Insolvenzen

Vorsicht, Do-it-yourself-Insolvenz: Ihre Rechte als Gläubiger

08.02.13 15:00 Uhr

Bei Insolvenz in Eigenregie werden Anleihegläubiger oft benachteiligt. Was Anleger wissen müssen, um sich zu wehren.

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von Marc Hofmann, Euro am Sonntag

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Das alte Sprichwort stimmt in diesen Tagen öfter denn je. Denn immer mehr Unternehmen scheinen eine Insolvenz als Entschuldungsmittel zu entdecken. Den Schaden tragen dabei vermehrt die eigenen Anleihegläubiger. Während sie den Totalverlust erleiden, machen die Unternehmen weiter wie zuvor.

Möglich macht dies das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, kurz ESUG, das am 1. März 2012 in Kraft trat. Das Gesetz, das im Kern darauf abzielt, Firmen und damit auch Arbeitsplätze zu erhalten, erleichtert nicht nur die Insolvenz in Eigenverwaltung. Es bietet erstmals auch die Möglichkeit eines Schutzschirmverfahrens, das dem des berüchtigten Chapter 11 der USA ähnelt.

Durch das Schutzschirmverfahren erhält das Unternehmen drei Monate Zeit, einen Restrukturierungsplan zu erarbeiten, der die Firma retten soll. Während dieser Zeit darf das Gericht keinen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen und dem Schuldner auch die Verfügung über sein Vermögen nicht entziehen. Ferner sind alle Pfändungsmaßnahmen wie etwa eine Zwangsvollstreckung ausgesetzt. Im Klartext: Niemand schaut dem Unternehmen auf die Finger, niemand redet ihm drein. Zudem darf auch das alte Management im Amt bleiben, obwohl es die Krise häufig mitverursacht hat.

Das Gesetz wird bereits rege genutzt. So beantragten 2012 unter anderem die Firmen Centrotherm, Hein Gericke, Neumayer Tekfor, Tectum, Graupner, Solarwatt, WGF und SiC Processing das Schutzschirmverfahren. Anleihegläubiger waren allerdings nur bei den drei zuletzt genannten Firmen betroffen.

Im Fall von Solarwatt ist die Umschuldung bereits abgeschlossen. Die Käufer der Anleihe (und alle anderen Gläubiger) mussten auf 84 Prozent ihres Geldes verzichten. Das Unternehmen wurde rekapitalisiert und arbeitet inzwischen wieder. Noch bis Februar respektive März sind ­dagegen die Restrukturierungen des Immobilienhändlers WGF sowie des Solar­recyclers SiC Processing im Gange.

Harte Vorwürfe gegen SiC Processing
Folgt man den jüngsten Meldungen von SiC Processing, so könnte Anlegern hier sogar ein größerer Verlust als bei Solarwatt drohen. Michael Kollenda von der Vermögensverwaltung Salutaris bringt das in Rage. Er hat hohe Summen in die Anleihe der Bayern investiert. Kollenda kann nicht glauben, dass sich innerhalb eines Jahres 265 Millionen Euro an Sachanlagen, 120 Millionen Euro an Eigenkapital und 50 Millionen Euro an liquiden Mitteln einfach in Luft aufgelöst haben sollen. „Der Wert des Unternehmens soll gezielt heruntergerechnet werden, um die Anleihegläubiger billig loszuwerden“, vermutet er daher. Seine Behauptung untermauert er mit den zum Teil „unnötigen“ Ad-hoc-Meldungen des Betriebs.

So meldete SiC am 17. Januar, dass aufgrund des Verlusts von mehr als der Hälfte des Eigenkapitals eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen werden muss. Das klingt dramatisch und ließ den Kurs der gebeutelten Anleihe um 25 Prozent absacken. Allerdings: Das Unternehmen hat lediglich drei Gesellschafter: die Private-Equity-Gesellschaft Nordic-Capital, die Gründerfamilie Heckmann sowie das Investmenthaus Zouk Ventures. „Die Nachricht diente also nur dazu, den Kurs der Anleihe zu drücken“, mutmaßt daher Kollenda. „Denn es hätte vollauf genügt, die zwei Gesellschafter einfach anzurufen.“

