Mietrecht: Rechtstipps sind die halbe Miete
Ab 2013 können Vermieter fiesen Mietnomaden schneller kündigen. Auch bei der energetischen Sanierung stärkt man ihre Rechte. Doch auch Mieter profitieren von neuen Regeln. Was sich alles ändert.
von Michael H. Schulz, Euro am Sonntag
Der teuerste Heizwinter aller Zeiten droht“, warnte „Bild“. Das Boulevardblatt macht sich zum Sprachrohr der Mieterlobby. Der Deutsche Mieterbund erwartet wegen Polarkälteprognosen und steigenden Kosten für Öl, Gas und Fernwärme eine Heizkostenerhöhung um bis zu 22 Prozent und empfiehlt: „Bei der Anmietung einer Wohnung verstärkt auf den Energiebedarf achten.“
Der Ratschlag kommt nicht von ungefähr. Zwischen 2009 und 2012 sind die Heizöl- und Gaspreise im Schnitt um 20,2 Prozent gestiegen. Mehr noch: Mietpreistreiber werden ab 2013 vor allem die Materialien zur energetischen Sanierung sein. Laut Baupreiserhebung des Statistischen Bundesamts sind Preise für Dämmmaterial seit dem Jahr 2000 um 35 Prozent gestiegen. Für Wärmepumpen und Brennwertkessel um rund 40 Prozent.
Wird’s unter deutschen Dächern ungemütlich für Mieter? Es kommt drauf an. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern ist der energetische Zustand laut einer Studie des empirica Instituts für den Verband der Privaten Bausparkassen gut. 69 Prozent der Häuser seien bereits gedämmt. 81 Prozent der Heizungsanlagen arbeiten hocheffizient. Anders bei vielen Altbauten aus der Gründerzeit oder Mietskasernen der 50er-Jahre. Rund 60 Prozent des Wohnungsbestands entstand vor dem Zweiten Weltkrieg oder kurz danach. Vielerorts strömt Wärme durch undichte Fensterfugen und Gemäuer oder wird in alten Ölbrennern verheizt.
Die Umrüstung auf energieeffiziente Anlagen geht zulasten der Mieter. Ihnen drohen ab 2013 höhere Kosten und Einschnitte bei ihren Rechten. Dafür sorgt das „Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln“. Noch sind nicht alle parlamentarischen Hürden genommen, doch weder Mieterschutzbund noch der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen zweifeln an der Umsetzung. „Unterm Strich sind die Änderungen positiver für Vermieter. Mieter müssen sich zum Beispiel darauf einstellen, dass früher eine Kündigung droht“, verdeutlicht Thorsten Wenning, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Kanzlei für Bau- und Immobilienrecht GTW in Mönchengladbach.
Damit Vermieter freie Hand bei der energetischen Sanierung haben, schränkt der Gesetzgeber die Rechte der Mieter ein. Wie schon bislang bei Renovierungs- und Erhaltungsmaßnahmen können Vermieter elf Prozent der Aufwendungen laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) Mietern aufbrummen und auf die Bruttojahresmiete umlegen. Entfallen etwa 10 000 Euro Sanierungskosten auf eine Wohnung, kann der Vermieter 1100 Euro, also elf Prozent, auf die Jahresmiete umlegen. Pro Monat sind das satte 91,67 Euro.
Staub schlucken und zahlen
Künftig sollen Mieter die Mieterhöhung nicht mehr mit dem Argument verweigern können, diese Mieterhöhung sei für sie unbezahlbar. Machen sie nach Ankündigung der Maßnahmen nicht von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch, müssen sie für die Dauer von drei Monaten nicht nur Staub schlucken und Lärm ohne Entschädigung ertragen. Sie können anders als bisher bei Instandsetzungen — etwa nach einem Wasserrohrbruch — nicht einmal die Miete mindern. Das gilt laut Gesetz auch dann, wenn die „energetische Modernisierung zugleich der Erhaltung der Mietsache dient“. Nur wenn die energetischen Sanierungsmaßnahmen drei Monate übersteigen oder die Wohnung währenddessen unbewohnbar ist, steht dem Mieter eine Mietminderung zu. Die muss er oft gerichtlich durchsetzen.
Doch das ist ein Gummiparagraf. Unter dem Deckmantel von energetischen Wärmedämmungen können Vermieter simple Erhaltungsmaßnahmen durchführen, um so das gesetzliche Mietminderungsrecht der Mieter auszuhebeln, befürchten Mieterschützer.
