Starke Premiummarken

VW-Aktie schließt im Plus: Volkswagen verdoppelt operatives Ergebnis

15.03.22 17:54 Uhr

VW-Aktie schließt im Plus: Volkswagen verdoppelt operatives Ergebnis | finanzen.net

Der Volkswagen-Konzern hat vergangenes Jahr insbesondere von guten Geschäften der beiden Premiummarken Audi und Porsche sowie der Kernmarke profitiert.

Aber auch das Finanzservicegeschäft erzielte angesichts der hohen Nachfrage und enorm gestiegener Preise einen überraschend hohen Milliardengewinn. Insgesamt erzielte der Wolfsburger Zwölfmarkenkonzern, wie seit Freitag bekannt, eine Verdoppelung des operativen Gewinns.

Audi steigerte den Umsatz 2021 laut Mitteilung um knapp ein Zehntel auf 53,1 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis verdoppelte sich annähernd und wuchs damit deutlich überproportional. Damit leistete das Ingolstädter Unternehmen von allen Fahrzeugmarken den höchsten Gewinnbeitrag für den Wolfsburger Konzern. Der Sportwagenhersteller Porsche steigerte den Umsatz auf 30,3 Milliarden von 26,1 Milliarden, während der Betriebsgewinn um ein Viertel auf rund 5 Milliarden Euro stieg.

Bis auf die spanische Marke Seat und den Münchener Nutzfahrzeughersteller MAN, wo jeweils Verluste anfielen, verzeichneten alle VW-Marken vergangenes Jahr schwarze Zahlen.

VW-Hauptmarke 2021 deutlich stärker als im ersten Corona-Jahr

Die Kernmarke von Volkswagen hat 2021 trotz erheblicher Probleme wegen der Chipkrise ein stark verbessertes Ergebnis einfahren können. Obwohl der Autoabsatz durch den Chipmangel abrutschte, konnten die Wolfsburger ihren Gewinn im laufenden Geschäft auf rund 2,5 Milliarden Euro mehr als verfünffachen.

Nach dem Ende des coronageprägten Jahres 2020 hatten nur 454 Millionen Euro an operativem Gewinn in der Bilanz der Kernmarke gestanden. Der Umsatz von VW Pkw legte von etwa 71,1 Milliarden auf 76,1 Milliarden Euro zu, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten Geschäftsbericht des Konzerns hervorgeht. Der Absatz sank hingegen von 2,8 Millionen Wagen auf 2,7 Millionen Stück. Die leichten VW-Nutzfahrzeuge aus Hannover konnten ihren Verlust von 454 Millionen Euro (2020) wieder in einen überschaubaren Betriebsgewinn von 73 Millionen Euro drehen.

Es habe nach wie vor Auswirkungen der Corona-Pandemie gegeben, teilte Europas größte Autogruppe mit. Besonders die "eingeschränkte Fahrzeugverfügbarkeit infolge des Halbleitermangels" war zuletzt aber belastend - wie bei vielen anderen Autobauern. Erneut fielen Schichten in den Werken aus, Kurzarbeit war die Folge. VW erwartet, dass die Elektronik-Knappheit noch mindestens bis in die zweite Jahreshälfte anhält. Viele Kunden müssen lange auf ihren Wagen warten, für etliche Modelle gibt es einen vorläufigen Bestellstopp.

Der Gesamtkonzern hatte bereits am vorigen Freitag Eckzahlen genannt. Wie den Konkurrenten BMW, Mercedes-Benz oder Stellantis (Opel) gelang es Volkswagen, den Nettogewinn trotz der Probleme beim Chipeinkauf deutlich zu steigern: um rund drei Viertel auf 15,4 Milliarden Euro. Der Umsatz wuchs - auch durch den Einschluss der neuen Lkw-Tochter Navistar in den USA - um 12,3 Prozent auf 250,2 Milliarden Euro. Die weltweiten Auslieferungen sanken dagegen um 4,5 Prozent auf knapp 8,9 Millionen Autos. Hauptgrund: Die Lieferprobleme bei Halbleitern.

Im laufenden Jahr sieht sich die Branche vor allem wegen des Krieges in der Ukraine großen Unsicherheiten gegenüber. VW-Konzernchef Herbert Diess befürchtet, dass auch die weltwirtschaftlichen Folgen im Fall einer länger dauernden militärischen Auseinandersetzung noch schwerer sein könnten als bei der Covid-19-Pandemie.

