Dirk Müller: „Von einer Aktienblase sind wir meilenweit entfernt“
Mr. Dax erläutert im Interview sein Rezept zur Überwindung der Finanzkrise. Nicht die Aktienmärkte seien in einer Blase, sondern die Anleihen. Seine Investments der Wahl: Sachwerte wie Aktien, Rohstoffe und Edelmetalle.
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von Benjamin Summa
Sie kritisieren in Ihrem neuen Buch „Showdown – Der Kampf um Europa und unser Geld“ die Sparpakete in Europa mit deutlichen Worten. Die Bundesregierung hat vor einigen Tagen aber von den Euro-Krisenstaaten weitere Reformen und Einsparungen zur Überwindung ihrer schweren Wirtschaftskrisen gefordert. Haben Sie ein besseres Rezept?
Dirk Müller: In die Krise hinein zu sparen ist sehr gefährlich. Dadurch wird die Konjunktur abgewürgt. Historisch kann man die katastrophalen Konsequenzen einer solchen Politik analysieren, wenn man in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts zurückblickt und sich die Wirtschaftspolitik unter Reichskanzler Brüning anschaut. Die deutschen Politiker haben in den vergangenen Jahren in Deutschland zudem genau das Gegenteil hiervon gemacht: Kanzlerin Merkel hat in die Krise hinein investiert und ihr Vorgänger Gerhard Schröder hat bei der Umsetzung der Agenda 2010 Konjunkturpakete aufgelegt, um die einschneidenden Reformen zu flankieren.
Was ich tun würde? Große Konjunkturpakete in Europa auflegen! Wir haben riesige private Geldvermögen in Europa, allein in Deutschland fünf Billionen Euro. Ich warne davor, dieses Geld über Inflationierung, Schuldenschnitte oder steuerliche Maßnahmen mit dem Ziel zu vernichten, das Schuldenproblem in den Griff zu bekommen. Dieses Kapital ist gesparte Arbeitsleistung. Viel sinnvoller wäre es doch, diese Arbeitsleistung wieder zu aktivieren und das Geld durch Investitionen in die Infrastruktur in die reale Wirtschaft einzubringen. Das wäre für die Sparer zudem eine langfristige Geldanlage, die über Jahrzehnte Erträge bringt.
Eine Voraussetzung für diese Politik ist allerdings zwingend notwendig: nämlich eine staatliche Garantie für private Einzahlungen in diese Infrastrukturfonds. Diese ist wichtig, damit die Versicherungen, bei denen ein Großteil dieser Gelder liegt, überhaupt in solche Infrastrukturprojekte investieren dürfen. Bisher verbieten das die Eigenkapitalvorschriften und Basel II. Ein sehr willkommener Nebeneffekt: Die Energiewende könnte – aufgebaut auf Eigenkapital, nicht auf Fremdkapital – dadurch ein großes Stück vorangebracht werden, die marode Infrastruktur könnte auf ein modernes Niveau gehoben werden. Im Ergebnis könnte ein Konjunkturaufschwung für die kommenden 30 bis 40 Jahre erreicht werden. Geldvermögen würde in Sachvermögen umgewandelt. Privatleute, Unternehmen und der Staat könnten aus den Erträgen und Steuereinnahmen ihre Schulden reduzieren.
In den Krisenländern gibt es heftige Widerstände gegen das Spardiktat und die schweren Einschnitte in die nationalen Entscheidungskompetenzen. Eine große Mitschuld an diesen Verhältnissen geben Sie der Gemeinschaftswährung. Ist Ihr Buch also ein Plädoyer für die Abschaffung des Euro?
Der Euro ist nach meiner festen Überzeugung die falsche Währung für die EU. Er kann so, wie er derzeit konzipiert ist, nicht funktionieren. Die Politiker lügen sich in die eigene Tasche, wenn sie immer wieder betonen, wie wichtig die Gemeinschaftswährung für das „gemeinsame Haus Europa“ sei. Man hätte von Anfang an erkennen müssen, dass es ein unmögliches Unterfangen ist, völlig unterschiedliche Wirtschaftssysteme unter einer Währung zu vereinen. Ich plädiere für einen Kompromiss: Der Euro bleibt bestehen als übergeordnete Abrechnungswährung, und in allen Ländern werden die eigenen Währungen wieder als gesetzliche Zahlungsmittel eingeführt. Das ist keine revolutionäre Idee, sondern vergleichbar mit dem, was einmal ECU genannt worden ist. Der Wert dieser Euro-Vorgängerwährung war durch einen Währungskorb festgelegt, der mithilfe der nationalen Währungen der Mitgliedstaaten der EU definiert war. Die Wirtschaftskraft der einzelnen Nationen wurde also berücksichtigt.
An den Aktienmärkten ist von Krise derzeit nicht viel die Rede. Die neuerlichen Höchststände in Dax, Dow und Nikkei locken vielmehr auch solche Anleger an, die sich in der Vergangenheit gar nicht oder nur widerwillig mit Aktien beschäftigt haben. Welchen Tipp haben Sie parat: der Herde folgen und rein in Aktien oder vorsichtig sein, weil viele Top-Papiere schon 50 Prozent und mehr in den vergangenen zwölf Monaten zugelegt haben?
