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Windkraft-Branche im Umbruch: Wer profitiert?

07.03.16 15:00 Uhr

Windkraft-Branche im Umbruch: Wer profitiert? | finanzen.net

Trotz eines kräftigen Booms ist die Stimmung bei Windturbinenbauern gedämpft. Die Konkurrenz aus China drückt die Preise. Das zwingt zu Übernahmen.

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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag

Auch wenn er sich Mühe gab, so richtig überzeugend wirkte Joe Kaeser nicht: "Eine Delle, das Geschäft läuft", beschwichtigte der Siemens-Chef, als er die jüngsten Zahlen für die Windkraft­sparte des größten deutschen Industriekonzerns erläuterte. Von Oktober bis Dezember waren Umsatz und Gewinn gesunken. Eine überraschende Entwicklung, gilt doch die Windkraft als einer der Bereiche in der Energietechnik, dem Kerngeschäft von Siemens, dem großes Potenzial zugetraut wird. Zumal die Branche auf Hochtouren läuft.

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Rund um den Globus werden die riesigen Windturbinen, von denen manche 200 Meter vom Boden bis zur Flügelspitze in den Himmel ragen, zu Hunderten verkauft. Anlagen mit über 63 Gigawatt Leistung wurden 2015 errichtet, berichtet der britische Marktforscher FTI. Diese Stromerzeugungskapazität entspricht etwa der Kraft von 60 Atomkraftwerken. Das globale Energiepotenzial der Windkraft wuchs damit um ein Fünftel - ein neuer Weltrekord. Glaubt man den Prognosen, dann war 2015 aber zugleich das absolute Spitzenjahr für die Turbinenbauer. 2016 soll schon weniger Windstromkapazität installiert werden, das Wachstum flaut ab.

Unschön für Manager wie Joe Kaeser ist auch, dass ein großer Teil des Booms in China stattfindet - vielfach ohne westliche Firmen. Wegen der Umweltpro­bleme treibt die Regierung in Peking die Umstellung von Kohle auf grüne Energiequellen zwar mit aller Macht voran, die grüne Politik ist aber zugleich Teil der heimischen Wirtschaftsförderung - internationale Anbieter werden oft ausgebremst. Dank des Heimvorteils und großer Neukapazitäten hat Chinas größtes Windkraftunternehmen Goldwind soeben erstmals den globalen Spitzenplatz in der Branche erobert. Konzerne wie Siemens oder der ehemalige Branchenprimus Vestas aus Dänemark ärgert jedoch nicht nur die Art der Auftragsvergabe im Reich der Mitte, die Chinesen, allen voran Goldwind, verkaufen ihre Turbinen auch sehr günstig auf dem Weltmarkt. Das drückt nicht nur die Stimmung im Westen, sondern vor allem auch die Preise.

Zähes Ringen um Gamesa

Und es schafft Handlungsdruck. ­Kaeser etwa bemüht sich seit Wochen um einen Zuschlag bei der spanischen Windkraftfirma Gamesa. Damit könnte der Siemens-Chef die hauseigene Sparte weit nach oben führen - womöglich an die Spitze der Branche. Der Bayer weiß nur allzu gut: Seine Windräder müssen künftig günstiger werden. Und je mehr Produktionskapazität man aufbieten kann, je mehr Flügel, Getriebe oder Generatoren gebaut beziehungsweise zugekauft werden, desto effizienter fällt auch die Produktion aus - und desto billiger kann man selbst anbieten.
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"Größe hat in dieser Industrie zunehmenden Wert. Der Druck auf die Kosten steigt", sagt Lars Krogsgaard, Chef des Hamburger Windturbinenherstellers Nordex. Wohl wissend, wie praktisch Skalenvorteile sind, haben die Nordlichter sich im vergangenen Jahr mit dem spanischen Versorger Acciona auf den Kauf der Tochter Acciona Windpower verständigt. Nordex sicherte sich damit Zugang zu Märkten in Nord- und Südamerika sowie in Schwellenländern und verstärkten ihrer Stellung in Europa. Das Unternehmen hat nun sowohl hochpreisige Ware für den Westen als auch günstigere Mühlen für Entwicklungsländer im Sortiment, und kann Teile billiger einkaufen.

Während Krogsgaards Deal schon in trockenen Tüchern ist, arbeitet Kaeser noch an seinem Geschäft. Der Siemens-Chef feilscht mit dem Versorger Iberdrola um dessen 20-Prozent-Anteil an Gamesa. Die Nummer 5 weltweit der Windkraftbranche ist interessant, weil sie bei Onshore-Anlagen, das sind Turbinen für den Einsatz an Land, stark aufgestellt ist. Ein Deal würde das Geschäft des deutschen Offshore-Weltmarktführers, der die hohen technischen Hürden auf See beherrscht, gut ergänzen.

Politischer Klimawandel

Ob das Windgeschäft der Bayern sich bald wieder besser entwickelt, hängt jedoch nicht nur vom Verhandlungsgeschick des Chefs ab. Das Hoch verdankt die Branche auch dem günstigen politischen Umfeld. Auf dem UN-Klimagipfel in Paris rangen sich die Staatschefs von 195 Ländern im Herbst dazu durch, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Klima­freundliche Energiequellen wie Windkraft oder Solarstrom werden deshalb gegenüber Strom aus fossilen Energieträgern grundsätzlich bevorzugt - und vielfach gefördert.
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Dank üppiger Zuschüsse findet etwa der kostenintensive Bau von Anlagen vor den Küsten bislang fast ausschließlich in Europa statt. In Großbritannien und in Deutschland sind die finanziellen Anreize besonders hoch. Siemens mischt kräftig mit, im Herbst erhielten die Münchner eine milliardenschwere Offshore-Order aus dem Königreich. Gerade meldete der Konzern einen Auftrag des deutschen Versorgers EnBW für den Bau eines Windparks in der Nordsee. Das Volumen dürfte hier im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich liegen.