Ebenso stößt dem Vermögensverwalter auf, dass bei der Pleite von Solarwatt und SiC Processing derselbe Berater tätig ist: die Frankfurter Investmentbank Freitag & Co. Für Kollenda riecht das nach pro-aktiver Entschuldungsberatung. Der Vermögensverwalter hat sich daher zum Kampf entschlossen. Zusammen mit der Beraterfirma Günther & Partner hat er bereits einen hohen zweistelligen Nominalwert der Anleihe hinter sich gebracht. Genug, um von SiC eine Gläubigerversammlung einzufordern, auf der ein gemeinsamer Vertreter bestimmt werden kann, der Einfluss auf die Sanierung nehmen soll. SiC Processing hat nun bis zum 5. Februar Zeit, auf den Antrag zu reagieren. €uro am Sonntag wird darüber berichten.

Solarworld ist nächster Sanierungsfall
Im Zuge der steigenden Zahl an Mit­telstandsanleihen werden Privatanleger künftig wohl öfter in Insolvenzen ver­wickelt werden. Es ist daher wichtig, dass sie ihre Rechte kennen und sich rechtzeitig organisieren. Beim absehbaren nächsten Problemfall, dem Solarunternehmen Solarworld, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.

Denn wie Solarworld am 24. Januar ankündigte, braucht der Konzern ebenfalls einen Schuldenschnitt. Das nächste Schutzschirmverfahren wird daher wohl nicht lange auf sich warten lassen. Anleger könnten dem jedoch zuvorkommen, indem sie ihrerseits einen Insolvenzantrag für Solarworld stellen. Denn nicht nur Firmen, sondern auch ihre Gläubiger sind hierzu berechtigt. Über alle Möglichkeiten beraten Anwälte sicher gern.

Investor-Info

Insolvenzverfahren
Rechte der Anleihegläubiger
Ist ein Betrieb in wirtschaftliche Schieflage geraten und meldet, dass er seine Schulden restrukturieren muss, sollten Anleihebesitzer rasch handeln.
Zuerst müssen sie sich mit anderen Haltern der ­Anleihe zusammenschließen. Dies geht am besten über spezialisierte Anwaltskanzleien oder Anlegerschutzvereinigungen (siehe unten).
Wenn sich genügend Anleger finden, die zusammen mindesten fünf Prozent des Nennwerts der Anleihe repräsentieren, so kann vom Unternehmen eine Versammlung der Anleihegläubiger gefordert werden.

Die Versammlung der Anleihegläubiger findet nach einer Vorankündigung von mindestens 14 Tagen am Geschäftssitz des Emittenten statt. Auf der Versammlung können die Anleihegläubiger einen gemeinsamen Vertreter wählen, der ihre Interessen bündelt. Die Vergütung des Vertreters fällt dem An­leiheemittenten zur Last.
Hat das Unternehmen angekündigt, dass es eine Insolvenz in Eigenverantwortung durchführen will, so muss es spätestens binnen drei Monaten einen Restrukturierungsplan vorlegen. Vier bis acht Wochen später wird dann eine Gläubigerversammlung aller Gläubiger des Unternehmens einberufen.
Da der gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger einen Großteil der Schulden des Unternehmens vertritt, hat sein Wort hier großes Gewicht.
Auf der Versammlung wird über den Restrukturierungsplan des Unternehmens abgestimmt. Dann können die Gläubiger beispielsweise der Insolvenz in Eigenregie widersprechen und ein reguläres Insolvenzverfahren mit einem Insolvenzverwalter durchsetzen. Denkbar ist aber auch, dass sie eine Umschuldung akzeptieren und dafür im Gegenzug Aktien erhalten. So können sie später von einer möglichen Erholung des Unternehmens profitieren.

ANLAUFSTELLEN:

Anwaltskanzleien
Nieding + Barth, Frankfurt/M., Tel. 069/23 85 38-0
Dr. Stoll & Kollegen, Lahr, Tel. 078 21/92 37 68-0
Dreier & Riedel, Düsseldorf, Tel. 02 11/91 74 46-0
Gleiss Lutz, bundesweit, Tel. 069/955 14-0

Anlegerschutzvereine/Berater
DSW, Düsseldorf, Tel. 02 11/66 97-32
SDK, München, Tel. 089/202 08 46-0

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