Vermieterfreundlich ist auch das neue Räumungsrecht bei Zahlungsverzug des Mieters. Wollen Vermieter sogenannte Mietnomaden loswerden, müssen sie eine Räumungsklage einreichen. Von dem Zeitpunkt, an dem der Mieter nicht mehr zahlt, bis zur Räumung durch den Gerichtsvollzieher könnten mehr als zehn Monate vergehen. Das ist das Fazit der Studie „Sondergutachten Mieterschutz und Investitionsbereitschaft im Wohnungsbau — Mietausfälle durch sogenannte Mietnomaden“ der Universität Bielefeld. Das kostet Vermieter Nerven und Geld.
Dabei wechselt der Gerichtsvollzieher nur das Schloss aus und lässt die Wohnung gegen einen saftigen Vorschuss von rund 2500 Euro für den Transport und die Einlagerung der Möbel räumen. Der Kostentreiberei haben zunächst Gerichte in Berlin und letztlich der Bundesgerichtshof (BGH) einen Riegel vorgeschoben. So darf der Vermieter das Schloss auswechseln lassen und die Möbel einlagern. „Der Vorschuss für die Räumung reduziert sich bei diesem Berliner Modell auf ein Zehntel“, weiß Rechtsanwalt Thorsten Wenning.
Schließlich schafft der Gesetzgeber auch noch einen neuen Kündigungsgrund. Wer die Kaution in Höhe von zwei Monatsmieten nicht zahlt, dem können Vermieter fristlos kündigen — ohne vorherige Abmahnung. Was viele nicht wissen: Der Gesetzgeber verlangt von Mietern die Zahlung einer Kaution in drei gleichen Monatsraten. Die erste Rate ist zu Beginn der Miete fällig. So steht es in Paragraf 551 Absatz 2 BGB. Ist die Ratenzahlung laut Vertrag ausgeschlossen, ist der Mietvertrag laut Landgericht München unwirksam (Az. 15 S 13179/00).
„Wer seine Mietkaution nicht zahlen kann oder will, weil er beispielsweise das Geld für andere Investitionen benötigt, die es im Rahmen eines Umzugs ja häufiger gibt, für den ist eine Mietkautionsversicherung wie Moneyfix eine gute Alternative“, rät Ulrich Grabowski, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kautionskasse. Davon profitieren beide. Der Vermieter erhält mit der Bürgschaftsurkunde eine mit einer Barzahlung gleichzusetzende Sicherheit und der Mieter kann über sein Geld frei verfügen, ohne Angst vorm Rauswurf zu haben.
Lücke im Mieterschutz gestopft
Ganz stiefmütterlich behandelt das neue Recht Mieter aber nicht. Mit der Mietrechtsänderung wird auch ein beliebtes Schlupfloch geschlossen: Beim sogenannten Münchner Modell, wenn Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden, bleibt der Kündigungsschutz oft auf der Strecke. Zum Hintergrund: Eigentlich sollen Mieter vor Eigenbedarfskündigungen des Vermieters für drei Jahre geschützt werden, wenn Mietwohnungen in Wohneigentum umgewandelt und gekauft werden.
Diesen Kündigungsschutz hebeln manche Bauträger bislang geschickt aus. Das Münchner Modell ist dadurch geprägt, dass eine Personengesellschaft wie etwa eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Mietshaus von vornherein mit dem Ziel erwirbt, ihren Gesellschaftern die Nutzung der Wohnung zu ermöglichen und die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Davor kündigt die Gesellschaft Mietern wegen Eigenbedarfs. Auf diese Weise wird der verankerte Mieterschutz bislang umgangen.
Was Sie noch wissen müssen
Betriebskosten und Mieterkündigung
Nach Angaben der Mieterlobby ist jede zweite Betriebskostenabrechnung falsch. Laut Bundesgerichtshof (BGH) dürfen Vermieter höhere Vorauszahlungen auf die Betriebskosten nur bei korrekter Abrechnung verlangen (Az. VIII ZR 245/11, VIII ZR 246/11). Vermieter dürfen fiktive Kosten für Gärtner- und Hausmeisterservice laut BGH in der Abrechnung ansetzen (Az. VIII ZR 41/12). Ebenfalls entschied der BGH, dass bereits bei einem Rückstand von einer Monatsmiete die Kündigung des Mieters möglich ist (Az. III ZR 107/12).
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