Massiver Stellenabbau

Amazon, Meta, Microsoft & Co. setzen den Rotstift an: US-Techriesen bauen in großem Stil Personal ab - Das sind die Gründe

26.01.23 22:02 Uhr

Amazon, Meta, Microsoft & Co. setzen den Rotstift an: US-Techriesen bauen in großem Stil Personal ab - Das sind die Gründe | finanzen.net

Nach einer rasanten Wachstumsphase während der Corona-Pandemie hat der Wind für viele Großkonzerne aus dem Techsektor gedreht. Zahlreiche Mitarbeiter verlieren nun ihre Jobs.

• Techriesen bauen in großem Stil Stellen ab
• Personalüberhang der Corona-Krise wird abgebaut
• Inflations- und Rezessionssorgen



Techunternehmen gehörten jahrelang zu den größten Börsenstars. Aktien wie Microsoft, Amazon, Alphabet und Meta haben Anlegern über geraume Zeit starke Renditen geliefert. Ihren geschäftlichen Höhepunkt erreichten viele dieser Unternehmen während der Corona-Pandemie, als die Nachfrage nach Internetdienstleistungen und Techprodukten im Zusammenhang mit Lockdowns und verstärkten Aktivitäten im eigenen Zuhause stieg. Microsoft & Co. bauten während dieser Zeit nicht nur ihre Geschäftsaktivitäten deutlich aus, auch die Mitarbeiterzahl wurde kräftig aufgestockt. Doch die Hoffnung vieler Techkonzerne, dass das hohe Geschäftsniveau zu einem neuen Normalzustand werden könnte, hat sich nicht erfüllt. Nun werden weltweit zehntausende Mitarbeiter ihre Jobs wieder los.

Rezessionsängste sorgen für Sparmaßnahmen

Dabei ist es besonders die Politik der Notenbanken, durch die sich viele Techunternehmen zum Sparen veranlasst sehen. Nachdem die Währungshüter über Jahre die Leitzinsen niedrig gehalten und es Technologiefirmen damit möglich gemacht haben, sich günstig zu refinanzieren, hat sich die Lage nun grundlegend geändert. Angesichts hoher Inflationsraten haben Notenbanken weltweit die Leitzinsen erhöht. Doch der Kampf gegen hohe Verbraucherpreise bringt nicht nur höhere Zinsen mit sich, die Währungshüter riskieren bei einem Überstrapazieren ihrer falkenhaften Politik eine Abschwächung der Konjunktur und im schlimmsten Fall sogar eine Rezession.

Die Aussicht auf ein deutlich verlangsamtes oder sogar rückläufiges Wirtschaftswachstum wird von Technologieunternehmen mit großer Sorge betrachtet. Entsprechend setzen diese in jeder Hinsicht wachstumsverwöhnten Firmen nun den Rotstift an und trennen sich unter anderem von vielen Angestellten.

Amazon

So will der Internetkonzern Amazon 18.000 Stellen abbauen. Noch nie in seiner Konzerngeschichte dezimierte Amazon seinen Personalstand in diesem Maße, doch der Online-Shopping-Boom während der Pandemie hat das Unternehmen wohl zu einem größeren Stellenaufbau verleitet, als sich zum jetzigen Zeitpunkt rechtfertigen ließe. Von Kündigungen betroffen sind insbesondere Mitarbeiter aus defizitären Geschäftsbereichen, wie der Gerätesparte rund um den Echo-Smartlautsprecher und das Sprachassistenzprogramm Alexa.

Microsoft

Auch den Windows-Hersteller Microsoft hat die Kündigungswelle, die durch die Techlandschaft rollt, inzwischen erreicht. Hier stehen bis Ende März 10.000 Stellen zur Disposition - rund fünf Prozent der Belegschaft. Welche Konzernbereiche hier speziell betroffen sind, ist bislang noch unklar, dass der Stellenabbau aber notwendig ist, steht für Microsoft außer Frage: "Wir müssen unsere Kostenstruktur mit unseren Umsätzen in Einklang bringen", so Microsoft-Chef Satya Nadella.

Twitter

Zu einem Kahlschlag unter den Mitarbeitern kam es unlängst auch bei Twitter. Nach der 44-Milliarden-Dollar schweren Übernahme des Unternehmens durch Tesla-Chef Elon Musk pflügte dieser durch die Belegschaft und entließ rund die Hälfte der bis dato rund 7.500 Mitarbeiter. Damit will Musk den defizitären Konzern auf Kurs bringen und profitabel machen. Die Entlassungswelle bei Twitter dürfte aber nur teilweise auf eine zu erwartende schwächere Geschäftsentwicklung in Rezessionszeiten zurückzuführen sein: Der neue Chef zeigte sich bereits vor geraumer Zeit überzeugt, Twitter betreibe eine verfehlte Personalpolitik.