Zuletzt fand der globale Offshore-Boom beinahe exklusiv über den Sandböden der flachen deutschen Küstengewässer statt. 2015 wurden von weltweit auf dem Meer errichteten drei Gigawatt Windleistung mehr als drei Viertel in der deutschen Nord- und Ostsee aufgebaut. Die Windindustrie verdient bestens an der Energiewende.

Berlin hingegen wird der Boom vor den Küsten langsam, aber sicher zu teuer. Die Bundesregierung will deshalb die Ausgaben drosseln und plant, den Offshore-Neubau ab 2020 rabiat auf 800 Megawatt pro Jahr zu begrenzen. Auch in deutschen Landen dreht der Wind bei der Förderung. Die Zuschüsse sollen künftig nicht mehr pauschal pro eingespeister Kilowattstunde Strom fließen, sondern per Ausschreibung im Wettbewerb ermittelt werden. Ziel einer Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes ist es, nur die preiswertesten Anbieter zum Zug kommen zu lassen.

Die Industrie zieht ihre Schlüsse. "Ab jetzt zählt: Wie günstig kann eine Windkraftanlage Strom produzieren?", sagt Nordex-Manager Krogsgaard. Die Hamburger haben sich zum Ziel gesetzt, die sogenannten Stromgestehungskosten ihrer Turbinen, also die gesamten Umwandlungskosten von Wind in Strom, bis 2018 um rund 18 Prozent zu senken. "Entweder müssen die Turbinen effizienter werden oder eben günstiger hergestellt werden", sagt der Däne. Auch das erhöht den Preisdruck im weltweit drittgrößten Markt Deutschland.

Günstige Winde finden die Europäer in den USA, dem nach China zweitgrößten Markt weltweit. Ende 2015 verlängerten US-Repräsentantenhaus und Senat überraschend die Steuervergünstigungen für Windkraftanlagen um fünf Jahre. Offshore herrscht jedoch noch Flaute. Die französische Alstom, Teil des US-Konzerns GE, soll die Turbinen für den ersten US-Hochseewindpark liefern. Siemens hingegen wartet noch immer auf den Baubeginn des nach Planung größten US-Offshore-Parks, Cape Wind. Bislang verhinderte der Widerstand prominenter Anrainer wie etwa des Präsidentenneffen Robert Kennedy den Start des 2,6-Milliarden-Dollar-Projekts vor Long Island, das von den Deutschen ausgerüstet werden soll.

In den Weiten des Kontinents hingegen spürt die Branche den Aufwind. Neben Platzhirsch GE profitiert vor allem die dänische Vestas. Das US-Geschäft liefert beinahe die Hälfte des Umsatzes. Der entthronte Primus verzeichnet dank guter Produkte steigende Marktanteile in den USA. Das war auch der Grund, weshalb Vestas zuletzt bei Umsatz und Gewinn die Erwartungen der Analysten übertraf. Mit dieser Brise im Rücken dürfte das Jahr 2016 zumindest den Dänen neue Rekorde bringen.

Investor-Info

Vestas
Breite Basis

In der Produktion gab es bis vor wenigen Jahren Qualitätsprobleme, Vestas rutschte wegen zu hoher Kosten in die Verlustzone. Chef Anders Runevad hat den Turnaround seit seinem Antritt Anfang 2013 nachhaltig geschafft. Vestas hat die größte installierte Basis weltweit, das Servicegeschäft ist stark und soll um bis zu 40 Prozent pro Jahr wachsen. Die operative Marge liegt über zehn Prozent. Der Marktanteil im attraktiven US-Markt stieg zuletzt von gut 30 auf 35 Prozent. Nach Rekorden beim Umsatz und Gewinn 2015 peilt das Unternehmen auch 2016 neue Spitzenwerte an. Analysten rechnen mit einem Gewinnplus 2016 von 15 Prozent. Kauf.

Nordex
Hausaufgaben gemacht

Die Hamburger haben zum richtigen Zeitpunkt zugekauft, Acciona Windpower verstärkt den TecDAX-Konzern in Nord-und Südamerika. Das Sortiment der Norddeutschen ist breiter. Chef Krogsgaard will die Produk­tionskosten weiter senken, das ist mit zunehmender Größe besser möglich. Das Unternehmen profitiert vom starken Auftragseingang, der Umsatz soll nach Analystenschätzungen im laufenden Jahr um 50 Prozent steigen. Der Gewinn wird demnach noch etwas stärker zulegen. Die hohe Volatilität zuletzt war auch durch den Ölpreis bedingt. Dieser könnte sich aber stabilisieren. Spekulativ.

Zertifikat
Vom Wind gestreut

Anleger, die breiter in die Windbranche investieren wollen, weil ihnen das Risiko von Einzelwerten zu groß ist, seien auf das Zertifikat der österreichischen Raiffeisen Centrobank hingewiesen (ISIN: AT 000 0A0 GYE 9). Es bildet den Solactive Alternative Energien Sektor Wind Index ab. Darin enthalten: die Anlagenbauer Nordex, Gamesa und Vestas, der in ­regenerativen Energien starke spanische Versorger Iberdrola sowie der amerikanische Windparkbetreiber Pattern Energy Group.

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Bildquellen: claffra / Shutterstock.com, Digital Vision/Thinkstock

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