NVIDIA-Aktie, Intel-Aktie & Co.: Citigroup-Analyst rät von angeschlagenen Halbleiter-Aktien ab
Bereits seit Beginn der Corona-Krise sind Halbleiter knappe Güter. Mit zunehmenden geopolitischen Spannungen wollen sich besonders westliche Staaten aus der Abhängigkeit ihrer Handelspartner lösen und die gefragten Komponenten selbst herstellen. Doch welche Auswirkungen hat dies für Aktien der Branche?
Werte in diesem Artikel
• Halbleiterknappheit seit Beginn der Corona-Pandemie
• China-Taiwan-Konflikt als Unsicherheitsfaktor
• US-Chipkonzerne sprechen Umsatzwarnungen aus
Corona-Pandemie sorgt für Verknappung bei Halbleitern
Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie wurde die Bedeutung der Chipbranche deutlich. So stieg aufgrund des verstärkten Homeoffice- und Stay-at-Home-Trends die Nachfrage nach Laptops, Fernsehern, Spielekonsolen und anderen elektronischen Geräten, pandemiebedingte Lockdowns führten jedoch zu Verzögerungen in der Produktion und in den Lieferketten. Dabei finden Halbleiter nicht nur in Computern und Smartphones Anwendung, sondern auch in der Automobilbranche. Sie sind etwa ein fester Bestandteil von Mikrochips in Autos, die den Antrieb sowie das Fahr- und Bremsverhalten der Fahrzeuge steuern. Die Folge: Autohersteller werden der Nachfrage nach ihren Fahrzeugen nicht Herr.
Halbleiter-Produktion lässt sich nicht kurzfristig erweitern
Die erhöhte Nachfrage nach Halbleitern ist aber schon lange kein Geheimnis mehr: Bereits im Mai 2022 gab die World Semiconductor Trade Statistics (WSTS) an, dass sich der Markt für die Komponenten im Gesamtjahr um 16,3 Prozent vergrößern werde, nachdem die Branche 2021 um 26,2 Prozent wuchs. 2023 stehe dann ein Wachstum von 5,1 Prozent an. Dennoch lässt sich die Produktion nicht kurzfristig erweitern. "Der Bau neuer Wafer-Foundries für die technologisch ausgereiften Produkte der OEMs ist nicht ohne weiteres möglich", so Elektrotechnikexperte Paul Hansen 2021 in seiner Publikation "On Automotive Electronics". Stattdessen könne die Lage nur entschärft werden, wenn man Einfluss auf die Chiplieferanten nehme - allen voran dem taiwanesischen Unternehmen TSMC. Der Konzern mit Sitz in Hsinchu ist nicht nur der drittgrößte Halbleiterhersteller der Welt, sondern auch der weltweit größte Auftragsfertiger für Halbleiter. Unternehmen müssten Hansen zufolge damit um die Gunst großer Hersteller wie TSMC buhlen, um gegenüber anderen Kunden bevorzugt behandelt zu werden.
Für zusätzliche Brisanz sorgt außerdem der schwelende Konflikt zwischen China und Taiwan, der auch die Handelsaktivitäten des Inselstaats mit westlichen Ländern beeinflussen könnte.
Nach EU: USA bringen Chip-Gesetz auf den Weg
Aufgrund dieser geopolitischen Unsicherheiten wollen sich die USA aus der Abhängigkeit ihrer Handelspartner lösen. Erst Anfang August unterzeichnete US-Präsident Joe Biden dazu den "US Chips and Science Act". Das 52 Milliarden US-Dollar schwere Gesetz soll die Halbleiterproduktion in den USA beflügeln und damit auch heimischen Chipkonzernen zugutekommen. Auch sollen die Gelder in die Forschung fließen. Ein ähnliches Gesetz wurde auch bereits in der EU auf den Weg gebracht. Der 43 Milliarden Euro teure "European Chips Act" soll dafür sorgen, dass bis 2030 20 Prozent aller Mikrochips weltweit aus Europa stammen.
NVIDIA und Micron sprechen Umsatzwarnungen aus
Zwar könnte das Chip-Gesetz den US-Branchengrößen in die Karten spielen, zuletzt sprachen jedoch einige Chiphersteller Umsatzwarnungen aus. So schockierte etwa der Entwickler von Prozessoren NVIDIA die Anleger kürzlich mit einer gesenkten Umsatzprognose für das zweite Quartal des Fiskaljahrs 2023, die vor allem mit einem geringeren Absatz im Gaming-Bereich zusammenhänge. Kurz darauf senkte auch Halbleiterhersteller Micron den Ausblick für das Kalenderjahr 2022. "In letzter Zeit haben wir aufgrund von makroökonomischen Faktoren und Einschränkungen in der Lieferkette eine Ausweitung der Bestandsanpassungen bei unseren Kunden festgestellt", so das Unternehmen in einer Ankündigung, die der US-Börsenaufsicht SEC vorliegt. Dennoch will Micron 40 Milliarden US-Dollar in die US-amerikanische Halbleiterproduktion stecken, wie der Konzern bereits vor der Unterzeichnung des US-Chip-Gesetzes bekanntgab. Zu den Standorten der neuen Werke ist noch nichts bekannt, die Produktion soll jedoch bereits in der "zweiten Hälfte des Jahrzehnts" beginnen.
AMD und Intel ebenfalls belastet
Auch bei AMD rechnet man wegen einer schwächeren Nachfrage nach Computern für das dritte Quartal 2022 mit einem Rückgang. "Wir haben einen konservativeren Ausblick für das PC-Geschäft gewählt", so CEO Dr. Lisa Su in einer Telefonkonferenz. "Vor einem Quartal hätten wir gedacht, dass das PC-Geschäft im hohen einstelligen Bereich [Prozentpunkte] zurückgehen würde. Und unsere aktuelle Einschätzung des PC-Geschäfts ist, dass es im mittleren Zehnerbereich [Prozentpunkte] rückläufig sein wird." Und auch Mitbewerber Intel stufte seine Umsatz- und Gewinnprognosen bereits Ende Juli deutlich ab, weil man zu der Einschätzung kam, dass der gesamte adressierbare Markt für Computer im Gesamtjahr um ganze 10 Prozent absacken werde.
Citigroup-Experte rechnet mit dramatischem Abschwung
Zur Vorsicht rät auch Citigroup-Analyst Christopher Danely. "Wir glauben, dass die negativen Katalysatoren angesichts der anstehenden PC-Daten und der monatlichen Taiwan-Verkaufszahlen nun die positiven Katalysatoren überwiegen werden", so der Experte in einer Kundennotiz, die "Yahoo Finance" vorliegt. "Wir erwarten auch negative Daten im September in der breiteren Halbleiterindustrie, da die Korrektur weitergeht." Der Stratege warnt gar vor dem "schlimmsten Abschwung im Halbleiterbereich seit mindestens einem Jahrzehnt und möglicherweise seit 2001", da auf die US-Wirtschaft nicht nur eine Rezession zukomme, sondern das Angebot der Hersteller die Nachfrage der Kunden übersteige, weswegen die Konzerne auf ihren Beständen sitzen bleiben und diese einlagern müssen. "Wir gehen davon aus, dass jedes Unternehmen in unserem Abdeckungsuniversum und jeder Endmarkt eine Korrektur erfahren wird", so Danely.
Redaktion finanzen.net
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