Alphabet

Rund 12.000 Mitarbeiter will unterdessen der Alphabet-Konzern, die Mutter des Suchmaschinenriesen Google, loswerden. Dass rund sechs Prozent der Belegschaft entlassen werden, führt die Konzernführung auf eine zunehmende Sparsamkeit bei Werbekunden zurück - Werbeerlöse machen den größten Teil der Einnahmen von Google aus. Konzernchef Sundar Pichai will damit den Fokus auf das Kerngeschäft forcieren, man wolle die Belegschaft an die zentralen Prioritäten des Konzerns anpassen, hieß es von Seiten des Konzernmanagers. Dazu zählt der KI-Bereich, der in den vergangenen Jahren für Google immer wichtiger geworden ist.

Meta Plattforms

Die Facebook-Mutter Meta Platforms wird ebenfalls von dem Jobbeben in der Techbranche erfasst. Erstmals seit der Firmengründung werden rund 11.000 Mitarbeiter hier ihre Jobs verlieren, was Firmengründer Mark Zuckerberg insbesondere damit begründete, dass er den Online-Boom am Anfang der Pandemie überschätzt und daher die Investitionen hochgeschraubt habe. Inzwischen sei das Internet-Geschäft aber wieder zu früheren Trends zurückgekehrt. Konjunktursorgen und zunehmende Konkurrenz lasten zusätzlich auf Meta, die Sparte Reality Labs, in der am Metaverse gearbeitet wird und die als Zukunftssparte des Unternehmens gilt, fährt Milliardenverluste ein.

Intel

Auch der Chipriese Intel ist von einem drastischen Stellenabbau betroffen. Unklar ist, wie viele Mitarbeiter der Halbleiterkonzern entlassen will, Medien spekulieren aber über eine Reduzierung der Belegschaft um rund zwanzig Prozent. Damit könnte Intel Milliarden Dollar an Personalkosten einsparen und zumindest einen Teil der Absatzflaute im PC-Geschäft kompensieren.

Lyft

Inflations- und Rezessionssorgen haben auch den Uber-Konkurrenten Lyft dazu veranlasst, einen großen Teil der Belegschaft zu entlassen. 13 Prozent der Beschäftigten müssen gehen, bereits seit vergangenem Sommer werden keine neuen Mitarbeiter mehr eingestellt. "Wir sind nicht immun gegen die Realitäten von Inflation und wirtschaftlichem Abschwung", schrieben die Firmengründer John Zimmer und Logan Green in einem Memo an die Beschäftigten.

HP

6.000 Stellen sollen unterdessen beim Computer- und Druckerhersteller HP wegfallen. Das US-Unternehmen trägt dabei insbesondere der schwachen Nachfrage im PC-Segment Rechnung, deshalb hat sich HP selbst ein massives Sparprogramm verordnet. Noch im Sommer hatte der Einstieg von Starinvestor Warren Buffett der HP-Aktie einen kräftigen Schub verpasst. Der Berkshire Hathaway-Chef machte sich dabei die deutlich gesunkene Bewertung der HP-Aktie zunutze. Seitdem hat die Aktie aber angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder deutlich an Wert verloren - möglicherweise ein Grund für die Sparbemühungen bei HP.

Micron

Trotz des Halbleitermangels in vielen Branchen können sich auch Speicherchiphersteller wie Micron den aktuellen schwierigen Marktbedingungen nicht entziehen. Dabei leidet das Unternehmen insbesondere unter seiner Spezialisierung auf Chips für Smartphones, Laptops und PCs - bei ebendiesen Geräten herrscht angesichts hoher Verbraucherpreisanstiege aktuell Kaufzurückhaltung unter Konsumenten vor. Hohe Lagerbestände bei Geräteherstellern sind die Folge - ein Mangel an Neuaufträgen bei Konzernen wie Micron die Konsequenz. Der Konzern stellt die Rückkehr zur Profitabilität im Jahr 2023 in Frage und will stattdessen mit Kostensenkungen reagieren, die auch Auswirkungen auf die Personalsituation bei Micron haben werden: Rund zehn Prozent der Belegschaft müssen gehen.

