Devisenexpertin: Ende des Yen-Höhenflugs
Die japanische Währung kannte lange Zeit nur eine Richtung: aufwärts. Selbst Erdbeben- und Atomkatastrophe änderten daran nichts. Nun haben die Notenbanken interveniert und den Kurs gedrückt. Langfristig wird der Yen weiter abwerten, prognostiziert Gastautorin Anja Mikus.
Werte in diesem Artikel
von Anja Mikus, Gastautorin
Japan wird von einer Katastrophe heimgesucht, deren Folgen noch lange nicht abschätzbar sind, aber die Landeswährung Yen zeigt sich davon unbeeindruckt. Eine bizarre Situation. Selbst das Erdbeben und der Atomunfall konnten den Aufwärtstrend der japanischen Währung nicht umdrehen. Dieses Muster – starker Yen trotz milliardenschwerer Schäden – war übrigens bereits nach dem Erdbeben in Kobe 1995 zu beobachten.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Kurzzeitig sah es sogar danach aus, als ob sich die Yenaufwertung im Zuge der erwarteten Repatriierung von Vermögen noch beschleunigen würde. Hinzu kam, dass wegen der sinkenden Risikobereitschaft der Investoren vermutlich sogenannte Carry Trades aufgelöst wurden. Für diese wurden Kredite in der Niedrigzinswährung Yen aufgenommen und in höher verzinsliche Auslandsanlagen investiert. Die Rückabwicklung führte dazu, dass sich der Yen binnen kurzer Zeit deutlich verteuerte.
Inzwischen haben die großen Notenbanken durch konzertierte Devisenmarktinterventionen dem sprunghaften Anstieg allerdings einen Riegel vorgeschoben.
Die mögliche Repatriierung
von Vermögen treibt den Yen
Auch wenn es derzeit noch keine Anzeichen dafür gibt, sorgt allein die Erwartung einer möglicherweise groß angelegten Yenrückführung am Devisenmarkt weiterhin für eine verstärkte Nachfrage nach der japanischen Währung. Private und institutionelle Investoren in Japan besitzen Auslandsanlagen in Höhe von rund 2.000 Milliarden US-Dollar, auf die zurückgegriffen werden kann. Hinzu kommen Devisenreserven von mehr als 1.000 Milliarden Dollar.
So könnten vor allem japanische Versicherungsunternehmen zur Begleichung der Erdbebenschäden im Ausland angelegte Gelder zurückholen. Zur Finanzierung neuer Wohnungen oder Produktionsanlagen dürften darüber hinaus auch Privathaushalte und Unternehmen einen Teil ihrer Finanzinvestitionen in Übersee anzapfen.
Die Repatriierungsströme werden voraussichtlich einige Zeit anhalten und den Yen auf hohem Niveau stabilisieren. Erst mit einer Normalisierung der Lage in Japan sollte der Aufwärtstrend des Yen auslaufen. Dann nämlich treten wieder die strukturellen Schwächen der japanischen Wirtschaft in den Vordergrund.
Die wirtschaftliche Schwäche Japans
wird den Yen drücken
Unser längerfristig skeptischer Ausblick für den Yen hat sich durch die jüngsten Ereignisse in Japan nicht verändert. Belastend kommt nun hinzu, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt mit den wirtschaftlichen Folgen einer Katastrophe fertig werden muss – und das bei einer Staatsverschuldung, die bereits jetzt doppelt so hoch ist wie die jährliche Wirtschaftsleistung. Seit Jahren wächst die japanische Wirtschaft nur gering. Jetzt belasten steigende Nahrungsmittelimporte, rückläufige Warenexporte, Probleme bei der Energieversorgung und sinkende Steuereinnahmen die Wirtschaft zusätzlich.
Auf Dauer wird dies den Yen schwächen – nicht zuletzt auch wegen der Absicht der japanischen Politik, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die eigene Währung zu verbilligen. Dadurch soll der japanische Exportsektor unterstützt werden. Den durch Interventionen aufkommenden Inflationsdruck nimmt man billigend in Kauf, zumal das Land schon seit zwei Dekaden unter rückläufigen Preisen leidet. Ein spürbarer Anstieg des Preisniveaus wäre da durchaus willkommen.
Mit Blick auf die unsicheren Wirtschaftsaussichten wird die Notenbank an der seit Langem praktizierten Nullzinspolitik noch auf unbestimmte Zeit festhalten. Damit wächst die Zinsdifferenz weiter, sowohl zur Eurozone, wo der Leitzins bereits angehoben wurde, als auch zu den USA, wo Zinserhöhungen in diesem Jahr noch anstehen. Derzeit liegt die Fünfjahresrendite in Japan bei 0,5 Prozent, in den USA dagegen bei 2,2 Prozent. Gegen die Übermacht von Zinsdifferenzen sind selbst vorübergehende Repatriierungsströme vermutlich chancenlos. Das Ende des Yen-Höhenflugs kommt in Sicht.
zur Person:
Anja Mikus,
Geschäftsführerin
Union Investment Privatfonds GmbH
Anja Mikus leitet das
Portfoliomanagement
von Union Investment.
Union Investment ist der Vermögensverwalter
im genossenschaftlichen
Finanzverbund der Volks- und Raiffeisenbanken.
Die Gesellschaft betreut derzeit ein Vermögen
von rund 177 Milliarden Euro.