Audi verdoppelt operativen Gewinn

Die VW-Tochter Audi befindet sich nach dem Einbruch im Coronajahr 2020 wieder auf dem deutlichen Weg der Besserung. Im vergangenen Jahr erzielte der Ingolstädter Premiumautobauer einen operativen Gewinn in Höhe von 5,55 Milliarden Euro und damit gut doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Das geht aus dem Geschäftsbericht der Konzernmutter Volkswagen vom Dienstag hervor. Der Umsatz bei Audi kletterte um rund 6 Prozent auf 53,1 Milliarden Euro. Die operative Rendite lag damit bei rund 10,5 Prozent. Autobauer profitieren derzeit von einem Preisauftrieb bei Neu - und Gebrauchtwagen, weil die hohe Nachfrage auf ein eingeschränktes Angebot trifft - denn immer wieder wird die Produktion durch fehlende Elektronikchips unterbrochen. Audi hatte im vergangenen Jahr weltweit 1,68 Millionen Autos ausgeliefert und damit 0,7 Prozent weniger als 2020.

VW-Tochter und Börsenkandidatin Porsche steigert Gewinn und Rendite

Der Sportwagenbauer Porsche hat im vergangenen Jahr deutlich mehr verdient und auch die operative Marge in die Höhe geschraubt. Die VW-Tochter, die der Wolfsburger Autokonzern möglichst noch in diesem Jahr an die Börse bringen will, verdiente im laufenden Betrieb mit dem Automobilbau - also ohne die Finanzdienstleistungen gerechnet - 5 Milliarden Euro vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen, wie aus dem VW-Geschäftsbericht vom Dienstag hervorgeht. Das war knapp ein Viertel mehr als im Jahr zuvor. Porsche hatte mit rund 302 000 Autos knapp 11 Prozent mehr ausgeliefert und den Umsatz um 16,1 Prozent auf 30,3 Milliarden Euro gesteigert. Die operative Marge lag damit bei 16,5 Prozent nach 15,4 Prozent im Vorjahr.

Der Sportwagenbauer Porsche AG gilt als wertvollster Konzernteil der Wolfsburger, den sie in diesem Jahr auch versilbern wollen, um damit Geld für die Elektrooffensive einzunehmen. Die VW-Eigentümerholding Porsche Automobil Holding SE (PSE), die eine Stimmrechtsmehrheit am VW-Konzern hält, will wieder direkten Zugriff auf den Autobauer mit dem Familiennamen bekommen. Bislang können die Familien Porsche und Piëch nur indirekt über den VW-Konzern Einfluss auf die Porsche AG ausüben - und mit der starken Arbeitnehmervertretung bei VW sowie dem Land Niedersachsen als großem Anteilseigner haben auch andere Interessen ein gewichtiges Wort mitzureden.

Der Wert der Porsche AG wird von Finanzanalysten auf teils 80 bis 100 Milliarden Euro geschätzt. Bedeutender Gradmesser für Investoren bei der Bewertung ist die Profitabilität. Der Anteilsverkauf, bei dem bis zu 25 Prozent von Porsche-AG-Vorzugsaktien an die Börse gehen könnten und 25 Prozent plus eine Stammaktie an die PSE, könnte viele Milliarden in die Wolfsburger Konzernkassen spülen. Knapp die Hälfte der Gesamterlöse soll an die Aktionäre als Sonderdividende weitergereicht werden. Ob es in diesem Jahr angesichts der Marktverwerfungen an den Börsen noch zu einer Erstnotiz (IPO - initial public offering) kommt, ist aber noch fraglich. VW peilt das vierte Quartal an und setzt die Planungen dazu trotz des Ukraine-Kriegs fort.

VW-Chef Diess mit Rentenansprüchen bei über 10 Millionen Euro Gehalt

Das deutlich verbesserte Geschäftsergebnis von Volkswagen im vergangenen Jahr hat auch das Gehalt von Konzernchef Herbert Diess wieder steigen lassen. Rechnet man den aktuellen Stand der Aufwendungen für die spätere Altersversorgung ein, betrug die Vergütung des Topmanagers für 2021 insgesamt mehr als 10,3 Millionen Euro. Ohne die Rentenansprüche entfielen auf Diess immer noch knapp 8,6 Millionen Euro, wie VW am Dienstag im Geschäftsbericht angab.

Im ersten Corona-Jahr 2020 hatte der damals gesunkene Gewinn auch die Einkünfte des Vorstandschefs noch etwas geschmälert - diese waren, ohne Berücksichtigung der Versorgungsansprüche, um gut 900 000 Euro auf rund 6,1 Millionen Euro gesunken. Das hatte vor allem an einer geringeren variablen Komponente gelegen, in die unter anderem die Entwicklung der Geschäftslage im aktuellen Bezugsjahr einfließt.

Zu den Gehaltsbestandteilen der VW-Vorstände gehören zudem ein Bonus, der sich an den drei Vorjahren orientiert, sowie das fixe Basisgehalt plus Nebenleistungen. Oft sind die Werte zwischen zwei einzelnen Jahren nur eingeschränkt vergleichbar, weil die Auszahlung bestimmter Komponenten über mehrere Stufen und Abschläge gestaffelt sein kann. Den größten Teil von Diess' Gehalt machte für 2021 der einjährige, variable Bonus aus. Seine Rentenansprüche beliefen sich 2020 noch auf knapp 1,6 Millionen Euro, sie stiegen damit um gut 100 000 Euro.

