Zusammen stärker?

Fusion: Welche Bank wirklich davon profitiert

30.03.19 18:00 Uhr

Fusion: Welche Bank wirklich davon profitiert | finanzen.net

Tun sich Deutsche Bank und Commerzbank zusammen, gleicht das einer Zwangsheirat. Die viel kritisierte Fusion hätte allerdings auch Vorteile.

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von Birgit Haas, Euro am Sonntag



Die Deutsche Bank lädt Journalisten eher selten zu sich ins Haus. Eine Ausnahme ist der Bereich Corporate Finance, der Unternehmerkunden Beratung und Finanzierungsmöglichkeiten anbietet. Dessen Deutschland-Chefs Berthold Fürst und Patrick Frowein pflegen ­guten Kontakt zu den Medien. Auch in dieser Woche war eine Konferenz an­beraumt. Über die laufenden Fusionsgespräche der Deutschen Bank mit der Commerzbank sollte nicht gesprochen werden. Frowein nutzte jedoch die Gelegenheit, um die jüngsten Erfolge der Deutschen Bank zu betonen: Knapp zwölf Prozent Marktanteil beansprucht demnach der Finanzkonzern in der Sparte Corporate Finance in Deutschland seit Jahresanfang für sich, was deutlich vor der US-Großbank JP Morgan mit 8,8 Prozent liegt. "Wir sind gegen den Trend zu Jahresbeginn gewachsen", erklärte Frowein. Bei der Konkurrenz ist der Umsatz geschrumpft, im globalen Schnitt um 14 Prozent.

Trotz der anhaltenden Debatte über einen möglichen Zusammenschluss mit den Frankfurter Nachbarn konzen­triere man sich aufs Tagesgeschäft, der Vorstandschef Christian Sewing finde sogar noch Zeit für Kundenbesuche. Auch deshalb "haben wir gute Chancen, im Investmentbanking in diesem Jahr im deutschen Markt wieder die Nummer 1 zu sein", sagte Frowein.


Nur eigener Erfolg könnte die Deutsche Bank vor der auf Druck aus dem ­Finanzministerium von SPD-Mann Olaf Scholz initiierten Fusion retten. Doch die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass nach dem ersten Quartal alle Chefs so stolz sein können wie Frowein. JP-Mor­gan-Analyst Kian Abouhossein etwa ­erwartet, dass die Deutsche Bank bei Vorlage der Zahlen am 26. April einen Rückgang des Handels mit festverzinslichen Wertpapieren um 13 Prozent und mit Aktien um sieben Prozent offenlegt.

Die Zweifel der Anleger am aktuellen wie zukünftigen Geschäftserfolg des heimischen Primus schlagen sich im ­Aktienkurs nieder. Nach der Ankündigung der Fusionsgespräche am vergangenen Wochenende stieg der um mehr als vier Prozent, obwohl die Deutsche Bank Käufer ist. Michael Hünseler, Fondsmanager beim Vermögensverwalter Assenagon, deutet das gegenüber €uro am Sonntag so: "Der Kapitalmarkt sehnt sich nach einer Verschnaufpause von den Skandalen und den Debatten um die Ertragsschwäche des Hauses." Hoffnung auf Stabilität nährt die staatliche Unterstützung im Hintergrund.


Natürlich gibt es auch positive Fantasien für die Entwicklung der Geschäfte der sogenannten "Deutschen Commerz" nach dem Zusammenschluss. Zum Beispiel wenn das Corporate Finance der Deutschen Bank von der guten Position der Commerzbank im Mittelstand profitieren könnte. In diesem Zusammenhang bekommt auch die Aussage von Frowein-Kompagnon Fürst, dass sich seine Abteilung künftig mehr auf stark wachsende, junge Unternehmen fokussieren und sie "beim Großwerden begleiten" wolle, einen neuen Klang. Hier ist die Deutsche Bank bislang schwach, könnte aber in Ergänzung mit den "Gelben" neues Geschäft aufbauen.

Schafft es das neue, nach Bilanz­summe drittgrößte Geldhaus Europas zudem, die drei Marken Deutsche Bank, Commerzbank und die zuletzt ins Privatkundengeschäft der Deutschen Bank integrierte Postbank zu verschmelzen, könnten auch im Privatkundengeschäft Skaleneffekte zum Tragen kommen. Doch bis dahin dürfte es Jahre dauern - in denen Kunden abwandern werden.

