Deutsche Bank enttäuscht auf ganzer Linie

Netto stand ein Gewinn von lediglich 335 Millionen Euro zu Buche, während Analysten mit 869 Millionen Euro gerechnet hatten.

Die Erträge im operativen Geschäft waren solide, doch Rechtsstreitigkeiten und hohe Kosten für das Umbauprogramm fraßen einen großen Teil des Gewinns auf. Allein für Rechtskosten fielen im abgelaufenen Quartal Kosten von 630 Millionen Euro an. Die Rückstellungen für die diversen Prozessrisiken liegen inzwischen bei drei Milliarden Euro.

Im Vergleich zu anderen Großbanken in Europa und den USA hinkt die Deutsche Bank hinterher. Vor allem die US-Wettbewerber mit starkem Investmentbanking hatten die Messlatte hoch gehängt. Banken wie Goldman Sachs verdoppelten gar ihren Gewinn. Aber auch die beiden Schweizer Rivalen UBS/a> und Credit Suisse hatten den Markt mit deutlichen Profitsteigerungen überzeugt.

Besserung ist für die Deutsche Bank kurzfristig nicht in Sicht: Co-Vorstandschef Anshu Jain hatte kürzlich bereits angekündigt, dass die hohen Kosten die Bank auch im weiteren Jahresverlauf belasten werden.

In den verschiedenen Segmenten stach das Investmentbanking mit einem Ertragsanstieg von neun Prozent positiv hervor. Unterm Strich blieb die Bank aber auch hier stark hinter den Erwartungen zurück. Sie profitierte zwar von der aufgehellten Stimmung am Kapitalmarkt und einer guten Entwicklung im Emissions- und Beratungsgeschäft, doch die hohen Kosten drückten das Ergebnis.

Eine Last war, wie für andere Banken auch, das niedrige Zinsniveau. Laut Händlern fiel der Zinsüberschuss mit 3,7 Milliarden Euro im Vergleich zu den 3,9 Milliarden im Vorjahr besonders enttäuschend aus. "Insgesamt sind die Zahlen eine klare Enttäuschung", sagte ein Händler. "Vor allem im Vergleich zum engsten europäischen Wettbewerber Credit Suisse kann die Bank nicht mithalten." Vorbörslich fiel die Aktie um drei Prozent.

Fortschritte macht die Deutsche Bank dagegen mit ihren Bemühungen, die strengeren Kapitalanforderungen zu erfüllen. So beträgt das harte Kernkapital (Tier-1) 10 Prozent. Damit ist sie gut aufgestellt. Hierfür hat die Deutsche Bank auch viele Anstrengungen unternommen. Zum einen baut sie kapitalintensive Risiken mit Hochdruck ab, zum anderen war sie nach langen Dementi doch mit einer Kapitalerhöhung an den Markt gegangen. Im April erhöhte die Platzierung von 90 Millionen neuen Aktien das Kapital um rund drei Milliarden Euro. Die Bank gab zudem im Mai Tier-2-Nachrangpapiere im Volumen von 1,5 Milliarden US-Dollar aus.

Eine konkrete Prognose für das laufende Jahr traut sich die Deutsche Bank weiterhin nicht zu. Vielmehr hatte sie sich bereits im September vergangenen Jahres Ziele für 2015 gesetzt. An diesen hält sie auch weiterhin fest. So soll die Eigenkapitalrendite nach Steuern mindestens zwölf Prozent betragen und das Ergebnis in allen Segmenten deutlich steigen.

Von den alten Zielen einer Eigenkapitalrendite von 25 Prozent ist die Deutsche Bank inzwischen meilenweit entfernt. Aktuell liegt ihre Eigenkapitalrendite nach Steuern bei 2,4 Prozent, in der Kernbank bei 7,0 Prozent.

Des Weiteren setzt die Deutsche Bank ihren Schrumpfkur fort. "Wir werden unsere Bilanzsumme weiter verringern", kündigten die beiden Co-Vorstandchefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain bei Bekanntgabe der Zahlen für das zweite Quartal an. Bislang hat die Bank insbesondere ihre risikogewichteten Aktiva reduziert. Nun soll die Bilanzsumme weiter abgebaut werden - beispielsweise durch die Auflösung von Derivate-Verträgen.

Nach den Kriterien der Kapitalvorschriften "Basel III" soll die Bilanz insgesamt um 250 Milliarden Euro und damit um 15 Prozent abschmelzen. Das soll schonend geschehen, ohne "materielle Auswirkungen" auf das Ergebnis, wie Jain und Fitschen sagten. Aktuell liegt die Bilanzsumme der Deutschen Bank nach Basel III bei 1,58 Billionen Euro. Nach IFRS beträgt sie 1,91 Billionen Euro.

Mit diesem Schritt will die Bank die Anforderungen an das Verhältnis von Bilanzsumme zu Kapital (Leverage) erfüllen. Als Zielgöße für die Leverage Ratio gelten drei Prozent, was die Bank nach eigener Einschätzung bereits erfüllt. Mit den Maßnahmen will sich die Deutsche Bank weiteren Spielraum verschaffen.

Allerdings ist umstritten, wie aussagekräftig diese Kenngröße tatsächlich ist. So werden bei der Berechnung der Leverage Ratio Kredite an den deutschen Hausbesitzer genauso behandelt wie riskante Derivategeschäfte.

Mitarbeit: Michael Denzin Kontakt zur Autorin: madeleine.nissen@wsj.com DJG/mln/brb Dow Jones Newswires Von Madeleine Nissen