Boeing: Ein Überflieger auf dem Boden
Der zweite Absturz einer 737 Max des US-Konzerns Boeing binnen fünf Monaten weckt Zweifel an der Sicherheit des Verkaufsschlagers. Kurzfristig könnte Wettbewerber Airbus ein Vorteil daraus erwachsen.
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von Stephan Bauer, Euro am Sonntag
Die Reaktion der Börsianer auf den Absturz der Boeing 737 Max einer äthiopischen Airline war eindeutig: Die Aktie des nach Marktkapitalisierung größten Mitglieds des US-Bluechip-Index Dow Jones sackte am Tag nach der Hiobsbotschaft in der Spitze um rund 15 Prozent ab. Auch in den folgenden Tagen gewann Boeing kaum an Höhe, denn die Nachrichten blieben erst einmal schlecht.
Als erste veranlasste Chinas Flugaufsicht, dass alle inländischen 737 Max am Boden bleiben müssen. Dem "Grounding" der Chinesen schlossen sich weitere Länder und Fluggesellschaften in Indonesien, Südafrika, Mexiko, Brasilien und Argentinien an. Es folgten Deutschland und ganz Europa, schließlich verfügte auch die US-Flugaufsicht FAA, dass die Mittelstreckenjets dieses Typs bis auf Weiteres im Luftraum unerwünscht seien. Fast alle der knapp 380 ausgelieferten 737 Max sind inzwischen am Boden. Berichten zufolge hatte Boeing-Chef Dennis Muilenburg noch mit US-Präsident Donald Trump telefoniert, möglicherweise, um ein Flugverbot im wichtigsten Markt für Boeing zu verhindern.
Es nützte nichts. Inzwischen deuten Satellitendaten aus Kanada auf das hin, was Experten schon zuvor vermuteten: einen Zusammenhang mit dem Absturz einer 737 Max vor fünf Monaten. Der Jet der indonesischen Lion Air war ebenfalls bei besten Bedingungen kurz nach dem Start außer Kontrolle geraten und abgestürzt. Fehlerhafte Software zur Vermeidung eines Strömungsabrisses steht im Verdacht.
Boeing arbeitet fieberhaft an einer neuen Version der "Anti-Stall"-Software. Die neue Variante soll nicht mehr bloß die Daten eines Sensors, sondern die mehrerer verarbeiten. Es werde aber noch Monate dauern, bis die Maschinen damit ausgerüstet seien, heißt es.
Der Golf der Lüfte
Für die Amerikaner ist das Unglück, bei dem 157 Menschen starben, ein harter Schlag. Die 737 ist für Boeing so etwas wie der Golf für Volkswagen: Der Jet wird seit 1966 ausgeliefert, wurde inzwischen in vielen weiterentwickelten Versionen weltweit über 10.000 Mal verkauft. Die 737 zählt damit zu den meistverkauften Flugzeugmodellen. Laut Schätzungen geht rund ein Drittel des Konzerngewinns auf das Konto des Fliegers der Kompaktklasse mit einem Gang und zwei Sitzreihen.
Weitere Folge des Crashs für den US-Konzern: Die für vergangene Woche geplante Vorstellung des ersten fliegenden Exemplars der Boeing 777 X wurde verschoben. Der neue Langstrecken-Großraumjet soll aber planmäßig produziert und ausgeliefert werden. Nach dem Aus für den Konkurrenten A380 von Airbus ist Boeing mit seiner 777 X und der kleineren Langstreckenvariante 787 der einzig verbliebene Hersteller großräumiger Langstreckenjets.
Das Segment ist zwar lukrativ, aber recht klein - der Grund, weshalb sich der designierte Airbus-Chef Guillaume Faury auf das weitaus größere Mittelklassesegment konzentrieren will. Womöglich sind die Europäer hier zumindest vorläufig im Vorteil: Die indonesische Lion Air soll angeblich über eine Stornierung ihrer 737-Bestellungen und über A320-Neo-Modelle aus Toulouse nachdenken. Allerdings sind die Lieferfristen des A320 Neo sehr lang.
Airlines haben eben kaum Alternativen: Airbus und Boeing beherrschen die Flugzeugindustrie in einem Duopol und bedienen praktisch die gesamte Welt. Langfristig wirkten sich Katastrophen wie die der 737 Max daher kaum auf das Geschäft der Flugzeugbauer aus.
2013 etwa mussten nach mehreren Batteriebränden Jets des Typs Boeing 787 weltweit für Monate am Boden bleiben. Airlines forderten Schadenersatz. Die Boeing-Aktie blieb auch zunächst hinter dem Markt zurück, erholte sich dann aber stark. Schließlich wächst der Markt wegen der Globalisierung und weil sich mehr Menschen privat Flüge leisten können.
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Bildquellen: Ken Wolter / Shutterstock.com, Thor Jorgen Udvang / Shutterstock.com
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