Geldanlage-Report Armin Brack

DAX auf Rekordhoch: Warum immer weniger Anleger davon profitieren!?

16.02.15 16:04 Uhr

DAX auf Rekordhoch: Warum immer weniger Anleger davon profitieren!? | finanzen.net

gestern meldete das Deutsche Aktien Institut (DAI), dass die Zahl der Aktionäre in Deutschland weiter zurückgeht. Das ist angesichts der aktuellen Börsenhausse mehr als enttäuschend.

Bekanntermaßen gibt es nichts, was neue Anleger so anzieht, wie steigende Kurse. Allerdings gibt es auch spezifische Gründe für die Verweigerungshaltung, die nichts mit der mangelnden Aktienkultur in Deutschland zu tun haben.

Beispielsweise das unsägliche Urteil des Bundesgerichtshofs, das Aktionäre bei Börsenrückzügen von Firmen (Delistings) nicht mehr schützt, was dazu führt, dass die betreffenden Papiere abstürzen und den Aktionären hohe Verluste einbringen. Hier muss sich dringend etwas ändern.

Tatsächlich könnte sich nun bald etwas tun. Lesen Sie nachfolgend, was. Im 2. Teil stelle ich Ihnen meine Strategie vor, mit der ich aktuell ohne Gesamtmarktrisiko Gewinne am Aktienmarkt erziele.

Am 14. Juni 2014 haben wir die Thematik im Geldanlage-Report erstmals behandelt. Hier nochmals das Wichtigste in Kürze:

Das so genannte Frosta-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8.Oktober 2013 besagt, dass der Widerruf der Zulassung einer Aktie zum Handel im regulierten Markt auf Veranlassung der AG weder eines Hauptversammlungsbeschlusses noch eines Abfindungsangebots über den Kauf der Aktien der Minderheitsaktionäre bedürfe. Er könne jederzeit durch den Vorstand ohne Einhaltung dieser Voraussetzungen beantragt werden.

Damit hatte die höchstrichterliche Instanz ihre eigene Rechtsprechung vom 25. November 2002 (Macrotron-Urteil) aufgehoben. Sie war darin davon ausgegangen, dass das Delisting wegen der damit verbundenen Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit der Aktien das in Art. 14 Grundgesetz geschützte Eigentumsrecht des Aktionärs beeinträchtigt. Nun zeigt sich, dass die damaligen Befürchtungen mehr als berechtigt waren.

Seit dem neuen Urteil gibt es eine wahre Flut von Delisting-Ankündigungen, von denen viele auch bereits umgesetzt worden sind. Hier eine Übersicht der DSW mit Stand 7. November 2014:

Seither kamen noch Kofler Energies (A0HNHE), CCP (A0H1P2), Onvista (546160), die Württembergische Lebensversicherung (840502), The Fantastic Company (A0YJEW), Ariston Real Estate (A0F5XM), MME Moviement (576115), Hydrotec (613030), Augusta (A0D661) und MIFA (A0B95Y) hinzu.

Offenbar wird nun der Druck so groß, dass die Große Koalition in Berlin überlegt, zurückzurudern. Die Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht, Dr. Barbara Mayer aus Freiburg, schreibt auf ihrem Blog dazu folgendes:

"Die zahlreichen Proteste von Anlegerschützern scheinen nun erhört. Einer Nachricht in der FAZ vom 03.02.2015 (Seite 23) zufolge plant die Große Koalition, den Schutz der Kleinaktionäre gesetzlich wieder herzustellen. Diese Regelung soll noch in die Aktienrechtsnovelle 2014, über die der Bundestag demnächst berät, eingearbeitet werden."

Wie genau eine solche Neuregelung genau umgesetzt werden könnte, ist noch offen. "Neben einer Ergänzung des Aktiengesetzes sei eine kapitalmarktrechtliche Lösung über die Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift in das Wertpapierhandelsgesetz denkbar.

Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz sieht bereits die Zahlung einer Abfindung vor, wenn ein Investor die Kontrolle über eine Aktiengesellschaft übernimmt oder durch einen Squeeze-Out die Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft drängt", schreibt Mayer weiter.

Sie schließt mit dem Hinweis: "Doch gleichgültig, wo die Abfindungspflicht künftig geregelt sein wird: Unternehmen, die einen Rückzug von der Börse erwägen, sollten sich zeitnah mit dem Thema befassen." Das heißt: Firmen, die sich mit dem Gedanken eines Delistings befassen, könnten nun aufs Tempo drücken, so dass sich Delisting-Ankündigungen in den kommenden Wochen nochmals häufen dürften.

Bisher macht es ausgerechnet die Frankfurter Wertpapierbörse, der wichtigste Handelsplatz hierzulande, den rückzugswilligen Firmen besonders leicht. Hier genügt ein einfacher Antrag des Vorstands auf Widerruf der Börsenzulassung. Dagegen fordert beispielsweise die Börse Düsseldorf sogar einen Hauptversammlungsbeschluss und ein entsprechendes Kaufangebot an die freien Aktionäre.

