Macron sieht Europa bei Ukraine stärker in der Verantwortung
LONDON/PARIS (dpa-AFX) - Nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, Gespräche mit Kremlchef Wladimir Putin über einen Frieden in der Ukraine zu führen, fordert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auch mehr Engagement von Europa. Der französische Staatschef sagte in einem Interview der "Financial Times", er akzeptiere, dass Europa dafür verantwortlich sei, die Sicherheit der Ukraine zu gewährleisten. "Was Trump zu Europa sagt, ist, dass es an euch liegt, die Last zu tragen. Und ich sage, es liegt an uns, sie zu übernehmen", sagte Macron.
Macron betonte, nur der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj selbst könne für sein Land verhandeln. "Die einzige Frage, die sich zum jetzigen Zeitpunkt stellt, ist, ob Präsident Putin wirklich, nachhaltig und glaubwürdig bereit ist, auf dieser Grundlage einem Waffenstillstand zuzustimmen", sagte Macron. Danach sei es an den Ukrainern, mit Russland zu verhandeln.
Europa soll nach Macrons Meinung Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus zum Anlass nehmen, mehr in die eigene Verteidigung zu investieren. "Dies ist der Moment für Europa, die Dinge zu beschleunigen und umzusetzen", sagte Macron im Élysée-Palast. Dazu gehöre auch, "eine vollständig integrierte europäische Verteidigungs-, Industrie- und Technologiebasis" zu entwickeln, sagte Macron. Das gehe weit über eine Ausgabendebatte hinaus. "Wenn wir nur noch mehr von den USA abhängig werden, dann haben wir in 20 Jahren die Frage der europäischen Souveränität noch immer nicht gelöst", monierte er.
Die von Trump geführte US-Regierung will der Ukraine für ihren Abwehrkampf deutlich weniger Militär- und Finanzhilfen bereitstellen und erwartet, dass die Lücken von den Partnern jenseits des Atlantiks gestopft werden. Sollte bei möglichen Friedensverhandlungen vereinbart werden, dass es eine Friedenstruppe braucht, wären aus US-Sicht ebenfalls die Europäer in der Verantwortung. Die USA wollen selbst keine Truppen in der Ukraine stationieren und schließen aus, dass die Nato eine Rolle spielen wird.
Macron sagte weiter, für eine stärkere Verteidigung müsse die Europäische Union auch "innovative Finanzierungslösungen" erwägen, etwa eine gemeinsame Kreditaufnahme wie zu Zeiten der Pandemie. Deutschland hat bisher eine gemeinsame Schuldenaufnahme für Verteidigungsprojekte strikt abgelehnt. Laut der "Financial Times" hofft Macron jedoch, dass sich diese Haltung nach der Bundestagswahl am 23. Februar ändern könnte./gma/DP/zb