Vierte VW-Zellfabrik wohl in Osteuropa - Partnersuche für Batterie-Börsengang

Volkswagen wird nach Schweden, Deutschland und voraussichtlich Spanien seine vierte europäische Fabrik zur Produktion von Batteriezellen möglicherweise in Osteuropa ansiedeln. Ein entsprechendes Sichtungsverfahren laufe jetzt, sagte Konzernchef Herbert Diess am Dienstag bei der Vorstellung der detaillierten Jahreszahlen für 2021. Für die insgesamt zunächst sechs geplanten Zellwerke in Europa werden - einschließlich angeschlossener Themen wie Recycling und Forschung - nach Einschätzung von Finanzchef Arno Antlitz wohl bis zu 30 Milliarden Euro an Investitionen nötig sein.

Konkreter würden daher nun auch Überlegungen zu einem möglichen Börsengang des eigenen Batteriegeschäfts. Dafür müsse man allerdings erst nach weiteren Kooperationen und möglichen Beteiligungen suchen, sagte der VW (Volkswagen (VW) vz)-Finanzvorstand: "Aus heutiger Sicht können wir nicht alles in unsere Bilanz nehmen. Wir suchen nach strategischen Partnern."

Beim schwedischen Batteriezellhersteller Northvolt ist VW bereits zu rund einem Fünftel eingestiegen. Eine erste Fabrik, die ab 2023 auch den deutschen Konzern beliefern soll, entsteht im nordschwedischen Skellefteå. In Salzgitter soll noch in diesem Jahr Baubeginn für eine zweite Fabrik sein, für eine dritte in Spanien laufen laut Diess derzeit die "abschließenden Diskussionen über den Standort".

So reagiert die VW-Aktie

Via XETRA fiel die VW-Aktie letztlich um 0,67 Prozent auf 151,00 Euro.

Die Aussagen von VW zum bereinigten operativen Ergebnis im vierten Quartal hätten den am Freitag gemachten Angaben entsprochen, kommentierte RBC-Analyst Tom Narayan. Im Detail lobte er das Kerngeschäft Autos und den Bereich Finanzdienstleistungen. Dass die Marge im Konzernbereich Automotive mit 5,7 Prozent unter der durchschnittlichen Analystenschätzung (Konsens) gelegen habe, sei fast ausschließlich den zu Traton gehörenden Nutzfahrzeugmarken Scania und MAN geschuldet.

Nicht nur Narayan verwies damit auf die Schwäche von Traton im vierten Quartal. Sein Kollege Himanshu Agarwal von Jefferies sprach mit Blick auf das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von 277 Millionen Euro anstelle der vom Konsens erwarteten 405 Millionen Euro von einem ergebnisseitig "enttäuschenden Schlussviertel" der Nutzfahrzeug-Holding. Schwache Margen im Fahrzeug-Geschäft waren laut Goldman-Expertin Daniela Costa der Grund dafür. Alle Bereiche seien davon betroffen gewesen, aber allen voran MAN und Navistar, präzisierte sie. Dass das operative Ergebnis die Konsensprognose dabei "nur" um etwa 30 Prozent verfehlt habe, sei einzig dem starken Geschäft mit Finanzdienstleistungen zu verdanken gewesen.

Was die Ausblicke von VW und Traton auf das laufende Jahr betrifft, so ist Goldman-Analyst George Galliers nach den weiteren Details der Wolfsburger an diesem Tag positiv für den Autobauer VW gestimmt und sprach von einer "konstruktiven Prognose für 2022". Er sieht VW zudem mit "einer der besten Elektromobilitätsstories" in der Branche gut positioniert.

Zu Traton hieß es seitens seiner Kollegin Costa, dass die Prognosen für das Geschäftsjahr 2022 auf einen "sehr starken Anstieg der Stückzahlen, einen deutlichen Umsatzanstieg und eine Ebit-Marge zwischen 5 und 7 Prozent" hindeuteten. Allerdings seien die Auswirkungen der Situation durch den Krieg in der Ukraine bislang ausgeklammert. Verwiesen habe der Münchener Nutzfahrzeughersteller aber auf ein Umsatzrisiko von unter 5 Prozent und auf potenzielle Auswirkungen auf die Lieferkette. Die Expertin rechnet mit einem Rückgang der Konsensschätzung für das Jahresergebnis 2022 im mittleren Zehnerprozentbereich, wenn alles andere gleich bleibe.

FRANKFURT (Dow Jones) / (dpa-AFX)

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