Superzyklus ade?

Heiße Rohstoffwetten: Chancen nach dem Absacker

31.07.13 16:00 Uhr

Nach dem für den ­gesamten Sektor katastrophalen ersten Halbjahr bieten einzelne Rohstoffe wieder Chancen. Die Favoriten.

Werte in diesem Artikel
Rohstoffe

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2.801,18 USD 0,00 USD 0,00%

3,78 USD 0,02 USD 0,43%

8.854,00 GBP -337,00 GBP -3,67%

8.928,47 USD -80,21 USD -0,89%

15.031,50 USD -157,50 USD -1,04%

76,77 USD -0,28 USD -0,36%

73,81 USD 0,59 USD 0,81%

4,72 USD -0,08 USD -1,64%

1.010,50 USD 0,00 USD 0,00%

981,75 USD 0,00 USD 0,00%

31,31 USD 0,00 USD 0,00%

von Julia Groß, Euro am Sonntag

Wenigstens wollen sie Schokolade. Während die Abnehmer bei fast allen anderen Rohstoffen zögerlicher einkaufen als in den vergangenen Jahren, orderten die Kakao verarbeitenden Betriebe in den USA, Kanada und Mexiko von dem Schokoladengrundstoff im zweiten Quartal zwölf Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Zuwachs übertraf die durchschnittlichen Schätzungen damit beinahe ums Dreifache. Auch aus Europa und Asien wurde eine höhere Nachfrage gemeldet. Der Kakaopreis stieg deshalb in den vergangenen vier Wochen um rund zwölf Prozent.

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Von so klaren Verhältnissen ist der überwiegende Rest des Rohstoffsektors weit entfernt. Der CRB-Index, der die Entwicklung von 19 verschiedenen Rohstoffen abbildet, verzeich­net seit Beginn des Jahres ein Minus von mehr als sechs Prozent. Die einstigen Lieblinge der Anleger, Gold und Silber, führten in der ersten Jahreshälfte die Liste der Verlierer mit Verlusten zwischen 25 und 35 Prozent an. Von Kaffee bis Kupfer schaffte kaum ein Rohstoff eine posi­tive Performance.

Ende des Superzyklus
Für die erfolgsverwöhnten Rohstoffanleger ist das eine radikale Veränderung. Zwar ist der Sektor schon immer volatil und schwankt mit den Konjunkturzyklen. Doch in den vergangenen zehn Jahren war, vor allem dank der rasanten Entwicklung der Schwellenländer, meist ein übergeordneter Aufwärtstrend zu erkennen. „Dieser Rohstoff-Superzyklus geht zu Ende und die meisten Rohstoffe haben wahrscheinlich den Boden noch nicht erreicht“, sagt Edward Morse, Leiter der weltweiten Rohstoffanalyse bei der Citigroup.

So wichtig ihr Einfluss auf dem Weg nach oben war, so schwer drücken jetzt die Schwellenländer, allen voran China, auf die Stimmung: Die angepeilte chinesische Wachstumsrate von 7,5 Prozent liegt weit unter den zweistelligen Zahlen des ver­gangenen Jahrzehnts. Und ob diese 7,5 Prozent überhaupt erreicht werden, ist zweifelhaft. Gleichzeitig machen die Verlautbarungen der Regierung in Peking deutlich: Künftig soll Chinas Wirtschaft verstärkt durch den Binnenkonsum getrieben werden, weniger durch rohstoffintensiven Infrastrukturausbau.

Auch aus dem Rest der Welt kommen widersprüchliche Signale. Die Wirtschaft der USA ist auf Erholungskurs, doch die Märkte stellen dies bei jedem nicht so positiv ausfallenden Konjunkturindikator erneut infrage. Europa laviert währenddessen unter den Folgen der Eurokrise.

Die Folge: Auf ein einigermaßen einheitliches Verhalten der einzelnen Rohstoffe und Rohstoffklassen ist kein Verlass mehr. „Wir erwarten, dass sich die Rohstoffpreise zunehmend differenzierter entwickeln werden. Die fundamentale Situation bei jedem einzelnen Rohstoff wird eine größere Rolle spielen“, sagt ­Citigroup-Experte Morse.

Das macht es für den Privat­anleger deutlich schwieriger, in Rohstoffe zu investieren. In der aktuellen Situation versprechen vor allem kurzfristige Engagements in einzelne Produkte eine positive Rendite (siehe Investor-Info unten). Doch sind solche Investments natürlich auch wesentlich riskanter als etwa ein Sparplan auf einen breit diversifizierten Rohstofffonds oder Rohstoff­aktienfonds.

Die gute Nachricht: Viele übergeordnete Risiken dürften in den aktuellen Rohstoffkursen bereits eingepreist sein. „Wir wissen um die Wirtschaftsschwäche Chinas und um das Vorhaben der amerikanischen Notenbank, die ultralockere Geldpolitik langsam zurückzufahren. Das sind in meinen Augen die beiden größten ­Risiken für den Rohstoffmarkt. In dieser Hinsicht ist der Markt bereinigt“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank.

Er hält etwa die Situation bei Gold für weit besser als noch vor einigen Wochen. „Die Stimmung war extrem negativ, jetzt hellt sich das Bild auf“, sagt Weinberg. Für fundamental orientierte An­leger ist allerdings das Edelmetall Palladium das attraktivere Investment: Palladium wird zunehmend anstelle von Platin in Katalysatoren für Benzin-Pkw verbaut.

Viel Nachfrage, wenig Angebot
Der boomende Automarkt in den USA und China bietet eine gute Unterstützung für dessen Preis. China führt zudem strengere Emissionsgrenzen ein, sodass tendenziell in Zukunft mehr Palladium pro Fahrzeug eingesetzt werden muss.

