sind bei Investoren werthaltige Objekte in Metropolregionen – als Inflationsschutz und mit Aussicht auf stabile Mieterträge.

„Die Fonds-Pipeline ist gut gefüllt – wir erwarten dieses Jahr noch 15 bis 20 neue Emissionen in diesem Segment“, sagt Immobilien-Experte Kubatzki. Die Initiatoren konzentrieren sich auf Immobilien am Heimatmarkt, weil sie hier das größte Potenzial sehen: Neben Büro- und Einzelhandelsobjekten stehen auch Pflegeheime, Hotels und Wohngebäude im Fokus.

Deren Anbieter hoffen, die Nachfrage für Wohnimmobilien auf ihr Beteiligungs­angebot umlenken zu können. Zudem können Deutschlandfonds-Anleger von einem Steuervorteil profitieren: Bei durchschnittlich 5,5 Prozent prospektierter Fondsausschüttung sind in der Regel 4,0 Prozent abgabenfrei – und nur 1,5 Prozent zu versteuern.

Der Haken: Die Fondsobjekte wurden in den Vorjahren oft teuer eingekauft. „Auf Basis der damaligen Preise lässt sich heute kein attraktiver Fonds mehr konzipieren“, sagt Möller. Wer als Anbieter nicht abwarten will, bis die Preise wieder auf ihr früheres Niveau steigen, muss die betreffenden Immobilien auf den aktuellen Marktwert abschreiben.

So hat die Commerz Real die E-Plus-Deutschlandzentrale mit 7,5 Prozent Abschlag auf den Preis, den sie vor zwei Jahren selbst bezahlt hatte, in den CFB-Fonds 173 eingebracht, um sechs Prozent Ausschüttung darstellen zu können. IVG Funds hat dagegen für den EuroSelect 18 vier Objekte exakt auf Höhe der eigenen Herstellungskosten von rund 96 Millionen Euro eingebracht – und dabei auf seine Entwicklermarge verzichtet.

„Um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen, müssten Initiatoren die Weichkosten für Vertrieb und Verwaltung senken und sich auch bei Geschlossenen Immobilienfonds nachrangig an ihren Produkten mit eigenem Kapital beteiligen“, fordert Chefanalyst Möller. Tatsächlich sind diese Fondsnebenkosten im Jahresvergleich gestiegen – von 18,0 auf durchschnittlich 19,07 Prozent.

„Zudem scheint es längst überfällig, dass Initiatoren stärker erfolgsabhängig arbeiten“, fordert Möller, „und den größten Teil ihres Verdienstes erst bei Fonds­auflösung erhalten, wenn Kapital und Ausschüttungen planmäßig geflossen sind.“ So verzichtet der Wohnimmobi– lien-Initiator ZBI nun gegen eine spätere Gewinnbeteiligung auf die branchenüblichen Gewinnaufschläge beim Einkauf. Ein Beispiel, das Schule machen sollte – und den Heimvorteil ausbauen könnte.

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