Nachfrage destabilisiert

DIW: Turbulenzen an den Erdölmärkten dürften weitergehen

24.04.20 11:21 Uhr

DIW: Turbulenzen an den Erdölmärkten dürften weitergehen | finanzen.net

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sagt eine Fortsetzung der Turbulenzen an den Erdölmärkten voraus.

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"Der Preis für Erdöl der US-Sorte WTI stürzte erstmals in seiner Geschichte ins Minus, der Preis für die internationale Referenzsorte Brent rutschte ebenfalls wieder ab", fassten die Ökonomen das jüngste Marktgeschehen zusammen. "Vor allem da Erdöllager, die Marktschwankungen sonst abfedern, nun zunehmend gefüllt sind, dürften sich die Turbulenzen in den kommenden Wochen fortsetzen."

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Marktsimulationen am DIW zeigten, wie sowohl Angebot als auch Nachfrage den Ölpreis destabilisiert hätten. "In der kurzen Frist ist es für Erdölförderer durchaus naheliegend, die Produktion auch unter Verlust fortzusetzen", erklärten die Forscher. Dafür sorgten einerseits teils hohe Stilllegungskosten sowie hohe Anlaufkosten bei einer späteren Wiederaufnahme der Produktion und komplexe Finanzierungsstrukturen vor allem in der Schieferölindustrie, anderseits aber auch das strategische Kalkül, eigene Marktanteile nicht langfristig gefährden zu wollen.

"Bis dato ist allerdings unklar, wann und inwieweit eine Rückkehr zu bisherigen Preisen möglich ist", hoben sie hervor. Dies belegten auch die Marktsimulationen am DIW. Konkrete Abschätzungen des möglichen Nachfrageausfalls aufgrund der Krise seien derzeit kaum möglich. Dafür sorge einerseits das komplexe und intransparente System des physikalischen Ölhandels, anderseits auch der Umstand, dass viele Händler bislang ihre Lagerbestände aufgefüllt hätten.

Die Internationale Energie-Agentur zitiere kurzfristige Nachfrageausfälle in Höhe von 1 bis 10 Millionen Fass täglich. Umgerechnet auf das gesamte Jahr könnte sich so laut DIW ein Volumen von durchschnittlich 2 Millionen Fass täglich ergeben. Der letztendliche Nachfrageeinbruch auf Jahresniveau - und damit auch der mittelfristige Effekt auf den Ölmarkt - hänge allerdings maßgeblich davon ab, wie schnell Erdölnachfrager, insbesondere in Südostasien, Europa und Nordamerika, wieder zur Normalität und zu einer Stabilisierung der Ökonomien zurückkehren könnten.

Corona-Effekt überwiegt

Der aktuelle Einbruch des Erdölpreises lasse sich auf den globalen Rückgang der Erdölnachfrage als Folge der Corona-Krise sowie die Auseinandersetzungen zwischen der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) und Russland über Förderkürzungen zurückführen. "Obwohl nur die gleichzeitige Verschiebung von Nachfrage und Angebot einen so raschen Fall des Preises ermöglichen konnte, legen Simulationsergebnisse nahe, dass der Nachfragerückgang den größeren Effekt hatte", erklärte das DIW. "Umso länger die Corona-Krise anhält, umso bleibender wird der Preiseffekt sein."

Der zukünftige Preispfad sei damit allerdings weitgehend unsicher, da sowohl Angebots- als auch Nachfrageentwicklungen zurzeit höchst dynamisch seien. Jüngst angekündigte Förderkürzungen seitens großer Ölproduzenten hätten prinzipiell das Potenzial, Preise wieder auf das Vorkrisenniveau zu heben, allerdings sei unklar, inwieweit die Ankündigungen tatsächlich umgesetzt würden.

Vor allem sei aber nicht absehbar, wie schnell sich die Nachfrage erholen werde. "Die Effekte der Corona-Krise scheinen anzuhalten und Erdöllager stehen zunehmend nicht mehr zur Verfügung, um den Nachfragerückgang abzufedern", konstatierten die Forscher. "Der Abwärtsdruck auf die Preise könnte sich somit in den kommenden Wochen noch verstärken und weitere spontane Reaktionen ähnlich des Marktzusammenbruchs der US-Sorte WTI hervorrufen."

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)

Bildquellen: iStockphoto

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