Aktien sind derzeit nicht billig, aber vor dem Hintergrund einer langfristigen Betrachtung ganz und gar nicht überbewertet. Sie liegen angesichts des Gewinns pro Aktie, den sie erwirtschaften, durchaus in einem ordentlichen Bewertungsbereich. Von einer Blase sind wir meines Erachtens meilenweit entfernt. In den kommenden Jahren bleibt Anlegern gar nichts anderes übrig, als sich auf Sachwerte zu konzentrieren. Dazu gehören Aktien, Rohstoffe und Edelmetalle. Den billigsten Einstieg wird man nicht schaffen; deshalb ist mein Rat, sukzessive nachzukaufen, wenn Geld übrig ist. Damit nutzt man den sogenannten Cost-Average-Effekt – man hat also einen gesunden Mischpreis. Wenn Anleger einzelne Werte kaufen möchten, sollten sie natürlich bei stabilen, ertragsreichen Unternehmen zugreifen. Beispiele sind Cisco Systems, SAP oder Coca-Cola.
Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins kürzlich um 0,25 Punkte auf 0,5 Prozent gesenkt. Begrüßen Sie diesen Schritt, weil er womöglich die Aktien-Hausse befeuert, oder gehören Sie zu den Kritikern, die auf eine zunehmende Enteignung der Sparer und das Risiko neuer Spekulationsblasen hinweisen?
Die offizielle Argumentation für diese Politik des billigen Geldes ist verlogen: Man wolle hierdurch die Konjunktur in den europäischen Krisenländern ankurbeln, sagen die Notenbanker. Warum sollten die Unternehmen in den Krisenländern derzeit bei stark schrumpfender Wirtschaftskraft Maschinen kaufen? Warum sollten die Bürger in Griechenland und Spanien konsumieren? Da kann Geld noch so billig sein. Mögliche Effekte werden verpuffen. Hier geht es einzig und allein um die „Enteignung“ der Sparer. Und ganz nebenbei schürt das billige Geld tatsächlich die Gefahr von Blasenbildungen. Die Mutter aller Blasen sehen wir ja schon am Horizont: nämlich im Bereich der Anleihen.
Gibt es aus Ihrer Sicht eigentlich handfeste fundamentale Gründe für das Kursfeuerwerk an den Börsen oder steckt einzig und allein die expansive Politik der Notenbanken dahinter?
Im Augenblick sind die steigenden Kurse natürlich durch die drastische Ausweitung der Geldmenge getrieben. Großinvestoren sehen die Übertreibungen am Anleihenmarkt und schichten um in vermeintlich risikoreichere Investments wie Aktien. Aber wie gesagt: Aktien sind derzeit noch nicht überbewertet. Blasen gibt es nicht am Aktien-, sondern am Anleihenmarkt.
Neben Aktien haben Sie in den vergangenen Monaten immer auch andere Sachwerte wie Edelmetalle favorisiert. Glauben Sie, dass der kürzlich erfolgte Goldpreis-Absturz das Vertrauen in Gold als Versicherung fürs Vermögen zerstört hat?
Nein, das glaube ich nicht. Im Gegenteil: Wir sehen, dass die Anleger rund um den Globus im physischen Bereich die Kursrückgänge für Nachkäufe im großen Stil genutzt haben. Die Preisentwicklung beim Gold ist derzeit also abgekoppelt von Angebot und Nachfrage auf dem physischen Markt. Der Preis ist ausschließlich getrieben durch Wetten und Spekulation. Diese Übertreibungen werden sich auch wieder bereinigen. Edelmetalle können durchaus nochmal nach unten gehen. Aber unter die Produktionskosten der Edelmetalle (1000 bis 1200 Dollar pro Feinunze, Anm. d. Red.) wird es nicht gehen. Denn dann werden Minen dichtgemacht, es werden Unternehmen zusammengelegt, dementsprechend wird weniger Gold produziert – und dann steigt der Goldpreis automatisch wieder. Das ist das Schöne an Gold: Es gibt einen natürlichen Boden für den Preis. Meine Strategie bei Gold ähnelt der bei Aktien: regelmäßig kaufen, Kursrückgänge zu Nachkäufen nutzen. So bekommt man einen gesunden Mischkurs.
Viele Staaten versuchen, über eine Abwertung der Währung ihre Industrie zu stützen. Welche Folgen hat dieser Währungskrieg aus Ihrer Sicht?
Jedes Land versucht momentan, seine Konjunktur durch noch billigeres Geld anzukurbeln. Die Amerikaner haben damit begonnen, die Briten und die EZB haben nachgezogen, und die Japaner machen die Schleusen jetzt ganz weit auf. Der Yen wertet gegenüber dem US-Dollar massiv ab. Das hilft dem japanischen Export natürlich kurzfristig, aber diese Politik birgt große Nachteile für die Kaufkraft der Bürger in Japan. Die Konsequenz ist, dass die Binnennachfrage in Japan unter die Räder kommt. Nur auf den Export zu bauen, ist äußerst gefährlich.
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