Dividenden: Denn auf die Qualität kommt es an!
Anleger, die sich von hohen aktuellen Dividenden-Renditen blenden lassen, erleben häufig eine herbe Enttäuschung. Diese Strategie sollte besser mit weiteren Kriterien unterfüttert werden.
von Igor Krutov und Ramiz Chelat, Gastautoren für €uro am Sonntag
In den vergangenen Jahrzehnten haben Dividenden in den meisten Industrieländern nach Abzug der Inflation einen erheblichen Anteil an den Aktienrenditen ausgemacht. Anleger sollten sich daher weiterhin der Bedeutung von Dividenden bewusst sein. Gleichzeitig gilt es, sich klarzumachen, dass es heute noch mehr darauf ankommt, im Rahmen einer Dividendenstrategie nur echte Qualitätstitel ins Depot zu holen.
Denn einerseits ist die Kursentwicklung von Dividendentiteln in ihrer Gesamtheit zumindest etwas ins Stocken geraten - seit Beginn des Jahres hinken große Dividendenindizes ihren breiter gefassten und umfassenderen Indizes hinterher. Und zum anderen gibt es keine Gewissheit dafür, dass ein Unternehmen, das eine hohe Dividende zahlt, diese auch in Zukunft aufrechterhalten kann. Investoren sollten daher die Fundamentaldaten eingehend prüfen: Um die Nachhaltigkeit einer Dividende sicherzustellen, muss das Unternehmen zuverlässig Cashflow erzeugen und damit Gewinne erzielen können.
Mitunter resultieren hohe Dividendenrenditen aus Kursrückgängen. Das ist häufig ein Signal für sich verschlechternde Fundamentaldaten. Und tatsächlich besteht ein enger Zusammenhang zwischen hohen Dividendenrenditen und nachfolgenden Dividendenkürzungen, die häufig auf verfehlte Gewinnerwartungen zurückzuführen sind. Doch nicht nur das: Dividendenkürzungen werden in der Regel von Kursrückschlägen begleitet - je stärker die Dividendenkürzung, desto größer der Verlust.
Für den Anlageerfolg einer Dividendenstrategie ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, die Stärke des Geschäftsmodells eines Unternehmens richtig einzuschätzen und sich nicht einfach die Aktien mit der - scheinbar - höchsten Dividendenrendite ins Depot zu holen. Qualitativ hochwertige Unternehmen mit guten Wachstumsperspektiven haben dagegen das Potenzial, ihre Dividende im Zeitablauf noch zu steigern.
Neben der Fähigkeit eines Unternehmens, seine derzeitige Dividende aufrechtzuerhalten, kommt es auch darauf an, ob und in welchem Tempo es seine Dividende anheben kann. Schließlich können nur Unternehmen mit steigenden Gewinnen ihre Dividenden steigern, ohne ihre Ausschüttungsquote, also den prozentualen Anteil des Ausgeschütteten am gesamten Gewinn, anheben zu müssen. Eine Aktie mit einer anfänglich niedrigeren Dividendenrendite kann im Zeitablauf ein höheres Einkommen erzielen als eine Aktie, die mit einer höheren Rendite beginnt, die dann aber nicht weiter ansteigt.
Wichtig ist die Höhe des Cashflows und seine Verwendung
Solche Aktien mit vorhersehbaren, stetig steigenden Dividenden sind angesichts der historisch niedrigen Zinssätze gerade eine wichtige Option für Anleger, die Wert auf regelmäßige Erträge legen. Denn obwohl die Renditen in den USA und Europa in den vergangenen Monaten wieder ein wenig angestiegen sind, liegen die Dividendenrenditen für Aktien in den meisten großen Regionen immer noch deutlich über den Renditen zehnjähriger Staatsanleihen.
Darüber hinaus stellt die Inflation eine wesentlich geringere Bedrohung für Dividendenzahlungen dar als für festverzinsliche Anlagen. Denn Qualitätsunternehmen können Preissteigerungen häufig an ihre Kunden weitergeben und so Umsatz, Gewinn und damit auch die Dividende steigern, während ein Anleihekupon meist feststeht.