Coinbase

Leidtragender gleich mehrerer Entwicklungen ist die US-Kryptobörse Coinbase. Der Krypto-Winter hat dem Unternehmen stark zugesetzt, Umsatz und Gewinn sind massiv eingebrochen. Bereits im Sommer hatte das Unternehmen auf die Flaute am Kryptomarkt mit Stellenstreichungen reagiert und rund 18 Prozent seiner Beschäftigten entlassen, etwa 1.100 Mitarbeiter sollten gehen.
Die Aversion vieler Anleger bezüglich Risikoinvestments wie Kryptowährungen und die Hiobsbotschaften für die Kryptobranche waren aber nicht der einzige Grund für diese Entscheidung: Auch Coinbase kämpft mit einer Kostenexplosion, die viele Techunternehmen belastet. Also stellte das Unternehmen kürzlich weitere 950 Stellen zur Disposition und will sich damit von 20 Prozent der verbliebenen Beschäftigten trennen.

Salesforce

Jede zehnte Stelle fällt unterdessen beim US-Softwarehersteller Salesforce dem Rotstift zum Opfer. 8.000 der weltweit rund 79.000 Beschäftigten müssen damit das Unternehmen verlassen. Zur Begründung für den Restrukturierungsprozess führte Unternehmenschef und Mitgründer Marc Benioff an, dass die Kunden des Unternehmens derzeit genauer hinsähen, bevor sie Kaufentscheidungen träfen. Salesforce habe angesichts des aktuellen Abschwungs während der Corona-Pandemie, als die Geschäfte deutlich anzogen, zu viele Leute eingestellt, so Benioff selbstkritisch.

Spotify

Als vorerst letzter großer Techkonzern hat auch der Musikstreaming-Marktführer Spotify zu Entlassungen gegriffen. Auch hier war es der massive Ausbau der Belegschaftszahl während der Corona-Pandemie, der dem Unternehmen jetzt auf die Füße fällt. 600 Mitarbeiter müssen den Konzern nun wieder verlassen, das entspricht etwa sechs Prozent der gesamten Belegschaft. Gründer und Chef Daniel Ek will Spotify auf diesem Weg effizienter machen: "Rückblickend war ich zu ambitioniert bei Investitionen, die unser Umsatzwachstum überholten", erklärte er.

Stripe, DoorDash, Roku, Cisco und Seagate

Der Zahlungsdienstleister Stripe will künftig mit 14 Prozent weniger Angestellten auskommen, bei DoorDash werden unterdessen 1.250 Jobs in der Verwaltung wegfallen. Auch der Festplattenhersteller Seagate reagiert und streicht eigenen Angaben zufolge mit 3.000 Jobs rund acht Prozent der Belegschaft. Bei Cisco werden unterdessen fünf Prozent der Mitarbeiter entlassen. Der Netflix-Konkurrent Roku zieht ebenfalls die Konsequenzen aus den "aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen": 200 Mitarbeiter - und damit fünf Prozent der Konzernangestellten - müssen gehen.

Stellenabbau wird zunächst Kosten verursachen

Auch wenn der Job-Kahlschlag in der Techbranche den Unternehmen mittel- bis langfristig dabei hilft, die Kosten zu senken, fallen im Zusammenhang mit Stellenstreichungen zunächst einmal finanzielle Mehrkosten an. Salesforce etwa bezifferte die Einmalkosten auf 1,4 bis 2,1 Milliarden US-Dollar. Bei Microsoft werden die durch Kündigungen und Abfindungen voraussichtlich entstehenden Kosten unterdessen auf 1,2 Milliarden US-Dollar beziffert. Auch andere Techunternehmen werden wohl zunächst bilanzielle Belastungen verbuchen müssen, bevor sich die Kostensenkungsmaßnahmen beim Personal positiv in den Geschäftszahlen bemerkbar machen.

Viele Experten sehen die aktuellen Maßnahmen der Techriesen als notwendig an. So bewertete etwa Mark Mahaney vom Vermögensverwalter Evercore ISI den Personalabbau bei Google als richtigen Schritt. Dan Ives, der als Investment-Manager bei Wedbush arbeitet, kommentierte den Stellenabbau bei Microsoft gegenüber Yahoo Finance Live mit deutlichen Worten: "Das ist der Moment, in dem Nadella und Microsoft das Pflaster abreißen, und wir sehen es in der gesamten Technologiebranche. Diese Unternehmen gaben das Geld wie Rockstars der 1980er Jahre in einem Tempo aus, das nicht tragbar war."

Redaktion finanzen.net

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Bildquellen: Gunnar Pippel / Shutterstock.com, Brian A Jackson / Shutterstock.com

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