Vermögensverwalter-Kolumne

Staatsschulden

15.11.23 13:00 Uhr

Staatsschulden | finanzen.net

Mit dem nahezu weltweit höheren Zinsniveau stellt sich wieder die Frage nach der Tragfähigkeit der Staatsschulden. Zum Quartalsultimo 30. September beliefen sich die Staatsschulden der USA auf 123 Prozent bezogen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Da das US-Finanzministerium lange Zeit eine verhältnismäßig kurzfristige Refinanzierung bevorzugt hat, machen sich nun durch die anstehenden Refinanzierungsgeschäfte zeitnah die höheren Zinszahlungen bemerkbar, die den Haushalt belasten werden. Auf einem ähnlichen Niveau bewegt sich Italien mit rund 140 Prozent, bezogen auf das BIP, wobei Italien die Zeit der niedrigen Zinsen genutzt hat, um sich langfristig zu refinanzieren.

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Die höchste Staatsverschuldung hält mit Abstand Japan mit 224 Prozent Staatsverschuldung zum BIP. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb die japanische Notenbank Zinssteigerungen scheut und japanische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit nach wie vor nur mit rund 0,9 Prozent im Jahr rentieren. Dieser Sonderweg der japanischen Notenbank hat dem Außenwert des Yen aber massiv geschadet. Konnte man Ende 2021 125 Yen gegen ein Euro tauschen, müsste man nun über 160 Yen für einen Euro bieten. Die japanische Währung hat damit gegenüber dem Euro rund 22 Proezent an Wert verloren.

Dass mit Hilfe von Strukturreformen auch eine Reduzierung der Staatsschuldenquote machbar ist, zeigt Griechenland. Aktuell beträgt die Staatsschuldenquote rund 166,5 Prozent, also ein ähnliches Niveau wie vor zehn Jahren. Nicht zuletzt dank der Stabilisierungskäufe der Europäischen Zentralbank. Aber Griechenland hat auch die Einnahmen- und Ausgabenseite des Staates deutlich verbessert und würde sich dank Investmentgrade-Rating wohl mittlerweile auch wieder selbstständig refinanzieren können. Das Grundproblem bei Staatsschulden ist ja, dass ein Schuldenausfall durch das Nicht-wollen des Staates ausgelöst wird und eigentlich nie durch das Nicht-können. In Italien oder Japan zum Beispiel, sind die Staatsbürger verhältnismäßig reich und könnten zu einer ausgewogenen Staatsfinanzierung durch Besteuerung beitragen. Dieser Weg wäre jedoch absolut nicht zielführend.

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Angesichts einer Staatsquote von rund 49,7 Prozent in 2022 für Deutschland, erscheint es vielversprechender zu sein, eine solide Finanzierung des Staates durch eine Ausgabenanpassung vorzunehmen. Mit einer konsequenten Ausgabenkürzung und einem Primärüberschuss, welcher für Steuersenkungen verwendet werden sollte, kann ein veritabler, selbsttragender Aufschwung mit nachhaltigen Innovationen geschaffen werden. Dies haben die USA mit den Steuersenkungen unter Trump eindrucksvoll gezeigt. Kaum eine Volkswirtschaft ist in den letzten Jahren so dynamisch gewachsen, wie die USA. Die Börsenwerte sprechen für sich. Einzelne Unternehmen in den USA sind mehr wert als die 40 größten Unternehmen im DAX.

Leider wurde das Primärdefizit der US-Regierung danach nicht wirksam ausgeglichen. Dies ist nicht zuletzt die wichtigste Ursache für den Inflationssprung in 2022. Obwohl die schuldenbehafteten Staaten von dem Inflationssprung stark profitiert haben, bleibt die Frage nach der Schuldentragfähigkeit wichtiger Staaten bestehen.

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Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass sich einige Investoren zunehmend zurückhalten, zum Beispiel in US-Staatsanleihen zu investieren. Dies gilt für arabische Staatsfonds genauso wie für chinesische Banken und Versicherungen. Hintergrund dürfte die inhaltlich richtige, aber eben mit Folgewirkungen behaftete Entscheidung sein, die Währungsreserven Russlands nach dem Einmarsch in der Ukraine einzufrieren.

Damit könnten aber in Zukunft wichtige Geldgeber für das westliche Finanzsystem wegfallen. Um hier weiter handlungsfähig zu sein, sollten Regierungen mit hoher Verschuldung die Ausgabenseite kritisch überprüfen. Deutschland steht hier noch recht gut da, allerdings bleibt das demographische Risiko, da die Alterung der Bevölkerung stetig zunimmt und damit zum Beispiel der Anteil der Nettosteuerzahler tendenziell abnimmt.

Im Endeffekt sollten Staatsanleihen für Anleger mit den höheren Zinsen für Anleger endlich wieder relevant sein. Die Ausfallrisiken sollten überschaubar bleiben. Der Inflationsschock hat geholfen die Tragfähigkeit zu verbessern. Allerdings werden einzelne Länder perspektivisch gefordert sein, die unpopuläre Maßnahme der Staatsausgabenkürzung umzusetzen.

von Michael Thaler, Vorstand der Top Vermögen in Starnberg

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Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.