Euro am Sonntag-Analyse

Das große Banken-Kriseln: Ist ein Ende in Sicht?

03.08.16 03:00 Uhr

Das große Banken-Kriseln: Ist ein Ende in Sicht? | finanzen.net

Niedrigzinsen drücken Erträge, Kapitaldecken schmelzen dahin. Deutsche Bank und Commerzbank sind angeschlagen. Die Nervosität der Investoren wächst.

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von W. Ehrensberger und B. Haas, Euro am Sonntag
Keine erfreulichen Wochen war das für die beiden größten deutschen Bankhäuser: Mit kräftigen Kursabschlägen hat der Markt zudem die Zwischenberichte von Deutscher Bank und Commerzbank am vergangenen Dienstag und Mittwoch quittiert. Nicht nur in den Häusern wächst die ­Unruhe angesichts drohender neuer Einschnitte. Auch bei den Investoren schwindet die Hoffnung auf rasche Erholung angesichts dünner Erträge, überschaubarer Einspareffekte, neuer Großbaustellen und drohender Kapitallücken.



Die Banken leiden nicht nur unter den dauerhaft niedrigen Zinsen und einer Regulierung mit immer strengeren Bandagen. Auch die Geschäftsmodelle sind teils überholt und den Anforderungen des Marktes kaum noch gewachsen. Das Brexit-Votum der Briten hat neue Konjunkturängste geschürt und die ungelösten Probleme des Sektors frisch ins Bewusstsein der Investoren gerückt - insbesondere die Kreditkrise der italienischen Banken. Ein Stresstest der Europäischen Zentralbank und der Bankenaufsicht sollte bis Freitagabend Aufschluss darüber geben, wie es um die Branche bestellt ist - bis Redaktionsschluss lag noch kein Ergebnis vor.

Die Zwischenberichte der deutschen Großbanken wiesen jedoch die Richtung: Mit Mühe hielt sich die Deutsche Bank in den schwarzen Zahlen und präsentierte einen Nettogewinn von 20 Millionen Euro nach 800 Millionen vor einem Jahr. Dabei brachen in allen Kernsparten die Erträge weg, insbesondere im wichtigen Kapitalmarktgeschäft. Kaum Fortschritte gab es bei der chronischen Kapitalschwäche. Die harte Kernkapitalquote, die Auskunft gibt über die Widerstandskraft einer Bank, legte per Ende Juni nur leicht um 0,1 Punkte auf 10,8 Prozent zu. Aufseher fordern mittelfristig 12,25 Prozent, die Bank selbst strebt 12,5 Prozent an.

Vorstand ohne Plan

Bei der Commerzbank schmolz diese Kennziffer, die das Verhältnis von Eigenkapital zu den Risikopositionen in der Bilanz (etwa Krediten) beschreibt, sogar ab: Die Kernkapitalquote sank überraschend von zwölf Prozent Ende März auf 11,5 Prozent Ende Juni - insbesondere als Folge strengerer Vorgaben der Regulierer. Zum Vergleich: Das Nischeninstitut Aareal Bank kam zuletzt auf eine Kernkapitalquote von 13,6 Prozent (siehe Investor-Info). Bei der Commerzbank reduzierte sich der Überschuss im zweiten Quartal nach einem schwachen Jahresauftakt um fast ein Drittel auf 209 Millionen Euro.


Mit großem Vertrauensvorschuss war Deutsche-Bank-Chef John Cryan vor einem Jahr angetreten und baut seither den Konzern um - bislang mit mäßiger Wirkung. Manche Experten sind der Ansicht, Cryan drehe an den falschen Stellschrauben. Grundproblem sei, dass er die bereits gescheiterte Strategie seiner Vorgänger übernommen habe, sagt etwa Fairesearch-Analyst Dieter Hein. Dass der Vorstandschef das Privatkundengeschäft durch Filialschließungen und den noch immer möglichen Rückzug aus der Postbank eindampfe, stärke das Investmentbanking. Ausgerechnet also jenen Bereich, den andere europäische Banken nach der Finanzkrise geschlossen hätten. Ein Plan für Wachstum sei hingegen nicht erkennbar.

Cryan selbst schließt inzwischen eine Verschärfung des Sparkurses nicht aus. "Sollte das schwache Umfeld anhalten, müssen wir bei Geschwindigkeit und ­Intensität unseres Umbaus noch ehrgeiziger werden", sagte der Vorstandschef. Wie die Bank das bewerkstelligen will, ließ er allerdings offen.


Wie die Commerzbank ihre Erträge stabil halten will, ist ebenfalls unklar. Seit Mai ist der neue Vorstandschef und frühere Privatkundenvorstand Martin Zielke auf dem Posten. Im Herbst will er seine Marschroute der Öffentlichkeit vorstellen. Das Programm soll - neben weiterer Digitalisierung - vor allem unter einem Motto stehen: sparen, sparen, sparen. Dass es Einschnitte bei der bislang verschonten Mittelstandsbank gibt, ist bereits sicher. Rund 20 Prozent der 5.700 Jobs dort sollen abgebaut werden. Das einst für stabile Erträge sorgende Kerngeschäft mit Firmenkunden leidet unter der geringen Nachfrage nach Firmenkrediten. Nach dem ersten Halbjahr ist das zweitgrößte deutsche Geldhaus mit 372 Millionen Euro Gewinn zudem weit davon entfernt, das Vorjahresergebnis von mehr als einer Milliarde Euro zu wiederholen. Die jüngsten Zahlen haben den Aktien der beiden Großbanken weitere Dämpfer versetzt - zuvor hatte der Brexit-Entscheid die Kurse bereits auf neue Allzeittiefs geschickt.

