US-Milliardär Chanos: Menschen machen dumme Deals
Jim Chanos, wenn dieser Mann in Aktien spekuliert, sollten Anleger aufhorchen. Der New Yorker ist Shortseller, setzt also auf fallende Kurse. Und das extrem erfolgreich.
Werte in diesem Artikel
von Tim Schäfer, Euro am Sonntag
Das New Yorker Büro des Milliardeninvestors ist unspektakulär. Keine blitzblank polierte Lobby, keine Prunkstücke auf den Schreibtischen. Die Heimat des Hedgefonds Kynikos Associates ist schlicht eingerichtet.
Dabei ist Chanos einer der bekanntesten Shortseller der Welt. Er hat frühzeitig den Schwindel der Enron-Manager erkannt und vor der Internetblase gewarnt. Der 55-Jährige mit griechischen Wurzeln ist gefragt. Auch an der Elite-Uni Yale.
€uro am Sonntag: Sie sind der bekannteste Shortseller ...
Jim Chanos: Ja, weil es kaum bekannte Shortseller gibt (lacht).
... und hielten gerade einen Vortrag an der Yale-Universität. Was bringt ein Hedgefondsmanager, der auf faule Aktien spezialisiert ist, Studenten bei?
Das passt natürlich zu meinem Fachgebiet: Es ist ein Kurs über die Geschichte des Finanzbetrugs.
Sie gelten als Arbeitstier. Haben Sie deshalb noch Zeit für Uni-Kurse?
Es ist ja kein Vollzeitjob, aber es macht mir Spaß. Aber tatsächlich arbeite ich viel. Ein oder zwei Tage Urlaub im Jahr, das ist alles, was ich mir erlaube. Wenn Sie das Geld anderer Leute verwalten, müssen Sie immer ein Auge auf den Markt werfen.
Müssen Sie mehr arbeiten, weil Sie nach schlechten Aktien suchen und nicht, wie die meisten Investoren, nach Kaufgelegenheiten? Wie finden Sie Ihre Ideen?
Wir machen es anders als die meisten Hedgefonds. Die sagen den Neulingen: „Macht uns Vorschläge.“ Sie sollen also für den Fondsmanager nach Ideen Ausschau halten. Die Ideengenerierung, die sehr wichtig ist, geben sie also an die unerfahrensten Leute. Ich habe dieses Modell immer infrage gestellt. In unserer Firma machen die Chefs die Vorschläge. Anschließend gehen die Ideen zu den Mitarbeitern. Wir fragen unsere Analysten nicht nach Ideen.
Wie viele Vorschläge bestehen
den Test?
Die meisten sterben in der Prüfphase. Unsere Mitarbeiter sprechen mit Investoren, die anders als wir optimistisch im Hinblick auf das jeweilige Investment sind, mit Analysten und den Firmen selbst. Sie lesen viel und gehen die Zahlen durch. Und am Ende kommt meist heraus: Sorry, ihr habt da einiges übersehen.
Sprechen die Firmen gern mit Ihnen? Schließlich verheißt ein Anruf von Ihnen nichts Gutes.
Tja, tatsächlich bekommen wir meist nicht sehr viel Informationen von den Firmen. Das liegt wohl in der Natur der Sache.
Lange Jahre haben Sie sich auf amerikanische Aktien konzentriert. Sie legten den Finger beim Bilanzierungsskandal von Enron früh in die Wunde. Sie verdienten viel, als Sie überteuerte Internetaktien zur Jahrtausendwende shorteten. Nun äußern Sie sich schon länger kritisch zu China, der aufstrebenden Wirtschaftsnation der Welt. Was stimmt mit China nicht?
In den vergangenen zehn Jahren vervierfachte sich die Wirtschaft. Der Aktienmarkt tritt auf der Stelle. Was sagt Ihnen das?
Es sagt mir, dass Anleger der Story nicht trauen.
Nein, die Profite fließen nicht den Aktionären zu. Stattdessen landen sie bei Insidern und Parteistrategen. Zwei Prozent der Chinesen sind sehr vermögend. Westliche Investoren dagegen werden dort nicht sonderlich reich.
Aber viele Konzerne verdienen in China gutes Geld. Yum Brands beispielsweise wächst mit seiner Kette Kentucky Fried Chicken enorm. Das ist eine andere Sache. Das ist ein US-Konzern. Wir haben kein Problem damit, wenn jemand mit China einen Handel oder Geschäfte betreibt. Aber in China selbst würde ich nicht investieren.
Warum?
Schauen Sie sich Caterpillar an. Der Konzern, der Bagger, Raupen und anderes Gerät für den Bau produziert, hat viel investiert in China. Ein Jahr später musste er fast alles abschreiben. Er ist betrogen worden. Es scheint, als ob sich das ständig wiederholt in China.
Muss man das nicht hinnehmen, wenn man auf der anderen Seite viel Geld verdienen kann?
Aber das tun die Unternehmen nicht. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Erwirtschaftete Erträge kommen in China nicht bei den Aktionären an.
Bisher sind von Skandalen eher kleinere chinesische Firmen betroffen, die sich teilweise wieder von der New Yorker Börse zurückziehen mussten.
