KONJUNKTUR IM BLICK/EZB senkt Zinsen um 25 Bp - Unsicherheit bleibt
Von Hans Bentzien
DOW JONES--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte bei der Sitzung am 17. April eine Senkung des Bankeinlagensatzes um 25 Basispunkte auf 2,25 Prozent beschließen. Das ist nach dem Zoll-Schock so gut wie sicher. Weniger sicher ist, wie es weitergeht. Volkswirte betrachten die US-Zölle aus verschiedenen Gründen als disinflationär für den Euroraum. Das spräche für sich genommen für weitere Zinssenkungen, nachdem die EZB die Märkte im März auf eine mögliche Zinspause im April eingestimmt hatte. Die EZB macht ihre Zinsentscheidung am Donnerstag (14.15 Uhr) bekannt, die Pressekonferenz mit Präsidentin Christine Lagarde beginnt gegen 14.45 Uhr.
In der Woche kommen außerdem der Quartalsbericht der EZB zur Kreditvergabe im ersten Quartal, die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland sowie die Auftaktrede von IWF-Chefin Kristalina Georgieva zur Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank.
Donald Trumps Zölle waren sowohl von ihrer Höhe als auch von einigen Nebenwirkungen her überraschend: Eine Annahme von Ökonomen war gewesen, dass Einfuhrzölle von 25 Prozent den Dollar stärken und die Währungen der exportierenden Länder schwächen würden. Auf dieser Voraussetzung beruhte Lagardes Aussage vom 20. März, dass die in Aussicht gestellten Zölle kurzfristig zu einem Inflationsanstieg von 0,5 Prozentpunkten führen würden. Diese Aussage passte zu der nach der EZB-Ratssitzung im März ausgegebenen Marschroute, dass die Zinsen im April auch unverändert gelassen werden könnten.
Inzwischen ist klar, dass die Zölle den Dollar massiv schwächen, während der Euro aufwertet. EZB-Ratsmitglieder wie Francois Villeroy de Galhau haben auf die inflationsdämpfende Wirkung dieser Aufwertung hingewiesen. Die Frage ist, wie der EZB-Rat die Perspektiven sieht und wie offen er das kommunizieren wird. Sicherlich wird er angesichts der Unsicherheiten an der Maxime festhalten, von Sitzung zu Sitzung auf Basis aktueller Daten zu entscheiden.
EZB informiert über Entwicklung der Kreditstandards
Bereits am Dienstag (10.00 Uhr) informiert die EZB über die Entwicklung der Kreditstandards im Euroraum im ersten Quartal. Im Schlussquartal hatten die Banken die Standards für Unternehmenskredite unerwartet deutlich (um 7 Saldenpunkte) gestrafft und für das erste Quartal eine noch stärkere Straffung (um 10 Punkte) in Aussicht gestellt. Dem stand eine etwas höhere Kreditnachfrage (plus 3 Punkte) gegenüber, für das erste Quartal wurde eine weitgehend unveränderte Nachfrage prognostiziert. Die Banken hatten in der Umfrage angegeben, dass das Zinsniveau kein Faktor mehr war, der die Kreditnachfrage einschränkte. EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte das zu dem Schluss geführt, dass die Geldpolitik nicht mehr "sicher restriktiv" sei.
ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland stürzen ab
Die vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung unter Investoren erhobenen Konjunkturerwartungen für Deutschland dürften im April abgestürzt sein. Für diese Prognose braucht es keine prophetischen Fähigkeiten: Die stark von Exporten abhängige deutsche Industrie wäre von hohen US-Einfuhrzöllen stark getroffen. Zwar ist der "reziproke" Teil der Zölle inzwischen für 90 Tage bei 10 Prozent gedeckelt worden, aber es gibt ja noch die Auto- sowie Stahl- und Aluminiumzölle, und darüber hinaus eine profunde Unsicherheit darüber, wie es weitergeht. Die von der neuen Regierungskoalition angekündigten Ausgabenprogramme werden erst später wirksam. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten einen Rückgang des ZEW-Index auf 10,0 (März: 51,6) Punkte. Die Daten werden am Dienstag (11.00 Uhr) veröffentlicht.
IWF-Chefin Georgieva hält Auftaktrede für Frühjahrstagung
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, wird am Donnerstag (16.00 Uhr) in einer Auftaktrede signalisieren, in welche Richtung sich die Wachstums- und Inflationsprognose des IWF im Rahmen seines aktuellen Weltwirtschaftsausblicks bewegen werden und was die großen Themen sind. Keines von beidem ist ganz einfach. Erstens werden die IWF-Ökonomen angesichts des Hin und Her bei den Zolldrohungen der USA und der entsprechenden Antworten Chinas und der Europäer wohl mit Szenarien arbeiten müssen.
Und zweitens werden sie sich hüten, das Offenkundige - US-Präsident Donald Trump gefährdet das Weltwirtschaftswachstum - auch offen auszusprechen. Denn der Verfechter des Mar-a-Lago-Akkords hat ohnehin keine Sympathie für diese aus dem Bretton-Woods-Akkord geborene Institution. Vielleicht braucht man die gar nicht mehr? Ähnlich Befürchtungen scheint es mit Blick auf die Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu geben. Die hatte sich in ihrem kürzlich veröffentlichen aktualisierten Wirtschaftsausblick mit Kritik an den USA sehr zurückgehalten.
Weitere wichtige Daten der Wochen sind Außenhandelszahlen für März aus China (Montagmorgen) und Japan (Donnerstag, 1.50 Uhr), sowie die US-Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion für März (Mittwoch, 14.30 und 15.15 Uhr).
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April 11, 2025 09:40 ET (13:40 GMT)