Brand in Italien

Auch außerhalb von Frankfurt sind die Sorgen groß. Bringt ein mögliches Ausscheiden der Briten aus der EU auch noch einen Konjunkturabschwung, dann dürften zunächst vor allem südeuropäische Häuser in existenzielle Bedrängnis geraten. Italienische Banken haben faule Kredite im Volumen von 360 Milliarden Euro angehäuft. Monte dei Paschi di Siena - ältestes Geldhaus der Welt - sowie weitere Institute benötigen dringend frisches Kapital.

Noch ist nicht klar, wie weit die italienische Regierung bei der Bankenrettung mit Staatsmitteln gehen darf, ohne die verschärften EU-Vorgaben zu verletzen. Diese verlangen, dass zuerst Eigentümer und Gläubiger herangezogen werden müssen, und sehen Staatshilfen nur bei Systemkrisen vor. Am Freitag deutete vieles darauf hin, dass eine staatliche Bankenrettung in Italien vom Tisch ist. Für eine privatwirtschaftliche Lösung soll zudem die Schweizer Großbank UBS einen Rettungsvorschlag abgegeben haben. In den vergangenen Tagen war allerdings auch über Notfallmaßnahmen im Fall einer Abwicklung spekuliert worden.

Investoren befürchten, dass es im Fall von Bankpleiten in Italien ­europaweit zu Dominoeffekten kommen könnte. Zumindest die deutschen Geldhäuser hält Privatbankenverbandschef Michael Kemmer nicht für akut gefährdet. Die Institute hätten zwar 16,5 Milliarden Euro Forderungen an italienische Banken offen. Das sei aber im Verhältnis noch überschaubar. "Die fundamentale Situation der Banken hat sich nicht so massiv verschlechtert, wie die Kurse eingebrochen sind", glaubt Kemmer.

Neue Konsolidierungswelle

Dass mit dem Brexit und der Situation in Italien die Risiken zugenommen haben, steht jedoch außer Frage. Das gibt auch Spekulationen über eine Konsolidierungswelle unter den Geldhäusern neuen Auftrieb. Hier blieben wohl insbesondere die deutschen Banken nicht außen vor. "Wir haben in Deutschland weltweit führende Industrieunternehmen, aber keine Banken, die einen solchen Anspruch derzeit erfüllen könnten", heißt es in der Branche.

Gerüchte gibt es angesichts der Lage jede Menge in Frankfurt. Zuletzt hieß es, die Deutsche Bank werde doch noch in einen Investment-Teil und eine Privat- und Firmenkundenbank aufgetrennt. Es könnten die Vorboten für eine weitgehende Neuordnung des deutschen Bankensektors sein.

Investor-Info

Deutsche Bank
Strategie-Defizit

Der bislang eingeschlagene Sparkurs greift nicht, die operativen Erträge brechen weg. Auch bei der Stärkung der Kapitaldecke kommt das größte deutsche Geldhaus kaum voran. Vorstandschef John Cryan weiß offenbar nicht recht, wo er ansetzen kann: Verkäufe von Töchtern und der Abbau von Bilanzrisiken sollen helfen. Dabei geht aber auch Ertragspotenzial verloren, sodass weiter über eine Kapitalerhöhung spekuliert wird. Was dem Geldhaus am dringendsten fehlt, ist eine schlüssige Strategie. Derzeit meiden.

Commerzbank
Jetzt mit Kapitalproblem

Dass im aktuellen Niedrigzinsumfeld die Erträge nicht in den Himmel wachsen, war klar. Der Milliardengewinn des Vorjahres wird sich 2016 kaum wiederholen. Doch dass die Commerzbank jetzt auch auf der Kapitalseite angesichts immer strengerer Regulierung eine neue Baustelle hat, ist ein Alarmsignal. Die Hoffnung liegt beim neuen Konzernchef Martin Zielke. Der will im Herbst erklären, wie er insbesondere das Mittelstandsgeschäft auf Linie bringen will. Halten.

Aareal Bank
Solider Nischenspieler

Der gewerbliche Immobilienfinanzierer hat die Finanzkrise verlustfrei durchsteuert und die Schwäche der Konkurrenz genutzt, um die Marktposition durch Zukäufe auszubauen. Doch auch hier kommen die Erträge stärker unter Druck. Für die Aktie sprechen Stabilität, gute Kapitalausstattung und die Dividendenrendite von sieben Prozent. Kauf.

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Bildquellen: canadastock / Shutterstock.com, Thomas Lohnes/Getty Images

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