Aber die großen chinesischen Unternehmen verdienen auch kein Cash. Ich sage jetzt nicht, es ist Bilanzbetrug. Sie sehen aber nie, dass die Gewinne in Cash fließen.
Auch in Brasilien haben Sie Aktien auf dem Radar. Warum setzen Sie bei Petrobras, dem großen halbstaatlichen Energiekonzern, auf fallende Kurse?
Petrobras ist Brasiliens Bargeldautomat. Die Regierung nimmt ihre Rolle als Eigentümerin von Petrobras wahr, um alles Mögliche zu subventionieren — etwa Spritpreise. Die Preise halten sie künstlich niedrig. Petrobras hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Es ist kein freies Unternehmen. Die Renditen sind schrecklich.
Die Wachstumsaussichten in Brasilien sowie die Ölfunde vor der Küste sind für Sie kein Argument?
Nicht, solange Petrobras kein Geld für die freien Aktionäre generiert. Voriges Jahr hatte die Firma einen Cashflow von 40 Milliarden Dollar. Gleichzeitig investierte das Unternehmen in neue Projekte und Instandhaltungen circa 40 Milliarden Dollar. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen war also gleich null. Und das ist alles vor Zins- und Steuerlasten zu sehen. Hinzu kommt die sinkende Produktion.
Warum macht Petrobras das?
Die Regierung verbietet dem Konzern, mit Diesel und Benzin Geld zu verdienen. Wenn Sie Aktionär sind, subventionieren Sie den brasilianischen Autofahrer.
In den USA gibt es weniger Staatsinterventionen. Wo finden Sie hier momentan schlechte Aktien? Wir setzen bei den Computerherstellern HP und Dell auf sinkende Kurse. Beide Aktien sind seit einem Jahr ideale Shortkandidaten.
Die Kurse der klassischen Computerhersteller sind schon stark gesunken. Viel Spielraum nach unten ist doch nicht mehr drin?
Ich glaube schon. Im Falle von Dell haben wir uns voriges Jahr eingedeckt, als die Aktie unter zehn Dollar sank. Dann stieg der Kurs, weil Gründer Michael Dell mit Hedgefonds eine Übernahmeschlacht begann. Wir sind jetzt short, weil wir glauben, dass der Deal nicht zustande kommt.
Was ist das Kernproblem?
Das Problem ist, dass der PC schlicht und ergreifend ausstirbt. Über 70 Prozent von Dells Umsatz und der Löwenanteil von HPs Umsatz basieren auf PCs, Computerzubehör oder Dienstleistungen. Sinken die PC-Umsätze, fällt alles andere auch.
Gibt es keinen Ausweg?
Nein. Viele Optimisten erwarten zwar, dass Dell und HP künftig verstärkt Dienstleistungen anbieten werden, so wie es IBM tut. Fakt ist aber, dass sich jeder Schritt, den beide in Richtung Diversifizierung gehen, als Desaster herausstellt.
Warum?
IBM gibt jedes Jahr sechs Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus. Dell und HP kommen auf rund zwei Prozent. Um die Lücke zu schließen, machen Dell und HP große Akquisitionen, die natürlich Geld kosten. IBM investiert mehr, weist die Kosten hierfür aus und bekommt aus den erhöhten Entwicklungsleistungen bessere Ergebnisse als Dell und HP zustande. Das ist das wahre Problem. Die Zahlen für die PC-Verkäufe im ersten Quartal waren desaströs. Es zeigt sich, dass sich die Misere verschärft.
Sie glauben nicht, dass Dell und
HP durch clevere Zukäufe da rauskommen?
Nach den Akquisitionen ist der Cashflow negativ. Selbst inklusive der Akquisitionen schrumpfen die Umsätze. Folglich sind die Akquisitionen ähnlich wie Instandhaltungsausgaben zu sehen. Sie müssen sie tätigen, sonst würde das Geschäft noch schneller zusammenbrechen.
Warum will Gründer Michael Dell dann sein Unternehmen zurück? Ist es ein Egotrip?
Es kann sein. Ich weiß es nicht. Menschen machen immer wieder dumme Deals.
So sicher Sie sich bei Dell und HP sind — Ihren bislang größten Fehler machten Sie auch mit einer Technologieaktie, richtig?
Ja, mit AOL. Wir shorteten die Aktie 1996 und 1997 zu Kursen von acht oder zehn Dollar. Wir stellten die Position bei 80 Dollar glatt. Gewinne und Cashflows spielten damals keine Rolle. Es war die Internetmanie. Die Aktie verdoppelte sich und verdoppelte sich immer wieder.
Zyniker der
Wall Street
Jim Chanos wurde 1957 in Milwaukee geboren. Nach dem Studium in Yale begann er als Analyst in New York. Schon damals spezialisierte sich Chanos auf Aktien, die seiner Ansicht nach überbewertet waren. 1985 eröffnete er seine eigene Investmentfirma — mit dem für Shortseller passenden Namen: Kynikos (zu Deutsch: Zyniker) Associates. Heute verwaltet sein Hedgefonds sechs Milliarden Dollar. Für Schlagzeilen in der Boulevardpresse sorgte Chanos, als 2008 Kontakte zu Prostituierten bekannt wurden. Der aktive Demokrat und Unterstützer Obamas ist geschieden, hat vier Kinder und lebt in New York.
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