Der starken Nachfrage steht ein stagnierendes Angebot gegenüber. „Wir erwarten für 2013 ein signifikantes Angebotsdefizit“, erklärt Edward Morse. Jeden Rückschlag unter 650 US-Dollar pro Unze hält er für eine gute Einstiegsgelegenheit.

Von steigenden Kursen scheinen die Industriemetalle weit entfernt. Nur sehr langsam stellen sich die Hersteller von Kupfer, Aluminium und Co mit Produktionskürzungen darauf ein, dass die Nachfrage schwächer ausfällt als erwartet, was die Preise weiter unter Druck setzt.

Die Wende könnte in den kommenden Wochen und Monaten bei Nickel einsetzen: Über 40 Prozent aller Produzenten verdienen nach Analystenschätzungen auf dem aktuellen Preisniveau kein Geld. Produktionseinschränkungen und mehr Klarheit über ein Exportverbot für nickel­haltige Erze in Indonesien könnten für anziehende Preise sorgen.

Auf dem Ölmarkt haben viele Marktteilnehmer mit einer Annäherung der Preise der beiden Ölsorten Brent und WTI gerechnet. Dies geschah in den vergangenen Wochen schneller als von den meisten erwartet. Nun ist bei der US-Variante WTI erst einmal die Luft raus. Allerdings könnte eine Zunahme der geopolitischen Risiken — etwa in Ägypten, Syrien oder dem Iran — den Brent-Preis steigen lassen. DZ-Bank-Analyst Axel Herlinghaus prognostiziert zum Jahresende 115 Dollar pro Barrel, immerhin ein Aufwärtspotenzial von gut sieben Prozent.

Chancen bieten auch einige Agrarrohstoffe. Zwar ist bei vielen Getreide- und Ölsaaten im Sommer die Volatilität besonders hoch, weil hier Wetterkapriolen häufig auf wichtige Wachstums- und Reifephasen der Pflanzen treffen. Doch in bestimmten Sparten ist aufgrund äußerer, wetterunabhängiger Faktoren ein klarer Trend auszumachen.

Bakterien und Subventionen
Beispiel Orangensaft: Die Angst vor einer Pflanzenkrankheit treibt die Notierungen hoch. Das Citrus Greening, vermutlich hervorgerufen von einem Bakterium, hat große Teile der Plantagen in Florida erfasst und breitet sich weiter aus. Befallene Bäume müssen gefällt werden. Hurrikane könnten die Ernte zusätzlich reduzieren.

Das thailändische Pendant zu Europas Butterberg könnte dagegen die Preise für Reis erheblich unter Druck setzen. Die Regierung hat zur Unterstützung der Bauern große Mengen Reis eingekauft und dabei 15,5 Millionen Tonnen angehäuft, was 40 Prozent der weltweiten Reisimporte entspricht. Jetzt brauchen die Thais Geld und wollen den Reis loswerden. Auf dem Weltmarkt herrscht aber ohnehin bereits ein Überangebot, die UN-Landwirtschaftsorganisation spricht deshalb von „möglicherweise katastrophalen Konsequenzen“. Gute Chancen für Anleger, die mit entsprechenden Zertifikaten auf fallende Kurse setzen wollen.

Eine Spekulation wert ist auch die Wette auf einen weiteren Anstieg der Rinderpreise. Die Mastbetriebe in den USA haben ihren Viehbestand aufgrund der Dürre 2012 massiv heruntergefahren. Die Normalisierung dürfte sich trotz gefallener Futterpreise noch hinziehen.


















Investor-Info

Allianz Commod. Strategy
Beste Ausgangsbedingungen

Die Strategie basiert auf dem Corals-Index, einer breiten Auswahl internationaler Rohstoffterminindizes. Als einer der wenigen Fonds, die auf steigende und fallende Rohstoffpreise setzen können, ist er für die aktuelle Marktsituation eigentlich ideal positioniert. Bisher überzeugte die Performance nicht, aber der im Herbst 2012 neu eingesetzte Manager Daniel Ziegler könnte ein besseres Händchen beweisen.

Edelmetalle
Palladium stark nachgefragt

Dank starker Industrienachfrage und Engpässen beim Angebot sollte der Palladiumpreis weiter steigen. Anleger können mit einem währungsgesicherten ETC der Deutschen Bank davon profitieren (ISIN: DE 000 A1E  K3B 8). Für risikobereite Investoren eignet sich auch die Wette auf den Turnaround bei Silber (etwa ETFS Physical Silver: DE 000 A0N  62F 2), das zuletzt noch stärker fiel als Gold.

Industriemetalle
Eher auf fallende Kurse setzen

Sollte nicht plötzlich ein neuer Bauboom in China einsetzen, fehlt den Preisen für die meisten Industriemetalle weiterhin die Unterstützung. Denn über 40 Prozent der Metallnachfrage entfällt auf die ­Chinesen. Anleger können zum Beispiel mit dem Short Industrial Metals-ETF von ETF Securities (ISIN: DE 000 A0V 9XN 5) auf fallende Notierungen setzen. Mutige wetten auf den Turnaround bei Nickel, etwa mit dem Physical-Nickel-Zertifikat der Deutschen Bank (GB 00B 3M9 P66 0), das den Verlauf des Nickelpreises eins zu eins nachvollzieht.

Agrarrohstoffe
Wetterunabhängige Einflüsse

Die Spekulation auf einzelne Agrarrohstoffe ist höchst riskant. Bei diesen vier Produkten gibt es starke wetterunabhängige Faktoren, die den Trend nachhaltig beeinflussen dürften. Bei Kakao, Orangensaft und Lebendrind setzen Anleger auf steigende Preise, bei Reis auf fallende Notierungen.

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