Fusion bindet viele Kräfte

Zunächst müsste die Deutsche Bank das Kapital aufbringen, um die Commerzbank zu übernehmen. Ein Fusionsverbot der Bankenaufsicht gilt als unwahrscheinlich, doch durch die neue Größe würde die Systemrelevanz und damit die Anforderung ans Eigenkapital steigen. Diese Faktoren binden Geld und Managementkraft, die andernorts fehlen. "Große Banken sind nicht notwendigerweise effizienter. Durch einen Zusammenschluss fehlt die Zeit, in den nächsten fünf bis zehn Jahren ein innovatives Geschäftsfeld zu entwickeln", sagt Tobias Berg, Finanzprofessor an der Frankfurt School of Finance & Management. Beide Geldhäuser stecken auch ohne Fusion schon mitten im Investitionsstau: Die IT-Systeme sind veraltet, die Neuausrichtung der Geschäfte sowie der Abbau von je rund 10.000 Stellen schlägt ebenfalls zu Buche.

Während die "Deutsche Commerz" mit sich selbst beschäftigt wäre, würden - wie in vergangenen Krisen - neue Unternehmen der Bank das Wasser ab­graben: Während des Crashs des Neuen Markts nach der Jahrtausendwende sind Direktbanken wie ING DiBa oder Consors groß geworden, in der Finanzkrise 2008 Zahlungsdienstleister wie Paypal oder Wirecard. Mit der Fusion steigt die Gefahr, dass die Banken weitere Entwicklungen verschlafen.

Ohne ökonomischen Sinn

Nicht nur deshalb liegt nach Einschätzung Bergs die Chance, dass nach fünf Jahren der Integration und Konsolidierung die "Deutsche Commerz" als gesunde Vollbank dasteht, bei unter 50 Prozent. "Es gibt in der Vergangenheit kaum Beispiele, wo Banken allein durch Größe an Profitabilität zugelegt hätten", sagt der Finanzprofessor Berg. Aus ökonomischen Gesichtspunkten mache der Zusammenschluss von außen betrachtet keinen Sinn. Außerdem würde noch nicht ­einmal im Privatkundengeschäft ein wie vom Finanzminister ­geforderter "nationaler Champion" entstehen. Wie zuvor wären niedrige Margen ein Problem.

Die Risiken des Projekts trägt der Steuerzahler. Eine fusionierte Bank wäre "too big to fail". Und das, obwohl bei der "Deutschen Commerz" der Einfluss der Bundesregierung geringer wäre, als er aktuell mit 15 Prozent Anteilen an der Commerzbank ist. ­Assenagon-Manager Hünseler hält es für erforderlich, dass der Staat, der eine Beteiligung an der Commerzbank hält, weiterhin eine Rolle spielt. Mindestens ebenso wichtig sei aber ein klarer Umbauplan, wenn die Deutsche Bank die Commerzbank übernehmen will und dazu frisches Geld braucht. Denn: "Der Kapitalmarkt muss die Fusion tragen."

Noch können die Protagonisten das Projekt absagen. Die Deutsche Bank müsste jedoch - wie beim Nein zur ­Fusion mit der Dresdner Bank im Jahr 2000 - schnell eine neue Strategie ­präsentieren, damit die Anleger nicht vollends abspringen.

Investor-Info

Commerzbank
Auf Fusion setzen

Das Plus von mehr als sieben Prozent nach Bekanntgabe der Fusionsgespräche hat der Aktienkurs fast vollständig wieder abgegeben. Dabei gilt als wahrscheinlich, dass die Deutsche Bank Commerzbank-Aktionären bei einer Übernahme eine Prämie von 20 bis 30 Prozent zahlen müsste - worauf Anleger mit einem Kauf spekulieren. Die Frankfurter Commerzbanker gehen trotz schwächerem Ausblick stark in die Verhandlungen.

Deutsche Bank
Bleibt unter Druck

Der Markt erwartet, dass die Deutsche Bank in den nächsten Quartalen nicht gerade mit einem Ertragsplus aufwarten wird, vor allem im Investmentbanking, auch wenn es dort im kleinsten Bereich Corporate Finance zuletzt gut lief. Eine Fusion würde den Finanzkonzern zudem vor die Frage stellen, woher das Kapital dafür kommen soll. Hinzu kommt die Aufarbeitung von Skandalen wie den um Geldwäsche. Sehr unsicheres Investment.

DWS
Fantasie im Kurs

Die Versicherungsgesellschaft Allianz hat unlängst Interesse an der Übernahme der Vermögensverwaltung bekundet. Mit einem vollständigen Verkauf ihrer Tochter würde die Deutsche Bank zwar rund fünf Milliarden Euro einnehmen, aber profitables Geschäft verlieren und wahrscheinlich keinen für sie angemessenen Preis bekommen. Die DWS bleibt ein Trendwendekandidat. Spekulativ.






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Bildquellen: Mario Tama/Getty Images, totojang1977 / Shutterstock

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