Des Deutschen liebstes Kind - von Investoren verschmäht
Die Deutschen lieben Autos und die Welt liebt deutsche Autos. BMW und Daimler melden Rekordabsätze und auch VW hat den Dieselskandal überwunden, gilt somit wieder als weltweit größter Automobilhersteller.
Dennoch haben alle im Dax gelisteten Automobilwerte den allgemeinen Kursanstieg der letzten Monate nicht annähernd mitgemacht und hinken weit hinter ihren Höchstkursen von 2015 hinterher.
Blickt man auf das für 2017 erwartete KGV der drei Hersteller sind sie mit 6,21 (VW), 8,32 (BMW) und 7,71 (Daimler) im Vergleich zum DAX mit einem durchschnittlichen KGV von rund 14 quasi spottbillig.
Der Grund für die Abneigung der Investoren könnte darin liegen, dass sie die Autokonzerne vor der größten Herausforderung der letzten Jahrzehnte sehen und Ihnen nicht zutrauen, diese zu meistern. Zwar werden die Autos technisch immer ausgefeilter, aber seit über hundert Jahren hat sich eines nicht geändert: Für den Vortrieb benötigen sie Benzin oder Diesel. Doch allmählich steigt der Druck nach alternativen, umweltfreundlicheren Antrieben.
Der Pionier der Elektromobilität, Elon Musk macht vor, wie Elektroautos gesellschaftsfähig werden. 25.000 verkaufte Teslas im ersten Quartal 2017 werden von den Premiumhersteller zwar belächelt, haben sie doch in der selben Zeit jeweils über 500.000, PKWs weltweit verkauft. Aber wie sagte einst Bil Gates: "Wir überschätzen immer den Wechsel, der in den nächsten zwei Jahren geschehen wird und unterschätzen den Wechsel, der in den nächsten 10 Jahren passieren wird"
Zu glauben, in den nächsten zwei Jahren rollen 50 Prozent der Autos batteriebetrieben über unsere Straßen ist illusorisch. Allein der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur wird Jahre dauern. Doch der Druck für Veränderungen wird zunehmend stärker, vor allem aus China.
Die Chinesen haben mit 100 Fahrzeugen je 1000 Einwohner weltweit die zweitniedrigste Autodichte nach Indien. Zum Vergleich: Deutschland liegt mit 641/1000 auf Platz drei hinter Italien und dem Spitzenreiter USA mit 925/1000. Das Aufholpotential der Asiaten ist damit erheblich. Mehr als 23 Millionen verkaufte Fahrzeuge im Jahr 2016 nur in China sprechen eine deutliche Sprache.
Doch China will kein Wachstum mehr um jeden Preis. Um der Luftverschmutzung in den Großstädten Herr zu werden, sollte ursprünglich bereits 2018 eine verbindliche Quote für Elektroautos eingeführt werden. Auf politisches Drängen, auch aus der Autonation Deutschland müssen nun erst ab 2019 acht Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge elektrisch angetrieben werden. Die Quote steigt jährlich um zwei Prozent und gilt je Hersteller. Bei Nichterfüllung sind empfindliche Strafzahlungen fällig.
Hört sich wenig an, bedeutet aber für die deutschen Premiumhersteller bei einem Jahresabsatz von 5 Mio. Fahrzeugen (2016) einen verpflichetenden Anteil von 400.000 Elektrofahrzeugen.
Im Juni 2007 wurde das erste I-Phone vorgestellt. Wer hätte vorhergesehen, dass Apple zehn Jahre später das wertvollste Unternehmen der Welt ist und die einstigen Marktführer Nokia und Blackberry fast vom Markt verschwunden wären.
Natürlich werden Autos mit klassischer Technik noch viele Jahre gebaut, verkauft und gefahren werden. Doch Unternehmen ohne Visionen, die sich dem neuen Trend verschließen werden in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.
Wer an deutsche Ingenieurskunst glaubt und ein längeren Anlagehorizont hat findet in den aktuell unbeliebten Autoaktien ein günstiges Einstiegsniveau und wird dabei auch noch mit attraktiven Dividenden verwöhnt.
von Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.
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