600.000 Aktionäre weniger in Deutschland

Damit alleine lässt sich aber wohl nicht erklären, warum die Zahl der Aktionäre in Deutschland im Jahr 2014 um netto 600.000 gesunken ist. Eingerechnet sind dabei sowohl (Ex-)Aktienfonds-Anleger als auch Anleger, die in einzelne Aktien investieren. Der Anteil der Aktionäre in der Bevölkerung ist damit weiter von 14,7 auf 13,8 Prozent zurückgegangen.

Wie starke Aktienmuffel die Deutschen sind zeigt auch diese Statistik aus 2011, die nur direkte Aktionäre misst.

Demnach gibt es beispielsweise in den USA fast fünfmal soviel Aktionäre wie in Deutschland. Auch die Schweiz kommt mit 20,4 Prozent auf einen fast viermal so hohen Wert. Dafür gibt es auch gute Gründe: So sind beispielsweise in der Schweiz Spekulationsgewinne steuerfrei, sofern der Anleger nicht professionell und nur im Rahmen der persönlichen Altersvorsorge in Aktien investiert.

Eine ähnliche Regelung würde mit Sicherheit auch in Deutschland mehr Anleger Aktien kaufen lassen. Stattdessen soll der Besitz immer noch unattraktiver gemacht werden, beispielsweise mit der geplanten Einführung einer Börsentransaktionssteuer. Das ist mit Sicherheit der falsche Weg.

Hinzu kommt: Viele Bundesbürger haben völlig falsche Vorstellungen über die Aktie als Kapitalanlage. Hier wurde auch durch die Technologie-Spekulationsblase Ende der 90er-Jahre viel kaputt gemacht. Damals kamen sehr viele Aktien minderwertiger Qualität an den Markt, die dann häufig in den Depots von Privatanlegern gelandet sind. Einschlägige Börsenmagazine haben die damalige Spekulationsblase zusätzlich angeheizt.

Das Ergebnis: Viele Bürger haben nicht nur einen viel zu großen Teil ihrer Ersparnisse in Aktien angelegt, sondern noch dazu in den spekulativsten und gleich minderwertigsten Papiere (also in Aktien der Firmen, die vor allem durch fantasievolle Versprechungen aufgefallen sind und die Gelder aus dem Börsengang mit vollen Händen zum Fenster rausgeworfen haben bzw. für viel zu teure Übernahmen ausgegeben haben).

So haben viele Privatanleger enorme Verluste eingefahren und teilweise 80, 90 oder noch mehr Prozent ihres Einsatzes verloren - und das teilweise innerhalb eines Jahres oder gar nur in ein paar Monaten.

Einige dieser Anleger wollten darauf hin verständlicherweise nichts mehr mit Aktien zu tun haben. Zu allem Überfluss kam dann 2008/2009 auch noch die Finanzkrise hinzu, die dem Markt den nächsten Tiefschlag versetzt hat.

Die Investoren, die gelernt hatten, dass man als Einsteiger besser damit beraten ist, auf Standardwerte (Blue Chips) zu setzen, mussten in diesen Jahren leidvoll erfahren, dass auch vermeintlich solide Werte extrem abstürzen können, wenn der Gesamtmarkt in die Knie geht.

Wer damals in 2009 Panik bekommen und verkauft hat (und das dürften nicht wenige gewesen sein, wenn man sich die riesigen Handelsumsätze ansieht, die in den Ausverkaufsphasen im Herbst 2008 und Frühjahr 2009 zustande gekommen sind), hat ein zweites Mal enorm viel Geld kaputt gemacht.

Auf den Punkt gebracht: Die enormen Kursschwankungen in den letzten 20 Jahren fühlten sich für Börsianer wie eine Art dauerhafte Achterbahnfahrt an.

Die Ausschläge waren in dieser Ausprägung extrem wie nie zuvor in der Geschichte: DAX von 1995 bis 1998 rauf von 2.000 auf 6.000, dann bis Ende 1998 runter auf unter 4.000, dann bis Anfang 2000 wieder rauf auf über 8.000, dann bis Anfang 2003 runter auf 2.300(!) Punkte, dann bis Ende 2007 wieder hoch auf 8.000, bis Frühjahr 2009 wieder runter auf 3.800, bis Mitte 2011 wieder hoch auf 7.500, bis Herbst 2011 wieder runter auf unter 5.000 und seither wieder hoch bis auf aktuell 11.000 Punkte.

Wer das beispielsweise mit einem Indexzertifikat oder einem ETF auf den DAX alles ausgesessen hat brauchte fürwahr Nerven aus Stahl - und die haben die wenigsten, speziell wenn es um die sauer ersparten eigenen "Kröten" geht.

Verständlich, aber verheerend fürs Vermögen

So verständlich das Verhalten der Deutschen also ist, so verheerend ist es für die Vermögensentwicklung.