Zu den wichtigsten Merkmalen, welche die Fähigkeit eines Unternehmens bestimmen, Dividenden ausschütten zu können, gehören eine hohe und stabile Eigenkapitalrendite, starke Bilanzen, die Managementqualität sowie die Standortvorteile eines Unternehmens. Diese beurteilen zu können, setzt freilich ein tiefes Verständnis der Geschäftsmodelle von Unternehmen voraus. Eine ganz wesentliche Bedeutung hat darüber hinaus ein starker freier Cashflow und seine Transformation in Gewinn.
Ist ein Unternehmen nicht in der Lage, freien Cashflow in Gewinn zu transformieren, lässt sich das etwa auf eine hohe Kapitalintensität in einem wachsenden Unternehmen zurückführen. Das ist ein wichtiger Faktor. Denn Unternehmen, die einen großen Teil ihres Einkommens reinvestieren müssen, um ihrem Wachstum gerecht zu werden, haben während der Wachstumsphase nur noch einen geringen Cashflow übrig, den sie den Aktionären ausschütten können. Und das selbst dann, wenn ihre Bruttocashflows stetig steigen. Dies ist typischerweise bei kapitalintensiven Unternehmen aus den Sektoren Energie, Rohstoffe und Industrie der Fall. Unternehmen dagegen, die nur minimale Investitionen benötigen, können ihr Geschäft ausbauen und einen hohen Anteil ihrer laufenden Erträge in Form von Dividenden ausschütten.
Allerdings geht es auch nicht darum, aus dem Universum qualitativ hochwertiger Dividendenaktien mechanisch die aktuell ertragreichsten Titel auszuwählen. Klüger ist es, die zu erwartende Gesamtrendite jedes einzelnen Wertpapiers zu berücksichtigen. Ein entsprechendes Portfolio kann so aussehen, dass es einerseits Unternehmen mit höheren Dividendenrenditen, aber moderatem Ertragswachstum enthält, andererseits aber auch Unternehmen mit schnellerem Ertragswachstum, aber niedrigeren Dividendenrenditen.
Hohe Dividendenrendite stützt meist auch den Aktienkurs
Zur zweiten Gruppe könnte ein wachstumsstarkes Softwareunternehmen gehören, mit hoher Marktdurchdringung, stabiler Kundenbasis und gut prognostizierbaren Lizenzerlösen, das aktuell jedoch nur eine vergleichsweise geringe Dividendenrendite vorweist. Ist bei einem solchen Unternehmen absehbar, dass sich mit dem Wachstum auch seine Margen verbessern werden, und wurden zudem schon in der Vergangenheit die Dividenden stetig angehoben, sind die Aussichten gut, dass es für seine Investoren nachhaltig und vorhersehbar Renditen erwirtschaften kann, die sich aus Gewinnwachstum und Dividendenrendite zusammensetzen.
Dass es sich lohnt, sich auf Dividendentitel mit höchstmöglicher Qualität zu fokussieren, zeigt eine Betrachtung der Jahre 2000 bis 2016: Dabei wurden die nach Vontobel-Kriterien 300 größten Qualitätsunternehmen in den USA untersucht.
Insgesamt wiesen diejenigen Unternehmen mit einer höheren Dividendenrendite eine bessere Kursentwicklung auf als die Unternehmen mit einer niedrigen Dividendenrendite - und das bei geringerer Volatilität.
Kurzvitae
Igor Krutov
Director of Research
Ramiz Chelat
Portfoliomanager bei Vontobel
Krutov kam 2002 zu Vontobel Asset Management und wurde im Juli 2016 zum Director of Research ernannt. Er ist verantwortlich für die Qualität des Investment-Researchs und unterstützt bei der Portfoliokonstruktion und beim Risikomanagement.
Darüber hinaus ist er Mitglied des Risk-Management-Teams.
Ramiz Chelat kam im Juli 2007 als Senior-Research-Analyst zu Vontobel Asset Management und wurde 2016 stellvertretender Portfoliomanager für die Global Equity Strategy des Unternehmens.
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