Wenn Geld- und Fiskalpolitik sich die Hand reichen….
Im Januar 2015 kündigte die EZB weitreichende geldpolitische Maßnahmen an, um die niedrige Inflation in der Eurozone zu bekämpfen.
Mit dem Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen im Wert von über 1.100 Milliarden Euro am Sekundärmarkt sollte die Inflationsrate wieder Richtung zwei Prozent gebracht werden. Im Fachjargon "quantitative easing" genannt.
Die Zeitspanne war bis Herbst 2016 angesetzt. Nun ist es Herbst, aber weder Inflation noch solides Wirtschaftswachstum wollen sich einstellen. Stattdessen ist der Markt für Staats- und Unternehmensanleihen leergefegt und Investoren zahlen dem Staat Geld dafür, dass sie ihm Geld leihen. Verrückte neue Börsenwelt und ein großes Problem für Anleger, deren Anlagerichtlinien hohe Rentenquoten vorschreiben, wie zum Beispiel Pensionskassen und Versicherungen.
Obwohl die Maßnahmen der EZB ihre Wirkung augenscheinlich verfehlt haben wurde das QE-Programm zunächst einmal bis März 2017 verlängert. Eine Umkehr zu einer "normalen" Geldpolitik ist vorerst somit nicht zu erwarten. Was für den Sparer ärgerlich ist, nützt den Finanzministern der EU-Staaten. Denn deren Zinslast sinkt auf Grund der niedrigen Zinsen kontinuierlich. Deutschland verdient paradoxerweise aktuell mit seinen Schulden sogar Geld.
Da liegt es doch nahe, die fiskalpolitischen Zügel ebenfalls zu lockern und die Haushalte mit zwar neuen, aber billigen Schulden zu belasten. Frei nach dem Motto: Wenn das Geld der EZB schon nicht im Wirtschaftskreislauf ankommt, müssen die Staaten eben selbst als Investoren auftreten. Bedarf gäbe es ausreichend. Beim Ausbau oder der Erneuerung von Straßen, Brücken und Schienen wurde Jahrzehnte lang nur geflickt. Der Netzausbau hält mit der Energiewende kaum Schritt und auch im Bereich Bildung gibt es ausreichend Potential.
Allerdings zeigen die Erfahrungen anderer Länder, dass Geld- oder Fiskalpolitische Maßnahmen langfristig nicht dazu beitragen das Wirtschaftswachstum oder die Inflation nachhaltig zu steigern. Japan ist hierfür ein mahnendes Bespiel. Das Land versucht seit 25 Jahren mit einer Politik des billigen Geldes diese Ziele zu erreichen. Vergeblich. In den USA wurden nach der Lehmann Pleite die Leitzinsen auf null Prozent gesenkt. Für 2016 hatte die Notenbankchefin Janet Yellen vier Zinsschritte vorgesehen und damit eine Normalisierung der Geldpolitik angekündigt. Geblieben ist es bei einer Mini Zinserhöhung im Dezember 2015. Es scheint, als würde man die Geister die man rief nicht, mehr los.
Die Erhöhung der Staatsausgaben hätte kurzfristig sicherlich positive Auswirkungen. Ein solcher Schritt könnte die aktuell investitionsscheuen Unternehmen zu Nachfolgeinvestitionen bewegen. Der Hebeleffekt wäre mehr Beschäftigung, höhere Löhne und damit auch die gewünschte höhere Inflation. Bei funktionierenden kapitalistischen Grundregeln würde eine steigende Inflation selbstverständlich auch wieder zu steigenden Zinsen und einer normalen Zinskurve führen, was private und institutionelle Anleger freuen würde.
Steigende Zinsen würden jedoch die hoch verschuldeten Staaten in der EU in Bedrängnis bringen. Die Einflussnahme der Notenbanken wird also weitergehen und Anleger sollten nicht erwarten, dass der Zins für zehnjährige Bundesanleihen in naher Zukunft höher als 2,5 % liegen wird. Hieß es früher: "Wer gut schlafen will, kauft Renten, wer gut essen will, Aktien", so sorgen heute für einen ruhigen Schlaf eher Sachwerte in der Vermögensbildung.
Keiner hat eine Vorstellung, wie das Experiment mit negativen Zinsen enden wird, denn so etwas hat es in der Vergangenheit noch nie gegeben. Doch eines ist sicher: Das gute alte Rentenpapier ist zum Risikofaktor und Wertevernichter geworden. Denn wenn die Inflation steigt, die Zinsen aber gezwungenermaßen niedrig bleiben, erleiden Anleger real Verluste.
Daher sollten auf absehbare Zeit Sachwerte den Hauptbestandteil der Vermögensbildung ausmachen. Bei vielen deutschen Privatanlegern ist der Begriff Sachwerte immer noch mit Dingen verbunden, die man auch anfassen kann. In der Hauptsache also Immobilien und Gold, mit entsprechender Expertise auch Kunst und Oldtimer. In einem gesunden Mix sind sie eine gute Beimischung für ein robustes Portfolio.
Die Aktie gehört für viele immer noch nicht zu den Sachwerten. Dabei wird verdrängt, dass jeder Aktionär Miteigentümer an einem Unternehmen und damit auch Anteilseigener von Sachwerten ist. Mit einer gut diversifizierten Vermögensverwaltung aus Substanz- und Dividendenstarken Aktien solider Unternehmen haben Anleger langfristig gute Chancen auf attraktive Ausschüttungen und substantielle Wertzuwächse.
Der Ausgang des Draghi Experimentes ist ungewiss. Mit Sicherheit aber werden Sachwerte auch dann noch einen Wert haben, wenn sich Papiergeldwährungen in Luft aufgelöst haben.
Von Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.
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