Vermögensverwalter-Kolumne

Vermögensinhaber müssen die Depotstruktur verstehen

21.03.17 10:45 Uhr

Vermögensinhaber müssen die Depotstruktur verstehen | finanzen.net

Wer ein Vermögen aufgebaut hat und es in fremde Hände legt, hat häufig auch recht genaue Vorstellungen, wie dieses bewirtschaftet werden soll.

Und zwar nicht nur hinsichtlich der Renditeerwartungen, sondern gerade auch hinsichtlich der Zusammensetzung des Depots. Welche Anlageklassen dürfen in welchem Umfang eingesetzt werden, bestehen Begrenzungen, beispielsweise auf Aktienseite? Werden bestimmte Instrumente, Branchen oder Einzelwerte kategorisch ausgeschlossen? Wie schnell muss das Vermögen frei verfügbar sein, wie hoch sind die Stop-Loss-Vorgaben?

Das sind nur einige der Fragen, die für Vermögensinhaber wichtig sind, wie die Praxis immer wieder zeigt. Und dementsprechend bilden sie die Eckpunkte für die individuelle Anlagerichtlinie im Rahmen des Vermögensverwaltungsvertrags. Darin wird festgelegt, wie die Vermögensverwaltung ablaufen soll beziehungsweise muss - denn das Anlageregime ist bindend für den Vermögensverwalter.

Besondere Relevanz besitzen diese Vorgaben in Zeiten des Niedrigzinses. Renditen lassen sich heute nur noch mit wesentlich mehr Risiko generieren als vor einigen Jahren. Deshalb ist die Anlagerichtlinie der erste Schritt im Vermögensmanagement: Passen die Renditevorstellungen und die Bedingungen des Vermögensverwaltungsvertrags zusammen? Ist die beispielsweise sechsprozentige Rendite auch nur annähernd möglich, wenn die Aktienquote auf 30 Prozent begrenzt werden soll? Und kann das Vermögen dabei über Nacht für Entnahmen zur Verfügung stehen, ohne die Renditechancen zu schmälern?

Vermögensverwalter haben nun die Aufgabe, die Möglichkeiten mit dem Vermögensinhaber offen und transparent zu besprechen und ihm darzulegen, was realistisch ist und was nicht. Um dafür ein Beispiel zu geben: Der Dax hat (als Performance-Index) in den Jahren 2015 und 2016 eine Rendite von 17,09 Prozent erwirtschaftet und war dabei einem maximalen Verlust von 10,74 Prozent und einem Maximum Drawdown von 29,27 Prozent ausgesetzt. Mit einer gehobenen Rendite hängt damit ein gehobenes Risiko unmittelbar zusammen - wer bei einem potenziellen Maximum Drawdown von bis zu 30 Prozent nicht gut schlafen kann, sollte sich von überdurchschnittlichen Gewinnerwartungen verabschieden.

Die Basis einer guten Zusammenarbeit ist also eine realistische Übereinkunft zwischen Vermögensinhaber und Vermögensverwalter bei den Renditeerwartungen, und zwar gerade dann, wenn Risiko begrenzt werden soll. Diese Rolle muss der Vermögensverwalter nun erfüllen, auf beiden Seiten des Spektrums. Nur Risikomanagement reicht nicht aus, auch Rendite muss erwirtschaftet werden - egal in welchem Kapitalmarktumfeld. Diese Leistungsfähigkeit des Verwalters sollten die Anleger hinsichtlich der Anlagerichtlinie genau im Auge behalten.

Denn im Markt lässt sich immer wieder beobachten, dass Vermögensverwalter die Begrenzungen der Anlagerichtlinie überschreiten, um sich durch schlechtere Phasen zu retten - oder um einen Boom mitzunehmen. Ein Beispiel: Aus einer marktüblichen Aktienquote von 50 Prozent werden dann schnell einmal 60 oder mehr Prozent, um kurzfristig Gewinne zu machen, dafür sinkt dann gleichzeitig die verpflichtende Rentenquote von 50 auf 40 Prozent, um Liquidität für den Aktienkauf freizusetzen.

Was bedeutet dies jetzt für Privatanleger? Sie haben die Aufgabe, sich regelmäßig über ihr eigenes Depot zu informieren und zu verstehen, ob Renditeerwartungen und Risikovorschriften zusammenpassen. Ist die Depotzusammensetzung immer die, die sie vertraglich vereinbart haben? Ist das nicht Fall, muss schnell gegengesteuert werden, um die Vorstellungen zu erfüllen. Entscheidend für Vermögensinhaber ist, dass die Struktur ihnen Ruhe und Gelassenheit bietet - ganz gleich ob die Märkte gut laufen oder nicht.

Von Thomas Lenerz, Direktor bei der I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH in Neuss

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