Leitzins für die Eurozone bleibt unverändert: EZB behält geldpolitische Ausrichtung bei - Lagarde: Diskussionen über Zinssenkungen wären verfrüht
Mit Spannung hatten Anleger an den Aktienmärkten den Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank EZB erwartet.
• EZB lässt Leitzins unverändert
• Zinsniveau bleibt bei 4,5 Prozent
• Inflation und Konjunktur im Blick
Bei ihrem ersten Zinsentscheid im Jahr 2024 haben die europäischen Währungshüter die Leitzinsen für die Eurozone stabil gehalten. Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins wie erwartet bei 4,5 Prozent belassen, damit blieb er das dritte Mal in Folge unverändert. Die EZB belässt daneben den Einlagensatz - ebenfalls wie erwartet - bei 4,0 Prozent. Auch der Spitzenrefinanzierungssatz bleibt bei 4,75 Prozent und damit unverändert.
Erneute Zinspause
Im Juli 2022 hatte die EZB die Jahre der Null- und Negativzinsen beendet, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Zehn Mal in Folge schraubte die Notenbank die Zinsen nach oben. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann. Teurere Kredite sind allerdings zugleich eine Last für die Wirtschaft, weil sich kreditfinanzierte Investitionen verteuern.
Warten auf Zinssenkungssignale
Diese Entscheidung kommt für die Märkte nicht überraschend, Volkswirte und Marktbeobachter waren im Vorfeld bereits davon ausgegangen, dass es auf Zinsseite von Seiten der EZB keine Überraschung geben wird. Dazu beigetragen hatten in den vergangenen Wochen auch Aussagen vieler EZB-Vertreter, die immer wieder zur Vorsicht mit Blick auf mögliche Zinssenkungen angemahnt hatten. So hatte etwa zuletzt EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel betont: "Wir müssen zunächst auf dem aktuellen Zinsplateau bleiben, damit die Geldpolitik ihre inflationsdämpfende Wirkung voll entfaltet".
Inflation und Wirtschaftsentwicklung bleiben entscheidend
Dass die Inflation zuletzt tendenziell rückläufig war, verschafft den Währungshütern Spielraum, die Geldpolitik wieder zu lockern. Von Zinssenkungen könnte die schwächelnde Konjunktur im Euroraum und in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland profitieren.
Oberstes Ziel der EZB ist es, für einen stabilen Euro zu sorgen. Dies sehen die Währungshüter erreicht, wenn die Preise nicht zu stark steigen: Mittelfristig strebt die Notenbank Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. Höhere Inflationsraten mindern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil diese sich für einen Euro dann weniger leisten können.
Im Dezember hat sich der Preisauftrieb im Euroraum wieder beschleunigt: Die Verbraucherpreise lagen nach vorläufigen Eurostat-Berechnungen um 2,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im November 2023 hatte die Inflationsrate im Währungsraum mit 2,4 Prozent den tiefsten Stand seit Sommer 2021 markiert.
Neben der Inflation muss die EZB auch die Konjunktur im Blick behalten: Strafft sie die Geldpolitik zu stark, geht das zu Lasten der Wirtschaftsentwicklung. Das hatte Anleger zum Jahresende dazu veranlasst, auf baldige Zinssenkungen zu wetten, was zu einer Börsenrally geführt hatte, die allerdings im Januar ins Stocken geriet, weil sich die Erwartungen als etwas übertrieben erwiesen hatten.
Zinsschritt im Sommer erwartet
Die Kernteuerung, die schwankungsanfällige Preise für Energie und Nahrungsmittel ausklammert, ging im Dezember unterdessen zurück: Sie sank von 3,6 Prozent auf 3,4 Prozent. Die Kernteuerung bildet nach Meinung vieler Ökonomen die grundlegende Teuerung ab, sie stelle den Inflationstrend besser dar als die Gesamtrate.
Beim Weltwirtschaftsforum in Davos Mitte Januar hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde gesagt, eine Zinssenkung in diesem Sommer sei durchaus wahrscheinlich. Zugleich dämpfte die Französin die Erwartungen mit Verweis auf die Konjunkturabhängigkeit der Geldpolitik.
Nach dem Zinsentscheid erklärten die Währungshüter, sie würden auch künftig weiter einem datenabhängigen Pfad folgen. Das Zwei-Prozent-Ziel für die Inflation wurde bekräftigt.
Lagarde: Diskussionen über Zinssenkungen wären verfrüht
Der Rat der Europäischen Zentralbank hält Diskussionen über Zinssenkungen nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde noch nicht für angemessen. "Der Konsens am Tisch war, dass es verfrüht wäre, über Zinssenkungen zu diskutieren", sagte Lagarde in der Pressekonferenz nach der jüngsten EZB-Ratssitzung. Zuvor hatte der Rat beschlossen, seine Leitzinsen und die Anleihekaufprogramme sowie die sie betreffende Guidance unverändert zu lassen. Zudem hatte er die Einschätzung geäußert, dass der Abwärtstrend der unterliegenden Inflation intakt sei.
Lagarde zufolge beobachtet die EZB den Anstieg der Kosten von Schiffstransporten, der durch den Konflikt im Nahen ausgelöst wurde, aufmerksam. Im Rahmen des geldpolitischen Statements hatte Lagarde zuvor die Einschätzung des Rats übermittelt, dass die Euroraum-Wirtschaft im vierten Quartal stagniert haben dürfte und die Wachstumsrisiken überwiegend abwärts gerichtet seien.
Die Bestände der unter dem PEPP-Programm erworbenen Anleihen sollen ab Juli um monatlich 7,5 Milliarden Euro sinken. Ab 2024 ist keine Wiederanlage von Tilgungsbeträgen fällig gewordener Anleihe mehr geplant, so dass sich die Bilanz von da an beschleunigt verkleinert.
Lagarde lässt Zeitpunkt der Zinswende offen - EZB nicht auf Kalender fixiert
Eine Zinswende ist für die Europäische Zentralbank (EZB) zurzeit kein Thema.
Im EZB-Rat sei man sich einig gewesen, dass es "zu früh sein", über Zinssenkungen zu sprechen, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss in Frankfurt. Konsens herrsche unter den Währungshütern auch darüber, dass der geldpolitische Kurs weiter an Daten und nicht am Kalender auszurichten sei, sagte sie auf die Frage, ob Zinssenkungen im März oder April vom Tisch seien. "Wir haben unsere Abhängigkeit von den Daten bestätigt", fügte sie hinzu.
An der Börse waren zum Jahreswechsel die Spekulationen auf rasche Zinssenkungen in diesem Jahr ins Kraut geschossen. Mehrere Währungshüter, darunter Lagarde und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel haben sich gegen aus ihrer Sicht zu aggressive Zinssenkungserwartungen gestemmt. Laut Lagarde ist die EZB auf einem guten Weg, die Inflation im Euro-Raum auf zwei Prozent zurückzubringen. "Wir werden wahrscheinlich viel mehr im April, Mai wissen," sagte sie jüngst am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. Diese Daten würden der EZB eine gute Vorstellung davon geben, wie sich die Inflation entwickeln werde. "Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe", betonte Lagarde auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss.
Redaktion finanzen.net mit Material von dpa, Dow Jones und reuters
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