Christine Bortenschläger, Chefin des Deutschen Aktieninstituts und zuvor Vorstand der Bayerischen Börse AG, erklärt warum: "Ohne Aktien verzichten Anleger auf eine langfristig stabile Rendite über der Inflationsrate und damit auf die Chance, höhere Sparerfolge zu erzielen." In absoluten Zahlen gerechnet ist der Unterschied dramatisch:

So wäre das Geldvermögen der Deutschen laut DAI heute um grob geschätzte 106 Milliarden Euro höher, wenn sie seit 2001 nur jeden vierten auf ein Bankkonto eingezahlten Euro stattdessen in Aktien investiert hätten. Dies entspricht einem Betrag von über 2.600 Euro je Haushalt.

Besorgniserregend ist aber auch, dass so viele junge Anleger sich von der Aktie abwenden. Waren 2001 noch 17,5 Prozent der 20- bis 29-Jährigen in Aktien- oder Aktienfonds investiert, sind es heute nur noch 8,7 Prozent. Die junge Generation hat die beschriebene Berg- und Talfahrt ja überwiegend gar nicht mitgemacht. Insofern muss es hier andere Gründe geben.

Nochmals Zitat Bortenlänger: "Angefangen von den steuerlichen Rahmenbedingungen, über immer höhere Hürden der Aktienberatung bis hin zu Defiziten in der ökonomischen Allgemeinbildung: Alles muss auf den Prüfstand, um die Menschen wieder stärker für die Aktie zu begeistern."

Wie Sie jetzt richtig vorgehen...

Aus meiner Sicht besteht ein Teil der Problematik darin, dass viele Menschen, die über kleinere oder größere Ersparnisse verfügen, einen Alles-oder-Nichts-Ansatz haben. Häufig führt das dazu, dass dann alle Ersparnisse in die eigene Immobilie gesteckt werden.

Man verschuldet sich bis zum Anschlag, um sich eine möglichst große oder luxuriöse Immobilie leisten zu können, so dass kein Cent mehr für andere Anlageformen übrig bleibt. Oder man ist so auf Sicherheit bedacht, z.B. viele ältere Menschen, dass einfach die gesamten Ersparnisse auf dem Sparbuch oder dem Tagesgeldkonto verbleiben.

Was spricht denn dagegen, einfach einen bestimmten Prozentsatz des Vermögens, langfristig in Aktien zu investieren, und wenn es nur zehn oder 20 Prozent sind? Heutzutage ist es ein Leichtes mit einem so genannten Exchange Traded Funds (ETF), also einem börsengehandelten Fonds, den gesamten deutschen Markt (DAX-ETF) oder sogar den weltweiten Markt (z.B. ETF auf den MSCI World) abzudecken.

Über einen konkreten Einstieg sollten Sie bevorzugt dann nachdenken, wenn in der Öffentlichkeit Angst herrscht und andere Anleger Aktien verkaufen. Das ist momentan sicher nicht der Fall, denn am Freitag hat der DAX erstmals in seiner Geschichte die 11.000er-Marke geknackt (übrigens, falls Sie sich wundern, dass der DAX scheinbar den Abstand zum US-Pendant, dem Dow Jones, immer weiter verkleinert: das liegt daran, dass der DAX ein Performance-Index ist, in den die Dividenden mit eingerechnet werden, während in die Berechnung des Dow Jones nur die Kursentwicklungen der enthaltenen Aktien mit einfließen).

Wenn Sie trotzdem jetzt neu in den Markt investieren möchte, rate ich Ihnen dazu, eine Trend-Strategie anzuwenden, wie wir sie in meinem Premium-Börsenbrief Trend-Trader verwenden. So können Sie den aktuellen Aufwärtstrend am Markt mitmachen, sich dann aber rechtzeitig wieder aus dem Markt verabschieden (und die aufgelaufenen Gewinne absichern), wenn der Trend zu kippen droht.

Eine andere Möglichkeit stelle ich Ihnen im zweiten Teil des heutigen Updates vor, die aber nur für versierte Anleger geeignet ist: Eine Long-Short-Strategie, mit der Sie unabhängig vom Gesamtmarkt Rendite erzielen können.

MEIN FAZIT:

Ich habe mich schon öfters gefragt, warum die Handelsvolumina speziell bei deutschen Nebenwerten immer weiter zurückgehen. Eine der Antworten offenbarte eine neue Studie des Deutschen Aktien Instituts (DAI): Die Zahl der Aktionäre in Deutschland geht immer weiter zurück.

Das wiederum liegt auch an den immer schlechter werdenden rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen für Aktienbesitzer: Abgeltungssteuer, drohende Finanztransaktionssteuer, "kalte" Delistings von Firmen führen zu Quasi-Enteignungen und zu schlechter Letzt scheint auch das ökonomische Wissen vieler Bürger unterentwickelt.

Das ist nicht nur schade, sondern führt auch dazu, dass die Bundesbürger in den letzten Jahren viele Milliarden Euros an potenziellem Vermögenszuwachs verschenkt haben. Es wird höchste Zeit, dass sich das ändert!

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.